Wie Viel Bank Braucht der Mensch?
Schulmeister. Dann gäbe es nach wie vor all die Phänomene, die zur Instabilität der Märkte beitragen. Dann würde jeder Einzelne immer noch versuchen, Trends hinterher zu laufen, statt ein (unbekanntes) Gleichgewicht anzusteuern, wie es der Wunschtheorie zufolge der Fall sein müsste. Dann gäbe es nach wie vor nicht die stabilisierenden Spekulanten, die nach Milton Friedmans Idee vor Exzessen schützen sollten.
Politisch ist es wünschenswert, Instrumente zu schaffen, die dafür sorgen, dass Banken nicht zu einflussreich werden. Es ist auchsinnvoll, größere und systemisch damit gefährlichere Banken unter schärfere Auflagen zu stellen als kleinere, die im Zweifel nur sich selbst gefährden. De facto geht es dann aber (nur) darum, die Folgen schwerer Bankenkrisen für den Rest der Welt zu begrenzen – also Vorkehrungen für den Fall zu treffen, dass die Krise schon da ist, und nicht die Ursachen dieser Finanzdebakel an sich zu beseitigen. Zumal sich bezweifeln lässt, ob die Anfälligkeit des Finanzsystems für Krisen kleiner würde, wenn alle Banken problemlos pleite gehen könnten. Das würde die Risikolust des einen oder anderen Chefs sicher etwas bremsen. Verschwinden würden die menschlichen Ursachen von Euphorie und Panik aber nicht – womöglich sogar im Gegenteil.
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Für alle bisher erwogenen Reformen gilt, dass sie zwar populär sind und etwas helfen, am Kern des Problems aber vorbeigehen. Das ist beim Gros der Vorschläge eines Peer Steinbrück so, etwa dem Bankenrettungsfonds. Es gilt mindestens ebenso für die Vorschläge der Liikanen-Gruppe für die EU-Kommission, die auf eingeschränkte Boni setzen. Im Grunde gehe es da fast ausschließlich um die Frage des »too big to fail«, kritisiert Siegfried Utzig vom Bundesverband deutscher Banken.
Für viele Reformer scheint die Krise nur darauf zurückzuführen sein, dass Banker angesichts ihrer schieren Größe die falschen Anreize bekommen haben. Und dass die Finanzmärkte prima funktionieren würden, wenn nur jeder Finanzjongleur wüsste, dass er sein Geld verlieren kann. Im Grunde steckt hinter den meisten bisher genannten Reformideen noch der feste alte Glaube, dass es bei hinreichend guter Information und Transparenz doch einen objektiv richtigen Preis für jedweden Finanzwert gäbe – und dass dann auch jene heilsamen Spekulanten aus Friedmans heiler Welt auftauchen würden, die stabilisierend wirken und alle Kurskapriolen schnell wieder korrigieren.
Eine eher naive Vorstellung nach 30 Jahren Finanzglobalisierung. Wie wir gesehen haben, lassen sich die Krisenwellen nur schwer auf mangelndes Wissen zurückführen. Was für die Fragenach den wirklich guten Reformen wiederum bedeutet: Wenn die Ursachen von stetig wechselnden Exzessen und irrer Geldkonzentration tiefer liegen, hilft das meiste von dem, was in Brüssel und Berlin unter dem Stichwort »Finanzmarktregulierung« derzeit diskutiert wird, nur sehr bedingt. Das gilt auch für das, was Bundesregierung wie SPD jetzt in Deutschland als Rezepte vorgaukeln. Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis die nächste größere Finanzkrise ausbricht. Dann wird mit etlichen Reformplänen viel Energie auf Dinge verwandt, die an der Krisenanfälligkeit der Finanzmärkte wenig ändern.
Das geht auch anders.
4. Ein Aktionsplan für den Bankenausstieg
Was also hilft wirklich, Ausschläge wie Auswüchse an den Finanzmärkten zu beseitigen? Was kann den Herdentrieb stoppen – jenes gefährliche Hinterherlaufen, wenn wieder einmal eine neue Wunderstory aufkommt, die irgendwann auch Tante Erna ins Verderben zieht? Was kann helfen gegen die, die dann wieder sagen, dass alles diesmal anders ist? Und wie lässt sich gewährleisten, dass Finanzgeschäfte nicht dazu führen, dass noch mehr Geld bei sehr wenigen bleibt und die Realwirtschaft von einer Krise in die nächste Konsumschwäche poltert?
Um das zu beantworten, lohnt es, die aussichtsreicheren Reformen in solche zu unterteilen, die zwar noch nicht den Kern treffen, aber einen starken Beitrag leisten, die Wucht der Ausschläge zu verringern – und solche, die das Funktionieren der Bankenwelt so grundlegend und in der Logik verändern, dass eine krisenfreiere, eine stabilere, eine bessere Ära zu erwarten ist. Bei solchen tiefgreifenden Reformen würde sich manche Pseudoreform, über die heute noch gestritten wird, von selbst erledigen.
Die hilfreichen Reformen
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