Wigges Tauschrausch
erklärt mir, dass er momentan gerade ein fahrendes Haus im Angebot habe, und führt mich zu einem Häuschen, das süßer nicht sein könnte: 3,5 Meter breit, acht Meter lang, komplett aus Holz, mit runden Bullaugen, Schlafzimmer, Wohn- und Küchenraum, einer kleinen Toilette und einer großzügigen Flügeltür, von der aus man über eine ausfahrbare Holztreppe auf den Boden vor dem Haus gelangt.
Ich spüre, dass es dieses oder kein Haus ist, und frage Avery, ob er mit mir tauschen würde, anstatt das Haus zu verkaufen. Zu meiner großen Überraschung bejaht er das sofort und fragt mich, was ich ihm bieten kann. Ich fange erst mal vorsichtig mit einer Goldmünze an. Er hält die Münze in der Hand, betrachtet sie und sagt, dass das nicht genug sei. So lege ich nach mit der Kunst von Alex Stenzel und der Schallplatte von Coati Mundi. Beides gefällt ihm sehr gut, aber es reicht nicht. So biete ich ihm die zweite Goldmünze an. Jetzt habe ich nur noch ein Surfboard in der Hinterhand. Hätte ich Bill weniger für sein Grundstück geben sollen? Avery überlegt lange und bittet mich um eine weitere Zugabe.
Ich hole das Surfboard aus dem Bulli und habe richtig Schiss, dass er jetzt noch mehr will – denn das war’s! Avery aber gefällt es, und er erwähnt, dass er es sehr leicht wieder verkaufen könne, wenn er doch mal Geld brauche. Ich frage ihn, ob das nun ein »Ja« war, und er schlägt ein. Ich könnte in die Luft springen vor Freude! Avery rauscht mit seiner Beute ab, und ich bin überglücklich über diese unerwartete Wendung.
Ich habe mich in weniger als 200 Tagen von einem Apfel durch 14 Länder zu einem Haus und einem Grundstück auf Hawaii getauscht!
Es dauert Stunden, ja Tage, bis ich überhaupt spüre, dass es vollbracht ist. Ich fange erst langsam an zu realisieren, wie die fast 200 Tage andauernde Anspannung und Nervosität von mir abfällt. Ich sitze abends am Strand von Big Island und begreife allmählich, dass es vorbei ist, dass ich es geschafft habe und vor allem, dass mein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen ist.
ICH HABE EIN HAUS MIT GRUNDSTÜCK AUF HAWAII!!!
Ich lasse mit meinen beiden Kollegen Dominik und Jakob an diesem Abend die Korken so richtig knallen. Wie lange habe ich auf diesen Moment gewartet.
Doch ganz ist der Spuk noch nicht vorbei, denn innerhalb der 200-Tages-Frist muss noch einiges geschafft werden. Also verschiebe ich die ultimative Feier noch ein wenig, damit ich einsatzfähig bleibe, und bestelle einen amerikanischen Truck mit Tieflader, um das fahrende Haus 35 Kilometer über die Insel zu seinem zukünftigen Zuhause zu bringen. Das Haus wird mitsamt Pick-up-Truck, der zu meiner großen Enttäuschung nicht mehr funktionstüchtig war (aber man kann ja auch nicht alles haben), über die Insel befördert.
Die Fahrt gestaltet sich nicht ganz unspektakulär. Das Haus auf dem Tieflader blockiert beide Fahrbahnseiten und hat Schwierigkeiten mit der ein oder anderen Stromleitung. Während wir das Haus auf den Vulkan hinauffahren, müssen immer wieder Autofahrer an die Seite fahren, um nicht mit dem fahrenden Haus zu kollidieren. Der Truckfahrer zeigt während all der Stunden ein unglaubliches Geschick und viel Geduld.
Wir fahren durch lianenbehangene Dschungelstraßen, auf denen sich die Schlingpflanzen am Dach des Hauses verfangen, das auf eine echte Belastungsprobe gestellt wird. Immer wieder knackt und knirscht es. Die eigentliche Bewährungsprobe gibt es aber erst auf dem Grundstück. Mit einem Bagger wird das Haus über eine Schräge auf das Grundstück gezogen, so dass es beinahe seitlich umkippt. Den versammelten Zuschauern bleibt fast der Atem stehen. Das Haus droht im letzten Moment noch zusammenzubrechen.
Doch alles geht gut. Das Haus wird inmitten der Farnlandschaft geparkt, und der Truckfahrer überrascht mich mit einem unglaublichen Geschenk. Anstatt die wie besprochen 300 Dollar für den Haustransport von mir zu nehmen, möchte er im Tausch für die Arbeitsleistung lediglich die DVD der Tauschrausch- TV -Serie auf ZDF neo von mir haben. Ich bin beeindruckt, wie geduldig und großzügig er ist, und das nach den vielen Stunden harter Arbeit. Ich stelle mir vor, wie so ein Haustransport in Deutschland ausgesehen hätte: Ordnungsamt, Erlaubnis einholen, Papierkram erledigen, einen LKW -Fahrer finden, der solche Umstände auf sich nimmt, das Haus mit roten Fähnchen markieren und so weiter. Hawaii scheint zumindest in diesen Punkten ein wirklich sehr entspanntes und
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