Wie Viel Bank Braucht der Mensch?
bei der Grunderwerbsteuer denkbar: Wer nach einem Kauf schnell saniert, bekommt die Steuer teils oder ganz erlassen. Wetten, dass das Wunder wirken würde?
All diese Investitionen haben gute Chancen, sich auf Dauer gesamtwirtschaftlich selbst zu finanzieren – weil es Kosten spart, die zur Klimareparatur später sonst anfallen würden, und die Wirtschaft künftig auch weniger Energie verbrauchen muss. Trotzdem muss das vorfinanziert werden. Und die Summen haben es in sich. Nach Kalkül der EU-Kommission müssten zur beschleunigten Klimarettung alles in allem bis 2050 jährlich 250 Milliarden Euro in das europäische Energiesystem und in höhere Energieeffizienz investiert werden. Macht 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – so viel, wie Europas Regierungen für Konjunkturpakete gegen die Rezession von 2008/09 mobilisierten, kommentiert eine deutsch-französische Forschergruppe.
Nach Schätzungen von Carlo Jaeger wäre es in Deutschland nötig, die schwächelnden Gesamtinvestitionen in zehn Jahren vonderzeit netto 150 auf 200 Milliarden Euro zu erhöhen (abzüglich des Ersatzbedarfs) – das würde lohnen: »Dann hätten wir eine extrem energieeffiziente Produktion und den CO 2 -Ausstoß halbiert.«
Kein Geld da? Ein Schelm, wer dabei (nicht) an die Banken denkt. Viele Mittel würden sich beim beschriebenen Bankenausstieg auch im Sinne des guten Klimas in der Wirtschaft automatisch neu orientieren. »Sobald es einen Finanzsektor gibt, der wieder der Realwirtschaft dient, wird die Wirtschaft auch umweltfreundlicher werden«, sagt Michael Kumhof, Ökonom und Bankenkritiker beim IWF in Washington. Wenn die Renditen in Finanzzauberland schwinden, wird mancher Konzernvorstand künftig eben gut überlegen, den Gewinn vom letzten Jahr in den (Ex-) Wunderfonds Soundso zu stecken – oder jetzt wieder in die neue (und schon deshalb umweltfreundlichere) Anlage in Wanne-Eickel, wo die Rendite bescheiden wirkt, aber immer noch besser als am wieder geerdeten Finanzmarkt.
Schon seit Jahren wird allen, die in neue Übertragungsnetze investieren, staatlich eine Rendite von 7 bis 9 Prozent garantiert – um die enorme Unsicherheit zu kompensieren, die mit solchen Investitionen verbunden ist. Das war bisher womöglich zu wenig, um große Ausgabenschübe auszulösen – gemessen an den (viel höheren) Renditen, die Investoren mit dem Geld am Finanzmarkt machen konnten. Wenn die Renditen in der neuen Bankenwelt schwinden, verschiebt sich auch hier die Rechengrundlage. Zugunsten des Klimas. So wie das in den Portfolios mancher Anleger der Fall ist, die realisieren, dass sie mit Aktien keine Riesengewinne mehr machen können – und das Geld künftig stattdessen einem Startup geben, oder dem Unternehmen, das gerade in Elektroautos investiert.
All diese Umschichtungen werden schwer messbar sein. Ebenso wie das, was dem Klima zugute kommt, wenn Unternehmen sich in der neuen stabilen Bankenwelt nicht mehr teuer gegen Finanzkapriolen absichern müssen – und dann wieder mehr Geld übrig haben, um, sagen wir, das eigene Fabrikgebäude neu zu dämmen. Es würde auch Geld sparen, künftig nicht mehr so viel ausgeben zu müssen, um Banken zu retten. Mit den mehr als 200 Milliarden Euro, die allein die Bundesregierung zwischen 2008 und 2011 an Schuldenaufnehmen musste, um die Kreditwirtschaft vor dem eigenen Kollaps zu bewahren, hätte auf einen Schlag alles bezahlt werden können, was nach Carlo Jaegers Schätzung bis 2020 nötig wäre, um einen wichtigen Teil der Gebäude in Deutschland klimaneutral zu sanieren. Das dürfen Sie ruhig zweimal lesen.
Dazu kommen Mittel, die durch einen Bankenausstieg direkt frei oder neu verwendbar werden. Egal, wie die Finanztransaktionssteuer im Detail wirkt, wird sie dem Bundeskassenwart zusätzlich Geld bringen – solange nicht jeglicher Finanzhandel durch die Steuer abgeschreckt wird (was wir ja auch nicht wollen). Nach Schätzungen von Sony Kapoor könnten weltweit jährlich 250 bis 300 Milliarden Dollar zusammen kommen, die anderweitig nutzbar wären. Zu ähnlichen Größenordnungen kommt der Wiener Stephan Schulmeister. Für Deutschland könnten bei einer größer angelegten Steuer auf Finanzgeschäfte schon konservativ gerechnet 12 Milliarden Euro im Jahr herumkommen, sagt der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick. Das würde reichen, um den geschätzten Bedarf an Investitionen in die Stromversorgung zu finanzieren (wobei das natürlich die Konzerne schon selbst machen sollten).
Nach Vorschlag
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