Wigges Tauschrausch
Stunden Schlaf im Studio des Radiosenders Hawaiian Public Radio. Der Moderator der Morgenshow, Chris Vandercook, befragt mich neugierig zu den vergangenen 180 Tagen.
Mir dröhnt der Kopf, und ich fühle mich auf meinem Interviewstuhl so wackelig, als befänden wir uns auf einem kleinen Hochseekutter bei Windstärke zwölf. Ich erkläre aber trotzdem alles, so gut es meine Verfassung eben zulässt, und möchte nach einigen Minuten endlich meine E-Mail-Adresse bekanntgeben. Kaum habe ich das gedacht, hat Chris schon die Regler runtergezogen. Öffentlich-rechtliches Radio in den USA gestattet keine Werbung für Interviewpartner. Ich ärgere mich tierisch und bekomme vom Radiosender als Entschädigung auch noch ein deutsches Lied gespielt: Mit 66 Jahren von Udo Jürgens …
Ich fliege, immer noch in schlechtem Zustand, von Oahu, der Hauptinsel mit der Hauptstadt Honolulu, weiter nach Big Island, der größten aller Inseln des tropischen Archipels. Hawaii besteht insgesamt aus weit mehr als 100 Inseln, von denen aber nur einige bewohnt sind. Sie alle sind ungefähr 4000 Kilometer vom nächsten Festland entfernt. Der Flug auf die große Vulkaninsel belebt trotz des Katers meine Kindheitsträume: Sonne (durchschnittliche Temperatur 31 Grad), Strand, Wellen, Regenwald, Berge, Palmen, hohe Wasserfälle und blumenbehangene Frauen. Ich kann kaum glauben, wie schön diese Insel wirklich ist.
Auf Big Island könnten die Aussichten für einen Tausch sogar ganz gut sein, denn die Insel ist nicht so dicht besiedelt, so dass die Grundstückspreise hier viel niedriger sind als auf Oahu oder Maui. Außerdem haben sich auf Big Island angeblich viele alternativ denkende Menschen angesiedelt, bei denen das Tauschen zum Alltag gehört. Also auf zum finalen Tausch!
Medienoffensive, dritter Teil
Während der letzten Wochen habe ich einige Kontakte für Big Island zusammengestellt, bestehend aus Bekannten, Freundesfreunden, Maklern und Personen, die ich auf diversen Online-Reise- und Tauschseiten kennengelernt habe.
Ich treffe zuerst Hazen, einen Aussteiger, den ich über Heather kenne, bei der ich mal zu Besuch war. Hazen hatte mir im Vorfeld telefonisch zugesagt, dass er diverse Freunde ansprechen würde, die zufällig gerade ihr Haus verkaufen wollen. Jetzt steht er am Strand achselzuckend vor mir, weil keiner dieser Leute ihm geantwortet hat.
Danach fahre ich weiter zu Alexander, der mit seiner Frau im Urwald wohnt und den ich wiederum über Hazen kennengelernt habe. Er hatte mir per Mail mitgeteilt, dass sein Kumpel Lee Land tauschen möchte. Leider habe ichnie etwas von Lee gehört. Alexander bestätigt Lees Sinneswandel und kann mir auch nicht weiterhelfen.
Auf geht’s zu Jason, den ich vor zwei Jahren für mein Projekt Ohne Geld bis ans Ende der Welt interviewt habe. Jason lebt auch im Regenwald und kommt komplett ohne Geld aus. Er jagt mit seinen Hunden Wildschweine und duscht sich an einem Wasserfall. Wir haben uns in den letzten Wochen gemailt, und er hatte mir mit einem möglichen Landtausch eventuell sogar einschließlich Häuschen den Mund gewässert. Aber Jason ist enttäuscht von meinen Angeboten. Er hatte sich darauf gefreut, mit dem Reisegutschein nach Afrika zu fliegen. Gegenstände wie Räder, Porzellan oder eine Uhr sind für ihn nicht interessant. Deshalb lehnt er den Tausch ab.
Dann also zu Samantha, die sich auf meinen Online-Aufruf für einen Haustausch bei Couchsurfing.org gemeldet hatte. Sie wollte ihr Grundstück halbieren und eine Hälfte für einen Tausch zur Verfügung stellen. Sie ist meine größte Hoffnung. Doch auch diese Hoffnung stirbt, als wir uns treffen. Über das Amt für Wohnen hat sie erfahren, dass Grundstücksaufteilungen auf Big Island leider nicht erlaubt sind. Wir überlegen eine Zeitlang hin und her, aber Ärger mit dem Amt möchte sie auf keinen Fall bekommen, deshalb auch hier kein Erfolg.
Die letzte Option auf meiner lang recherchierten Liste sind sechs verschiedene Makler, die ich wegen einer Tauschanfrage auf Big Island angeschrieben hatte. Fast alle hatten geantwortet, dass die Chancen gut stehen, und drei haben mir ein Treffen angeboten. So besuche ich Jarred, Rose und Patti, die in ihren Listen wühlen, ob irgendeiner ihre Klienten auch ein Haus oder Land tauschen statt verkaufen würde. Doch spontan sehen alle drei keine konkrete Möglichkeit.
Enttäuscht starte ich eine erneute Medienoffensive. Wir rufen alle vorhandenen Medien auf Big Island an, damit ich meinen
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