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Wiedersehen in Barsaloi

Wiedersehen in Barsaloi

Titel: Wiedersehen in Barsaloi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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Damals herrschte helle Aufregung, weil alle dachten, wir essen lange weiße Würmer. Mit seiner kratzigen Stimme meint er lachend: »Natürlich erinnere ich mich, es war verrückt! Und heute essen das sogar einige Leute aus dem Dorf.«

Reisepläne
    Später besprechen wir den weiteren Ablauf unseres Besuches und beschließen, morgen wie geplant zum Filmset zu fahren, dort zwei Tage zu verbringen, dann Pater Giuliani zu besuchen und anschließend hierher zurückzukommen. So können sich alle etwas erholen und bei der Familie wird wieder ein wenig Normalität einkehren. Wenn wir zurück sind, würden wir gerne gemeinsam ein Abschiedsfest für alle, die kommen möchten, ausrichten. Leider können wir als Gäste nicht viel dazu beitragen. Wir möchten aber die Kosten übernehmen, während auf die Familienmitglieder viel Arbeit zukommt. Sie werden vier Ziegen schlachten und große Mengen Reis und Bohnen kochen. Dafür müssen sie erst genügend Feuerholz sammeln und mehrere Kochstellen errichten. Eine große Aufgabe, wenn man kein Auto und wenig Zeit zur Verfügung hat. James erklärt sich bereit, für die Lebensmittel zu sorgen. Als er Lketinga fragt, ob er die Ziegen kaufen könne, erhält er die barsche Antwort: »Nein, ich habe keine Zeit, ich gehe mit Corinne und schaue auch zum Film. Ich möchte wissen, was sie da machen!«
    Oh Gott! Bei dem Gedanken wird mir ganz elend. Wie soll das nur gut gehen? Ich weiß, dass es für mich schon schwierig genug sein wird, am Filmset alles zu erfassen und zu begreifen. Wie soll ich dann noch die Energie aufbringen, Lketinga immer wieder alles zu erklären? Mir ist ja selbst nicht klar, was mich erwartet und wie ich es verdauen werde. Zudem die Verantwortung für jemanden zu übernehmen, der nicht weiß, was eine Filmproduktion bedeutet, ist mir einfach zu viel.
    Mir kommt die Szene in den Sinn, als ich mit Lketinga einmal einen Film in der Barsaloi-Mission anschaute. Es handelte sich dabei ausgerechnet um das Kolossalepos »Ben Hur«. Lketinga war ungeheuer aufgewühlt und wollte mir nicht glauben, dass dies nichts mit dem heutigen Mzungu-Leben zu tun hatte. Er war fest davon überzeugt, dass es bei uns in Deutschland oder der Schweiz genauso zuging wie im Film. Nach etwa zwanzig Minuten mussten wir die Vorführung verlassen und hatten anschließend einen von viel Misstrauen belasteten Streit. Ich konnte ihm damals nur erklären, dass ein Film nichts mit dem wirklichen Leben zu tun hat.
    Und nun will er mit zum Filmset, wo ein Film über die Samburu und einen Teil seines eigenen Lebens gedreht wird. Wie soll er damit klar kommen, zumal nicht einmal ein fertiger Film zu sehen ist, sondern komplizierte und undurchschaubare Dreharbeiten im Gang sind? Nein, diese Verantwortung kann und will ich nicht übernehmen, da ich nicht einmal meinen eigenen Gemütszustand einschätzen kann.
    Gott sei Dank mischt sich nun James in die Diskussion ein und unterstützt uns, indem er Lketinga erklärt, dass er hier gebraucht werde. Er könne doch nicht abwesend sein, während das ganze Dorf für seine Gäste ein Fest vorbereitet. Das sieht er ein und verspricht, auf uns zu warten und die Ziegen zu kaufen.
    Ein Blick auf die Uhr erinnert mich, dass ich mich auf den Weg zur Mission begeben sollte, um den Radiocall mit Pater Giuliani nicht zu verpassen. Klaus und Lketinga begleiten mich. Die Missions-Angestellte empfängt uns freundlich und führt uns in einen Flur, in dem das Sende- und Empfangsgerät installiert ist. Aus einem altertümlichen Kasten ertönen bereits verschiedene Gespräche, mal in Kisuaheli, mal in Italienisch oder Englisch. Lketinga hört aufmerksam zu und versteht offensichtlich mehr von diesem Gerät als ich. Nach einigen Minuten stößt er mich an und sagt ganz ruhig, dass ich jetzt sprechen muss.
    Plötzlich höre ich Pater Giulianis Stimme nach über vierzehn Jahren zum ersten Mal wieder. Sie hört sich nach wie vor kräftig an. Offensichtlich freut er sich auf unseren Besuch und versucht zu beschreiben, wie wir ihn finden können. Doch es hört sich so kompliziert an, dass sich Giuliani kurz entschlossen bereit erklärt, uns in drei Tagen Punkt zwölf Uhr mittags in der Barsaloi-Mission abzuholen. Gerade will ich mich überschwänglich bedanken, als die Verbindung bereits unterbrochen ist.
    Wir schlendern zurück zu Albert und James in den Kral. Die Tiere sind wieder da und es herrscht das uns inzwischen vertraute bunte Treiben. Alle Frauen melken die blökenden Ziegen.

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