Wikinger der Liebe
schmeichelt er mir«, scherzte Alfred, »weil ich dieses Schulgebäude errichtet habe und noch andere im ganzen Land. Er möchte Wessex mit Büchern überhäufen. Und ich bin sein williger Komplize.«
»Die ganze Welt würde ich mit Büchern überschütten, wenn ich Mittel und Wege fände«, gestand der Geistliche. »Vor kurzem begann ich eine Geschichte dieser Regentschaft zu verfassen.«
Gutmütig seufzte Alfred. »Deshalb muss ich ihm besonders freundlich begegnen, denn die Menschheit wird noch in vielen hundert Jahren lesen, was er von mir hält.«
»Sicher wird man sich auch an andere Dinge erinnern, Mylord«, bemerkte Hawk trocken.
Vater Asser lachte. »Hört ihm nur zu, Mylord! Er ist jung und vital und den sinnlichen Dingen des Lebens viel enger verbunden als ein alter Büßer von meiner Sorte.«
»Beruft Euch bloß nicht auf Euer Alter, mein Freund!«, mahnte Alfred. »Eure Dienste werde ich noch jahrelang brauchen. Ihr habt Eure Arbeit eben erst begonnen.«
»Möge der Allmächtige mir noch einige Zeit auf dieser Erde gewähren«, murmelte der Priester. Dann musterte er Krysta interessiert. »Wie mir Lord Hawk erzählt hat, könnt Ihr lesen, Mylady.«
Auch Alfreds Neugier erwachte. Offenbar hatte er nichts gegen gebildete Frauen einzuwenden. »Wie habt Ihr’s gelernt, meine Liebe?«
»Als ich ein kleines Mädchen war, suchte ein Mönch die Festung meines Vaters in Vestfold auf und bat ihn um die Erlaubnis, den Einheimischen das Christentum nahe zu bringen. Das beunruhigte meinen Vater, denn er fürchtete, es könnte zu Schwierigkeiten führen. Andererseits wollte er den Mönch nicht kränken, weil er die Macht des christlichen Gottes fürchtete. Und so durfte der Mönch seine Lehre verbreiten. Mein Vater schickte ihn auch zu mir. Etwa zehn Jahre blieb Bruder Malcolm bei uns, erklärte mir das Evangelium und lehrte mich lesen. Nachdem er den Eindruck gewonnen hatte, ich wäre halbwegs begabt, entschied er, ich müsste auch schreiben und rechnen lernen ...« Da diese Enthüllungen keinen Unmut erregten, fügte sie nach kurzem Zögern hinzu: »Und Latein.«
»Latein?«, rief Alfred und blinzelte, als würde sie einer Spezies angehören, der er noch nie begegnet war. »Könnt Ihr tatsächlich Latein lesen?«
»Ja, zu meinem Glück. Bruder Malcolm war ein sehr freundlicher, geduldiger Lehrer.«
»Hat Euer Volk das Wort Christi erhört?«, fragte Vater Asser, und Krysta nickte.
»Wir alle ließen uns bekehren und in späteren Jahren noch viele andere Norweger. Sogar mein Vater erkannte am Ende seines Lebens, dass man den Gott der Christenheit nicht fürchten muss, denn Er schenkt uns die Hoffnung auf eine bessere Welt.«
»Dann hat Bruder Malcolm seine Jahre in Vestfold gut genutzt«, meinte der König. »Er muss ein ungewöhnlicher Mann gewesen sein, da er beschlossen hat, ein junges Mädchen zu unterrichten. Schon immer war ich der Ansicht, ein kluger Mann sollte auf bescheidenen Grundfesten zu bauen anfangen und allmählich größere Ziele anstreben. Vielleicht sollten wir auch die Töchter unserer Lords in diese Schule aufnehmen. Zunächst könnten wir ihnen schlichte Erkenntnisse übermitteln und dann abwarten, ob sie Fortschritte machen.«
»Was für eine großartige Idee, Mylord!«, lobte Hawk. Verblüfft und erfreut schaute Krysta ihn an, was ihm nicht entging. Grinsend sprach er weiter: »Vorausgesetzt, die Mädchen würden ihre weiblichen Aufgaben nicht vernachlässigen.«
»Das dürfen wir natürlich nicht gestatten«, stimmte der König zu. »Jedenfalls wäre es möglich...« Er verstummte und starrte nachdenklich vor sich hin. Dann lächelte er entschuldigend. »Verzeiht mir. Ständig überlege ich, wie ich die irdischen Aufgaben, die mir zugewiesen wurden, noch besser erfüllen kann. Wie auch immer, Lady Krysta, soeben wurde die erste Kopie eines neuen Buchs vollendet, eine Abhandlung über die Organisation der Regierung. Die möchte ich mir ansehen, und als ich Hawk einlud, mich zu begleiten, schlug er vor, Ihr solltet mitkommen.«
Das war also die Exkursion, die Alfred geplant hatte. Außer- gewöhnlich und wie aufschlussreich, was den Charakter des Königs betraf. Wie freundlich von Hawk, mich einzubeziehen, dachte Krysta. Eine weitere seiner zahlreichen Tugenden, die sie während einer trostlosen Zukunft in ihrem Herzen bewahren würde. Doch daran wollte sie jetzt nicht denken. Die Aussicht, ein neues Buch zu begutachten, noch dazu als eine der ersten Personen, die es sehen
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