Wigges Tauschrausch
Glück: Mein Ruf als Mann für extravagante Reisen war mir vorausgeeilt, und so machte mir der TV -Sender ZDF neo tatsächlich das Angebot, eine solche Tauschweltreise zu finanzieren, inklusive der Begleitung von zwei Kameramännern, Jakob und Dominik. Der Deal war, aus dem ertauschten Haus auf Hawaii ein offenes Haus für alle zu machen, es also den Zuschauern und Lesern, die dort Urlaub machen möchten, im Tauschverfahren zur Verfügung zu stellen.
Ich habe 200 Tage Zeit und soll außerdem den Fuß auf alle sechs Kontinente setzen, um über die dortigen Tauschkulturen zu lernen und zu berichten.
Mehr als zufrieden schlage ich ein. Ich werde bald als absoluter Tauschprofi in meinem Haus auf Hawaii einziehen können!!!
Meine Nachbarin steht an der Wohnungstür und bricht in lautes Gelächter aus, als ich ihr von meinem Plan erzähle. Sie sagt, da könne ich ihr ja gleich den Wohnungsschlüssel dalassen, wenn ich sowieso nicht wieder aus Hawaii zurückkommen wolle.
Ich sehe sie die Treppe hinuntergehen und höre sie kopfschüttelnd murmeln: »Ein Haus auf Hawaii … so ein Quatsch … kein Wunder, dass die Eingeborenen und die Queen ihn komisch fanden!«
Vielleicht hat sie Recht. Aber seitdem ich meine Tür mit der Hawaii-Tapete beklebt habe, sind 25 Jahre vergangen. Meiner Meinung nach ist es endlich an der Zeit, zur Tat zu schreiten und diesen Traum zu verwirklichen. Denn ich meine, jeder sollte versuchen, sich seine Wünsche irgendwann im Leben zu erfüllen. Wer kennt sie nicht, diese ewigen Träume, die uns ein Leben lang begleiten. Und immer ist da diese Stimme in unserem Kopf, die uns sagt, dass dieser Wunsch nicht angebracht, nicht richtig, nicht realistisch ist und wir das alles irgendwie auch nicht bringen können …
Doch genauso gut ist es möglich, dass diese Stimme Unrecht hat. Und deshalb werde ich mich mit 25-jähriger Verspätung nun endlich an die Arbeit machen.
D eutschland
I ch stehe an einem kleinen Obststand in Mainz, um mir einen Apfel zu kaufen – das erste Tauschobjekt. Ein schöner, gesunder und leckerer Apfel soll es sein, ein Bio-Apfel. Schließlich wohne ich in Berlin, wo das mittlerweile zum guten Ton gehört.
Voller Stolz erzähle ich dem Verkäufer von meinem Vorhaben. Ich erzähle ihm, dass eben dieser Apfel das Startkapital für ein Traumhaus auf Hawaii ist und dass ich auf dem besten Weg bin, mir durch beständiges Tauschen einen Kindheitstraum zu erfüllen. Doch noch bevor ich 79 Cent gegen den Bio-Apfel tauschen kann, verfinstert sich die Miene des Verkäufers. Diese jungen Leute mit ihren verrückten Ideen. Immer mehr, immer weiter weg, immer alles besser wissen. Nie seien sie mit dem zufrieden, was sie haben. Wer könne heute schon noch die einfachen Dinge genießen.
Stumm blicke ich ihm in die Augen, mit einer solchen Reaktion hatte ich nicht gerechnet.
Ich nehme meinen Apfel, aber das unangenehme Gefühl bleibt. Die ersten Zweifel stellen sich ein, ob mein Vorhaben wirklich Anklang finden wird. Wie werden die Menschen in Asien, Afrika und Amerika reagieren, wenn ich versuche, das, was ich besitze, zu tauschen, um dadurch Gewinn zu machen? Ich hoffe, nicht so wie gerade eben dieser Obstverkäufer.
Doch als ich den ersten potenziellen Tauschpartner anspreche, einen Touristen mittleren Alters aus Konstanz, habe ich den schwierigen Start am Obststand schon vergessen. Ohne lange Erklärungen biete ich dem Mann den mittlerweile angebissenen Apfel (man sollte schließlich von der Qualität seines Angebots überzeugt sein) für ein spontanes Tauschgeschäft an. Der Tourist lacht und bietet mir eine angebrochene Schachtel Zigaretten an. Ohne viele Worte zu verlieren, schütteln wir ganz offiziell die Hände, um den Tausch zu besiegeln. Nachdem der Mann gegangen ist, blicke ich ihm noch eine Zeitlang aus der Entfernung hinterher und beobachte, wie er genüsslich in den Apfel beißt.
Ich bin froh darüber, die Reaktion des Obstverkäufers nicht als schlechtes Omen betrachtet und schon beim ersten Versuch den Wert meines Tauschobjektes gesteigert zu haben. Und es ist ein schöner Nebeneffekt, dass mein Tauschpartner etwas Gesundes im Tausch gegen etwas Ungesundes erhalten hat. Ich halte also 16 Zigaretten in der Hand, die ich natürlich nur einem Raucher anbieten kann. Davon gibt es mittlerweile aber immer weniger. Auf gut Glück spreche ich eine Mutter an, die mit ihrer Tochter unterwegs ist. Ich nehme einfach mal an, dass die Tochter schon volljährig ist, immerhin geht es
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