Wiedersehen in Virgin River
waren verheiratet und hatten Kinder, und die Kinder waren ein Teil von allem. Frauen wurden nahezu angebetet.
Allmählich begriff er, dass es hier nicht mit Freundlichkeit und Respekt zuging. Er war schon ganz unglücklich über die Art, wie Bud sich Paige gegenüber verhielt, und stand ganz kurz davor zu sagen: „Das Treffen ist beendet.“ Aber dann hörte man, vermutlich aus dem Spielzimmer, ein Kind schreien, und Gin sprang auf und lief hinaus. Ein paar Minuten später trug sie ein etwa zwei Jahre altes Kind in die Küche, und diesem hübschen Mädchen mit blonden Locken strömten die Tränen über die erhitzten Wangen.
Bud wandte sich an Preacher und fragte ihn, was er so mache.
„Ich? Ich bin Koch. Mein Freund hat eine Bar gekauft. Ich bin mal zum Angeln hochgefahren und dann dort geblieben.“
Sie unterhielten sich ein wenig über die Bar. Preacher wollte es versuchen. Dieser Typ war nicht sein Fall, aber er musste ja auch nicht jeden lieben. Er hielt es für eine gute Idee, Paige zuliebe möglichst mit ihm zurechtzukommen. So war das mit Familien. Manchmal war man mit der Familie eben aufgeschmissen. Ganz sicher würde der gute alte Bud auch ein paar nette Seiten haben. Allerdings war sich Preacher nicht sicher, ob er damit heute Abend schon in Berührung gekommen war. Schließlich landeten sie dann bei einem Gespräch darüber, wie gut man dort oben angeln und jagen konnte, und das gefiel Bud. Vielleicht würde er ja einfach mal raufkommen und es austesten. So was würde er ja auch viel häufiger tun, wenn er nicht die ganze Zeit über so verdammt hart arbeiten müsste, aber mit drei Kindern … Drei Kinder, die er so gut wie nie sieht, dachte Preacher. Dennoch redete Preacher mehr als gewöhnlich, denn er wollte Paige wissen lassen, dass er sein Bestes gab. Er konnte herzlich sein, freundlich.
Währenddessen hielt Gin ihre jüngste Tochter auf dem Schoß und lockte Chris zu sich, um sie miteinander bekanntzumachen. Bei einem Kind, zwei Jahre jünger als er selbst, war Chris nicht schüchtern, und sie begannen, sich anzufreunden. Die Kleine krabbelte vom Schoß ihrer Mutter, und indem sie sie mit den Händen leicht anschob, schickte Gin dann beide Kinder ins Spielzimmer.
„Und was hast du gemacht, bevor du Koch wurdest?“, fragte Bud.
„Ich war ungefähr zwölf Jahre lang bei den Marines.“
„Den Marines!“, rief Bud. „Das hätte ich mir denken können. Auch mal im Krieg gewesen?“
Preacher nickte ernst. „Ein paarmal“, antwortete er. „Kein Vergnügen.“
„Du bist also der Koch“, stellte Bud lachend fest. „Siehst eher aus wie ein Rausschmeißer.“
„Normalerweise brauchen wir keinen Rausschmeißer.“
„Wo wir vom Kochen reden, wie steht’s mit dem Salat?“
Paiges Mutter und ihre Schwägerin erhoben sich vom Tisch und gingen sofort um den Tresen herum in den Arbeitsbereich der Küche. Auch Paige stand auf und fragte, ob sie helfen könne, aber Bud wies auf ihren Stuhl und sagte: „Das machen die beiden.“ Und sie setzte sich.
Die Teller wurden gebracht. Es waren fünf. Preacher zählte zweimal. „Was ist mit den Kindern?“, fragte er.
„Gin wird ihnen was ins Spielzimmer bringen. Sie hat ein paar Würstchen, ein paar Bohnen. Das lieben sie. Kinder. Gelegentlich verbringe ich auch gern einmal etwas Zeit nur mit Erwachsenen.“
Die Salate wurden gebracht und noch mehr Bier. „Du lässt dich hängen, mein Freund“, meinte Bud. „Du musst aufholen!“
Preacher horchte auf das „Spielzimmer“. Und während er die Ohren spitzte und sie gerade ihren Salat essen wollten, wandte Bud sich an Paige und fragte: „Was wird denn jetzt aus Wes?“
Sie sah ihrem Bruder gerade in die Augen, antwortete aber nicht sogleich. „Ich weiß es nicht. Er ist in einer Drogentherapie.“
„Warum das?“, fragte Bud weiter.
Wieder zögerte sie. „Um sich wegen seiner Sucht behandeln zu lassen. Es ist gar nicht so ungewöhnlich; bei diesen Brokern gibt es einige, die abhängig sind … weißt du … von Aufputschmitteln?“ Sie hatte es als Frage formuliert. Und Preacher dachte daran, dass es Meth war. Keine klitzekleine harmlose Droge.
„Und du konntest nichts dagegen tun?“
„Was denn zum Beispiel, Bud?“, fragte sie zurück.
„Ich weiß nicht. Zum Beispiel ihm dabei helfen. Ich meine, was hattest du denn zu tun?“
Paige legte die Gabel ab und sah ihrem Bruder wütend in die Augen. „Nein, Bud. Da konnte ich nicht helfen. Darüber hatte ich nicht die geringste
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