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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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Für die Verantwortlichen endete das oft gar nicht lustig. Es ist auch fraglich, ob das dramatische Schicksal der Griechen und ihrer abgewählten Regierungen seit 2010 dazu animiert, so eine Krise noch mal zu riskieren und zu wiederholen – trotz Bail-out.
    Plausibler ist etwas anderes: Hätten die Betreffenden auch nur geahnt, dass ihre Geschäfte derart krachen und so viel Schaden anrichten würden, hätten sie sie nicht gemacht. Was wiederum zum Kern des Problems führt. Wenn Finanzjongleure in guten Zeiten gewagte Geschäfte machen, dann tun sie das im typischen Ambiente kollektiver Sorglosigkeit, das Finanzeuphorie seit jeher charakterisiert – wo niemand auf die Idee kommt, dass es je anders wird; indem Skeptiker schnell als Nörgler beiseite geschoben werden; und in dem selbst die tollsten Klauseln über mögliche Gläubigerbeteiligung im Pleitefall wenig Beachtung finden. So wenig wie das Disclosure, das Banken seit diversen Finanzkrisen jetzt immer an alle Dokumente hängen müssen.
    Wenn so viele Banken jahrelang griechische Staatsanleihen gekauft haben, hat das niemand mit nur dem Hauch des Wissens getan, dass Griechenland in so absehbarer Zeit vor einer richtigen Staatspleite gerettet werden muss – so etwas war nur was für ferne Schwellenländer. In Wirklichkeit hat bis Herbst 2009 niemand ernsthaft damit gerechnet. Auch wenn Hinz und Kunz so tun, als sei das immer klar gewesen. Blödsinn.
    Wie der britische Geldexperte Charles Goodhart betont, schnitten in der Finanzkrise seit 2007 gerade die Banken tendenziell am schlechtesten ab, die am meisten auf ihre Shareholder setzten, ihre Aktionäre, also auf die vermeintlich bestmögliche Kontrolle von Leuten, die ihr eigenes Geld auf diese Bank gesetzt haben. Höchst bemerkenswert. Vielleicht hat die Anbindung ans Markt- und Herdentreiben via Aktie erst recht blind gemacht. Die britische Pleitebank Nothern Rock sei bis wenige Monate vor ihrem Kollaps noch Favorit an der London Stock Exchange gewesen, schreibt Goodhart.
    Wenn das stimmt, helfen weder Bail-ins noch Bankenrettungsfonds, noch Insolvenzordnungen für Staaten. Dann wird das Risiko von Blasen hier oder da etwas geringer. Als Wundermittel taugen diese Ideen aber schrecklich wenig. Wenn niemand mit einer Pleite rechnet oder rechnen will und alle fest überzeugt scheinen, dass das kein Thema ist, hilft es wenig, mit den Folgen einer Pleite zu drohen. Solange die Blase läuft, tendiert das menschliche Gehirn ganz adaptativ-opportunistisch dazu, das als gegeben zu empfinden. Bis es kracht.
    ***
    Etwas Ähnliches gilt für eine der populärsten Ideen, Banken zu reformieren: das Begrenzen von Boni und anderen Gehaltsauswüchsen. Natürlich ist es grotesk, wenn Fondsmanager und Bankführungskräfte mal eben so Boni in Millionenhöhe einstreichen. Es könnte auch sein, dass es die irren Wellenbewegungen an den Finanzmärktenprozyklisch verstärkt, wenn Sonderzahlungen an die Höhe von Aktienkursen gekoppelt sind – weil es Geldmanager dazu verleitet, bei steigenden Kursen schnell einzusteigen und damit die Preise kurzfristig hochzutreiben.
    All das spricht dafür, Bonuszahlungen zu begrenzen. Klar. Das dürfte manchem Finanzjongleur im Zweifel die Lust nehmen, dieses oder jenes Geschäft noch draufzulegen. Die Frage ist nur, wie viel das am Grundproblem gefährlich instabiler Finanzmärkte ändert. Was hilft es, wenn die betreffende Bank oder der betreffende Fonds trotzdem gigantische Gewinne generiert, weil es der prozyklischen Eigenart dieser Märkte entspricht, Vermögensblasen zu erzeugen und die Beteiligten damit automatisch selbst zu bereichern? Auch ohne Boni. Dann ist das Geld ja immer noch da, an falscher Stelle.
    Das Problem liegt auch weniger in der miesen Moral – obwohl es schon zu weniger moralischem Handeln animieren kann, wenn man in einer Branche arbeitet, in der es nur ums Geld geht und die stete Anbindung ans real fassbare Produkt fehlt. Würde, sagen wir, die Bäckerbranche ständig Milliardengewinne generieren, die sich via Herdentrieb mit jedem Brötchentausch verstärken, gäbe es womöglich auch unsägliche Boni für Verkäuferinnen. Weil es dann einfach viel zu verteilen gäbe. Da sich solche Gewinne beim Bäcker, wie auch sonst in der Wirtschaft, aber schlecht generieren lassen, braucht man bei der Backindustrie auch keine Sorge zu haben, dass dort zu hohe Boni gezahlt werden. Für die Backbranche sind daher keine Gesetze zur Gehaltsbeschränkung nötig.
    Sprich: Es sollte

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