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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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eher darum gehen, die Grundlogik zu brechen und dafür zu sorgen, dass erst gar nicht solche irren Summen entstehen können. Dann verschwände auch die Basis dafür, so ungewöhnliche Boni zahlen zu können. Die Sonderzahlungen gesetzlich zu begrenzen, kommt eher einem Kurieren an Symptomen gleich.
    Die Risikobereitschaft nehme an Finanzmärkten stets recht plötzlich zu, schreibt der britische Ökonom Andrew Smithers in einer Studie über die Zukunft der Finanzindustrie. Das könne ja nicht ernsthaft auf plötzlichen Verfall moralischer Standards in ein und derselben Berufsgruppe zurückgeführt werden. Dahinter steckt ein systemisches Problem.
    Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Charles Goodhart: Empirisch gebe es wenig Belege, wonach die üppigen Bezahlungsmodalitäten in den Banken dazu geführt hätten, dass die Betreffenden bewusst Risiken eingegangen seien – in der stillschweigenden Erwartung, die eigene Bank würde notfalls ohnehin vom Steuerzahler gerettet. Alles deute vielmehr darauf hin, »dass den Topmanagern einfach nicht bewusst war, welche Risiken sie da eingingen«, so Goodhart. In Boomzeiten würden die Warnungen von Risikomanagern eben rasch beiseite geschubst. Siehe oben.
    ***
    Als ebenso radikal wie einfach erscheint auf den ersten Blick noch eine andere Idee, Finanzkrisen künftig zu vermeiden: Wie wäre es, Banken einfach zu zerschlagen ? Die Idee trifft den Nerv der Zeit. Was allerdings noch nicht heißen muss, dass damit auch das Ziel erreicht wird, Finanzkrisen zu vermeiden.
    Natürlich sind Banken in den vergangenen 30 Jahren zu Ungetümern geworden, wie wir eingangs gesehen haben. Gemessen an der Marktkapitalisierung kamen die britische HSBC 2011 alleine auf 105 Milliarden Euro, die Santander Bank auf 52 Milliarden, die Standard Chartered auf 40 und die Deutsche Bank auf fast 27 Milliarden Euro, wie es im Liikanen-Bericht für die EU heißt. Dabei wird der relative Einfluss noch potenziert, da zwischen den Banken Querverbindungen bestehen, die wiederum starke gegenseitige Abhängigkeiten schaffen. Umso mehr systemische Risiken gibt es in Krisen. Richtig ist auch, dass die Finanzinstitute so eine enorme Macht gewonnen haben – und damit nicht nur als Geburtstagsgäste ins Kanzleramt kommen, wie einst Joseph Ackermann. Da blieb von manchem Reformentwurf nach diversen Lobbyinterventionen aus der Bankenszene auch nicht mehr viel übrig.
    Als größtes ökonomisches Problem, das mit einer Zerschlagung womöglich zu beheben wäre, gilt bei alledem, dass es angesichts der drohenden Kollateralschäden kaum vertretbar ist, solche großen Banken pleite gehen zu lassen. Dass die Bankhäuser »too big to fail« sind, wie der Angelsachse sagt. Immerhin folgte Bankenpleiten in der Geschichte ja tatsächlich oft erst der große Absturz und danneine systemische Krise: ob 1931 oder im Herbst 2008 (Lehman). Lehre: besser retten. Was nach Befürchtung vieler Ökonomen nur dazu führt, dass sich die Banken in Sicherheit wiegen und entsprechend unvorsichtig sind.
    Wenn das stimmt, müsste das Zerschlagen in kleinere unabhängige Einheiten in der Tat Wunder wirken. Dann hätte jede einzelne Bank nicht mehr so viel Einfluss auf die Politik. Die Frage ist nur, ob das auch den Kern des Problems trifft, also die wirkliche Ursache der vielen Finanzkrisen und Bankenausschläge. Würden Bankmanager inmitten einer kollektiven Euphorie so viel umsichtiger investieren, wenn sie kleineren (zerschlagenen) Häusern vorstünden, die nicht mit Rettung rechnen können? In so einer Zeit zieht ja der Herdentriebe für Große wie für Kleine. Dann macht selbst Tante Erna mit. Und die rettet keiner.
    Würde es die manisch-depressiven Schwankungen an Finanzmärkten wirklich bremsen, wenn, sagen wir, die Deutsche Bank in zehn Deutsche Bänkchen aufgeteilt wäre? Nein. Solche Wellen sind ja durch Massenpsychologie und prozyklische Verstärker bestimmt, und da ist die Wahrscheinlichkeit derartiger Exzesse womöglich sogar größer, wenn sehr viele kleine Herdentiere rennen, als wenn es nur ein paar einzelne Großtiere gibt. Wenn wenige den Trend bestimmen, kann es den Trend schon ins Wanken bringen, wenn nur ein oder zwei dagegen halten. Es spricht jedenfalls wenig dafür, dass die Wucht des Auf und Ab bei vielen kleinen Banken geringer ist. Dann ist das Grundproblem ja nicht behoben.
    »Wenn Goldman Sachs in vier Institutionen aufgeteilt würde, würde jede einzelne dieser Institutionen immer noch das selbe tun«, sagt Stephan

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