Wie man seine durchgeknallte Familie überlebt - Rick ; Bd.1
erst!, dachte ich und fühlte mich mindestens so traurig, wie Nelly mich anguckte.
Eine Viertelstunde später hatten wir uns im Halbkreis um unseren Trainer Johann aufgestellt. Neben mir stand Marko, einer der Betreuer des Teams, und lächelte mich an.
»Rick, du hast ja heute richtig großes Publikum dabei«, staunte er und deutete mit dem Kopf auf die gegenüberliegende Tribüne.
Ich drehte mich um und entdeckte Wutz und Pa.
Na und?
Ich zuckte ahnungslos mit den Schultern.
So ungewöhnlich war das nun auch wieder nicht. Wutz kam häufig mit zum Training. Pa nicht so oft, aber zu zweit waren sie auch schon ein paarmal hier gewesen. Es war sogar schon vorgekommen, dass Wutz, Pa und Mary zu dritt auf der Tribüne hockten. Was meinte Marko also mit
großes Publikum
?
Doch dann guckte ich noch einmal genauer hin und entdeckte Frau Nilsson, meine Kunstlehrerin, und ihren SohnFinn, den Oberstreber der Tucholsky-Gesamtschule. Die beiden saßen direkt neben Pa auf der Bank.
Frau Nilsson ist echt okay. Nicht so eine blöde Zicke wie die Püttelmeyer. Ihre Eltern kommen aus Schweden. Das hat sie uns mal im Kunstunterricht erzählt. Und genauso stelle ich mir eine Schwedin auch vor. Hellblonde Haare, blaue Augen und ein paar winzige Sommersprossen auf der Nase. Es gibt nur eine Sache, die ich an Frau Nilsson absolut nicht ausstehen kann: ihren Sohn Finn.
Finn ist komplett dämlich. Ein oberkluger Alleswisser mit Seitenscheitel. Ich finde wirklich niemanden so ätzend wie Finn. Noch nicht einmal Frau Püttelmeyer. Und das wussten Pa und Wutz auch ganz genau. Es konnte also nur ein verrückter Zufall sein, dass Frau Nilsson und der bescheuerte Finn neben Pa auf der Tribüne hockten.
»Die gehören nicht zu uns«, beeilte ich mich, Marko zu versichern.
Der runzelte die Stirn. »Sie sind aber zusammen reingekommen.«
»Zufall!«, behauptete ich.
Im Moment konnte ich mir sowieso nicht den Kopf darüber zerbrechen. Im Moment ging es um Chrissy.
»Weißt du, wo Chrissy steckt?«, fragte ich Marko.
Er zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Bei mir hat er sich nicht abgemeldet.«
Johann schickte uns zum Aufwärmen ein paar Runden übers Eis. Danach kündigte er an, dass heute Susanna mit uns an unserem Laufstil arbeiten würde.
Wir stöhnten und Johann hob drohend die Hand. »Strengt euch ein bisschen mehr an. Dann muss Susanna auch nicht so oft ihre kostbare Zeit mit euch verschwenden.«
Das konnte doch einfach nicht wahr sein! Ich hatte so darum gekämpft, zum Training zu gehen, um mit Chrissy reden zu können. Und jetzt war Chrissy nicht da, und als wäre das nicht schon schlimm genug, bekamen wir heute auch noch Eiskunstlauftraining. Gibt es etwas Peinlicheres, als wie eine Ballerina übers Eis zu schlittern? Ich glaube, nicht!
Ich schaute noch einmal zu Pa und Wutz und sah, wie Pa sich lachend mit Frau Nilsson unterhielt. Finn hockte daneben und glotzte doof, während Wutz mir mit beiden Händen zuwinkte. Und irgendwie hatte ich plötzlich das Gefühl, dass ich mir nicht nur wegen Chrissy Sorgen machen musste.
Zwei Stunden später saßen wir wieder in Wutz’ Auto.
Ich starrte auf Pas Hinterkopf und kochte vor Wut. Am liebsten hätte ich ihm eine gescheuert.
Von wegen Zufall. Pustekuchen!
Mein Vater hatte sich mit Frau Nilsson und ihrem Blödiansohn im Stadion verabredet. Ursprünglich hatten die beiden geplant, dass wir uns im Zoo über den Weg laufen sollten.
Natürlich
rein zufällig
.
Für wie bekloppt hielten die mich eigentlich?
Und warum das ganze Theater?
Weil mein Vater und meine Kunstlehrerin ein Liebespaar waren! Seit drei Monaten. Wutz hatte Bescheid gewusst. Nur offensichtlich hatte es keiner für notwendig gehalten,
mir
etwas davon zu erzählen.
Lügner! Betrüger! Verräter!
»Rick, können wir darüber reden? Oder brauchst du noch ein bisschen Zeit?«, fragte Pa pädagogisch wertvoll, während er sich langsam zu mir umdrehte.
Er lächelte mich an und ich befahl mir, cool zu bleiben.
»Warum musst du dich ausgerechnet in meine Lehrerin verknallen?«, sagte ich dann auch tatsächlich so cool, dass ich selber staunte.
Pa holte tief Luft und laberte feige um den heißen Brei herum. »Wie soll ich dir das erklären? Es ist einfach so passiert.«
Ich lachte höhnisch. »Klar doch. Du bist
einfach so
die Straße langgegangen und hast
zufällig
Frau Nilsson getroffen und dann habt ihr euch
mal eben
verliebt.«
Pa sah mich an, als würden mir plötzlich zwei grüne Shrek-Ohren
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