Wikinger der Liebe
in ein miserables Licht. Wäre mein Bruder geneigt, auf mich zu hören, würde er niemals eine Ehe eingehen, die unter einem so schlechten Stern steht. Bis zu seinem Lebensende wird er’s bereuen.«
Nachdem Daria ihre Meinung geäußert hatte, verließ sie das Gebäude - keine Sekunde zu früh. Thorgold hatte Raven nur mühsam zurückgehalten. »Beruhige dich, sie spielt keine Rolle. Vergiss sie.«
»Leichter gesagt als getan als getan...«, murmelte Raven. Entrüstet rang sie nach Luft. »Am liebsten würde ich ihr die Leber aus dem Leib reißen. Aber dieses widerliche Ding strotzt wahrscheinlich vor Galle und Eiter.«
Lachend legte Krysta die Arme um die Schultern ihrer Freunde. Den beiden war es sehr schwer gefallen, mit ihr hierher zu reisen. Trotzdem hatten sie sich dazu durchgerungen und wieder einmal bewiesen, wie treu sie der geliebten Herrin dienten, seit sie auf die Welt gekommen war. Diese Liebe erwiderte sie von ganzem Herzen.
Sie schob den Gedanken an den ersten verwirrenden Eindruck, den sie von Lord Hawk gewonnen hatte, beiseite. Die Nase gerümpft, schaute sie sich um. »Machen wir’s uns erst mal gemütlich. Wenigstens sollten wir’s versuchen.«
Thorgold nickte grinsend und verschwand. Wenig später kehrte er mit dem ersten Teil des Gepäcks zurück. Während er hin und her eilte, machten die Frauen den Alkoven sauber und sorgten für Ordnung. Zumindest tat Krysta ihr Bestes. Wenn es darum ging, einen Raum wohnlich zu gestalten, konnte sich niemand mit Raven messen. Geschäftig lief sie dahin und dorthin. Beinahe erweckte sie den Anschein, sie wäre überall gleichzeitig, und innerhalb einer knappen Stunde verwandelte sie den Alkoven in ein gemütliches Heim.
Nirgendwo lag mehr Staub, zwei Holzbetten, Stühle und ein Tisch waren aufgestellt worden. Als Thorgold die letzte Fracht hereinschleppte, schaute er sich zufrieden um. »Dabei sollten wir’s bewenden lassen. Wenn wir noch mehr Sachen hierher bringen, wird man Fragen stellen.«
Wehmütig packte Krysta einen Wandteppich, der eine Waldlichtung voller kleiner Tier zeigte, wieder ein. Nach allem, was sie bisher gesehen hatte, wurde die Dienerschaft von Hawkforte anständig untergebracht, aber man gestattete ihr keinen Luxus. »Also gut«, stimmte sie widerstrebend zu und nahm auf ihrem Bett Platz. »Um den Rest kümmern wir uns später.«
Nachdem sie sich häuslich niedergelassen hatten, fand sie endlich Zeit, um zu überdenken, was sie bisher erreicht hatte. Sie war in der Festung eingetroffen und hatte den Herrn gesehen, ohne besonders aufschlussreiche Erkenntnisse zu gewinnen. Immerhin begann ihr waghalsiges Unternehmen erfreulicher, als sie’s zu hoffen gewagt hatte.
Raven und Thorgold, die das Lächeln ihrer Herrin bemerkten, wechselten einen kurzen Blick. »Noch ist es nicht zu spät, Lady Krysta«, betonte die Dienerin.
»Was meinst du?«
»Nun, Ihr könntet behaupten, Ihr wärt zu ungeduldig gewesen, um auf eine Eskorte zu warten. Da Ihr befürchtet habt, man könnte Euch auf der Straße überfallen, seid Ihr unter falschem Namen auf Reisen gegangen und in die Rolle einer Dienerin geschlüpft.« Raven hob die dünnen Schultern. »Wer weiß, vielleicht glaubt Euch Lord Hawk.«
»Nur wenn Ihr’s ihm sofort gesteht«, ergänzte Thorgold. »Sonst denkt er, Ihr würdet ihn zum Narren halten. Und das gefällt keinem Mann.« Plötzlich schien ihn eine Erinnerung zu belustigen, und er lächelte. »Nein, wirklich nicht.«
Krysta sprang auf und starrte ihre getreuen Freunde verblüfft an. »Natürlich werde ich ihm nichts erzählen. Sonst wäre mein Plan sinnlos. Wie soll ich denn herausfinden, was ich wissen muss, wenn ich mein Inkognito lüfte?«
»Was werdet Ihr schon herausfinden?«, seufzte Raven. »Dass alle Männer gleich sind. Stolz, eigensinnig, dumm...«
»Anmaßend, engstirnig, ungeschickt...«, fügte Thorgold hinzu.
»Irgendwelche guten Eigenschaften müssen sie doch haben«, protestierte Krysta. »Als Lord Hawk mich ansah, fühlte ich...« Unsicher verstummte sie und versuchte sich zu entsinnen, was sie angesichts seiner durchdringenden blauen Augen empfunden hatte. Sein Blick verriet Kraft, Klugheit und noch etwas. Etwas Faszinierendes, das sie in einen seltsamen Bann gezogen hatte. Vielleicht Leidenschaft?
Vor diesem Gedanken schreckte sie zurück, so verlockend er ihr auch erschien. Ihrem Gemahl würde das Recht zustehen, sie zu besitzen wie kein anderer Mann in ihrem bisherigen Leben. Was das bedeutete, wusste
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