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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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Strukturen der Wirtschaft weniger finanzlastig zu machen – und sie hin zu gesellschaftlich sinnvolleren Dingen zu entwickeln. Aus Mangel an attraktiven Finanzangeboten, im direkten Renditevergleich.
    Das gilt schon jetzt, was den Einsatz der schlauesten Köpfe angeht. Je weniger Aussicht auf astronomische Bankerboni bleibt, desto weniger unattraktiv wirken im Vergleich die Gehälter in Industrie und Forschung. Desto mehr Ingenieure werden dorthin gehen, wo sie auch hingehören: in die Wirtschaft, wo sie schlauere Maschinen oder neue Technologien für den Klimaschutz entwickeln können. Statt ihre Zeit damit zu verbringen, blödsinnige Risikomodelle für strukturierte Finanzprodukte zu berechnen. Wenn stimmt, dass manches Jahresgehalt mangels Bonus schon jetzt um ein Drittel fällt, wie es anekdotische Evidenz laut Philippon vermuten lässt, kann so ein Industriegehalt binnen kurzer Zeit durchaus wieder attraktiv wirken – für einen Job mit deutlich geringerem Verlustrisiko.
    Ähnliches gilt für Investitionen. Wenn die Renditen im Geldgeschäft gering bleiben, werden die Vorstände von Unternehmen wie Siemens auch seltener beschließen, dass überschüssiges Geld am besten in Finanzanlagen gesteckt werden soll – anders als in den goldenen Geldzeiten, als das gegenüber manchem hauseigenenProjekt die eindeutig lukrativere Investition zu sein schien. Da dürfte die konzerneigene Treasury eher mal ein Projekt genehmigen, das früher alt aussah, vermutet Stephan Schulmeister. Der Trend drehe sich schon seit zwei, drei Jahren. Da macht mancher eher mal eine reale Investition, die nur 3 oder 5 Prozent Gewinn verspricht – wenn die Alternative, sagen wir, eine Staatsanleihe mit Nahe-Null-Verzinsung ist. Das hat Potenzial zum Selbstläufer, wenn es dazu beiträgt, das Wirtschaftswachstum wieder mehr durch reale Fortschritte treiben zu lassen.
    Dann würde das die Entscheidung im Nachhinein auch bestätigen: weil jede zusätzliche Investition zu mehr Wirtschaftswachstum und neuen Jobs führt, was wiederum den Bedarf an neuen Investitionen noch erhöht. Im Zweifel auch die Rendite.
    Über diesen Hebel könnte eine ganz neue Dynamik entstehen. Nach der Grundformel: Wenn die Zinsen wieder unter der Rate des Wirtschaftswachstums liegen, wie das in den 50er und 60er Jahren der Fall war, wird sich mit einer Investition in die Realwirtschaft im Schnitt auch wieder mehr (Wirtschaftsleistung und damit Einkommen) holen lassen als mit puren Finanzanlagen. Dann ließe sich der Mechanismus wieder umkehren, der in der Finanzglobalisierung galt und dafür sorgte, dass die Renditen für Finanzanlagen über der Wachstumsrate der Wirtschaft lagen. Da ging das Geld natürlich in die Bankenmagierwelt. Und fehlte im Rest der Wirtschaft.
    Gelingt die Umkehr, wäre das die beste Gewähr dafür, dass die Wirtschaft nach 30 verqueren Jahren wieder zuallererst auf realökonomische Reflexe reagiert – und nicht auf den Finanzspuk. Dann stehen die Chancen gut, dass viel mehr Geld in Arbeitsplätze und Maschinen gesteckt wird. Und weniger in Derivate. Wenn systematisch mehr Geld in die Wirtschaft geht, kann das der Anfang einer neuen Glücksspirale sein: eines neuen Wirtschaftswunders.
    In einer neuen Finanzära würde sich auch der Trend umkehren, wonach Reiche dank Finanzdoping immer reicher und die anderen mangels Geld zum Pokern immer ärmer werden. Je weniger Rendite Finanzgeschäfte abwerfen, desto weniger Einkommen kann dies bei denen generieren, die mitmachen. Desto größer sind die Chancen, dass das bei den Beschäftigten ankommt, also bei denen,die beim Vermögensgefälle bisher den unteren, abschüssigen Part belegten. Und desto größer sind vor allem die Chancen, dass Wachstum wieder durch nachhaltiger erwirtschaftete Einkommen und Ausgaben getragen wird – statt durch virtuelle Vermögenszuwächse.
    Wenn stimmt, was die Bundesbank einmal errechnet hat, ist die Sparquote in Deutschland ja auch deshalb im Schnitt gestiegen, weil die Einkommen sich nach oben verschoben haben – zu denen, die ohnehin ihr Geld nicht mehr ganz ausgeben (können). Wenn die Vermögensverteilung dank Bankenwende wieder irdischere Ausmaße annimmt, würde im Schnitt auch wieder ein größerer Teil der steigenden Einkommen ausgegeben. Gut so: in einem Land, dessen wirtschaftliches Glück immer noch viel zu einseitig vom Export abhängt – und das sehr gut mal ein paar Jahre richtig dynamischer Konsumnachfrage brauchen könnte. Auch hier ist das Zeug für

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