Wie man sich beliebt macht
hatte zwar keine Lust auf Kaffee, aber ich wusste genau, was Jason meinte. Immer wieder dieselbe Straße auf- und abzufahren, ist auf Dauer echt eintönig.
Unser Stammcafé, das »Coffee Pot«, hat den Vorteil, dass es direkt an der Main Street liegt. Und wenn man sich an einen der Tische auf dem Balkon setzt, hat man trotzdem alles im Blick, was auf der Straße passiert. Sogar die Mauer gegenüber, hinter der sich die Gothics und die Kiffer immer treffen.
Kaum hatten wir es uns an unserem Balkontisch gemütlich gemacht, stieß Jason mich mit dem Ellbogen an und zeigte über die Brüstung.
»Ken-und-Barbie-Alarm von rechts«, sagte er.
Als ich nach unten sah, entdeckte ich Lauren Moffat und ihren Freund Mark Finley, die gerade auf den Bankautomaten direkt unter uns zusteuerten. Ich staune immer wieder darüber, wie jemand so Nettes wie Mark mit jemandem so Fiesen wie Lauren zusammen sein kann. Mark wird von fast allen Leuten gemocht. (Außer von Jason, der irgendeine irrationale Abneigung gegen fast
alle Leute hegt. Die einzigen Ausnahmen sind sein bester Freund Stuckey - der womöglich langweiligste Mensch der Welt - und Becca und ich, jedenfalls, wenn wir nicht gerade Streit haben.) Mark wird schon seit … eigentlich schon seit ich denken kann, jedes Jahr immer wieder zum Klassensprecher gewählt, weil er so unglaublich nett ist, wohingegen Lauren …
Na ja, sagen wir mal so: Eigentlich kann Mark sie nur wegen ihres Aussehens mögen. Zwei so schöne Menschen - Mark ist natürlich nicht nur nett, sondern sieht auch aus wie Brad Pitt - müssen wahrscheinlich einfach ein Paar werden, auch wenn einer von ihnen den Lenden des Satans entsprungen ist.
Und dass Mark und Lauren ein Paar sind, war unübersehbar. Marks Arm lag um Laurens Schulter und sie hatte ihre Finger mit seinen verschlungen. Die beiden züngelten selbstvergessen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass über ihnen vielleicht Leute sitzen könnten, die kein Interesse daran hatten, Zeugen ihres öffentlichen Austauschs von Körperflüssigkeiten zu werden. Wobei ich natürlich die Einzige bin, für die der Anblick des mit Lauren knutschenden Marks so quälend ist, als würde mir jemand einen glühenden Schürhaken durchs Herz stoßen. Becca und Jason sehen bloß deshalb nicht gern zu, wenn andere Leute sich gegenseitig die Zunge in den Mund stecken, weil sie es eklig finden.
»Bäh!«, sagte Becca und drehte sich weg.
»O Gott, ich bin erblindet!«, stöhnte Jason. »Der Anblick hat meine Netzhaut verätzt.«
Ich reckte den Kopf, um übers Geländer zu schauen,
aber die beiden standen schon vor dem Geldautomaten und ich sah bloß noch Laurens Haare von oben.
»Wieso tun die das?«, stöhnte Jason. »Öffentlich so rummachen, meine ich? Müssen sie unbedingt allen unter die Nase reiben, dass sie zusammen sind?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass die das absichtlich machen«, sagte Becca. »Ich finde es zwar voll widerlich, aber ich glaube, die machen das, weil sie sich einfach so unwiderstehlich finden.«
»Siehst du, und genau das glaube ich nicht«, widersprach Jason. »Die machen das nur, damit wir anderen uns mies fühlen, weil wir unsere große Liebe noch nicht gefunden haben. Dabei weiß doch jeder, dass die Highschool der letzte Ort ist, an dem man seiner großen Liebe begegnen will.«
»Was ist denn so verkehrt daran, seine große Liebe an der Highschool zu finden?«, wandte Becca ein. »Vielleicht ist das ja die einzige Chance, die du je bekommst, und wenn du sie vermasselst, bloß weil du deiner große Liebe nicht an der Highschool begegnen willst, begegnest du ihr vielleicht nie mehr und bist dazu verdammt, den Rest deines Lebens einsam und allein durch die Welt zu wandern.«
»Ich glaube aber nicht daran, dass es nur eine einzige große Liebe gibt«, sagte Jason. »Man trifft im Leben bestimmt mehrere Menschen, die zur großen Liebe werden können. Okay, es kann natürlich schon sein, dass man ihr an der Schule begegnet. Aber das heißt nicht, dass man später nie mehr eine Chance bekommt. Dann begegnet man seiner großen Liebe eben zu einem Zeitpunkt, der besser passt.«
»Und wieso passt es an der Highschool nicht?«, hakte Becca nach.
»Hm.« Jason rieb sich das Kinn, als müsste er angestrengt nachdenken. »Zum Beispiel wohnen wir alle noch zu Hause. Wo soll man denn mit seiner großen Liebe hin, wenn man ungestört küssen will?«
Becca überlegte. »Ins Auto?«
»Hallo? Wo bleibt denn da die Romantik? Vergiss
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