Wikinger meiner Träume
gebaute Krieger in der Blüte ihrer Jahre. Jeden bedauernswerten Widersacher, der sich zwischen sie stellte, würden sie zerquetschen, ohne sich anzustrengen. Freundschaftlich schüttelten sie sich die Hände.
»Dragon! Wir haben dich erst in ein paar Tagen erwartet. Ist dir die Jagd schon so bald langweilig geworden?«, fragte Hawk grinsend. Seit seiner Hochzeit wirkte er etwas entspannter und unbefangener. Trotzdem drückte seine Stimme einen gewissen Argwohn aus, weil er bereits erfahren hatte, dass sein Wikinger-Freund ein Mädchen mitgebracht hatte -sein Freund, der demnächst heiraten sollte.
»Von ein paar Hasen abgesehen, fand ich keine Zeit für die Jagd. Leider kam mir etwas dazwischen. Und das will ich dir erzählen, bevor du's aus anderem Mund hörst.«
»Lässt sich die Geschichte mit einem Ale-Horn leichter verkraften?«
»Eher mit einem ganzen Fass«, erwiderte Dragon grimmig und folgte dem Gastgeber zum wuchtigen Eichentisch am anderen Ende der Halle. Sofort erschien ein Diener - wie üblich, seit Lady Krysta die Haushaltsführung ihrer verrückten Schwägerin übernommen hatte. Schon nach wenigen Minuten wurden Ale-Hörner, frisch gebackenes Brot, kaltes Fleisch und Käse serviert, denn Krysta glaubte, man dürfte nicht trinken, ohne zu essen. Nachdem der Dienstbote seine Pflicht erfüllt hatte, entfernte er sich taktvoll.
»Nun, wo liegt das Problem?« Hawk nahm einen großen Schluck, um den Staub des Turnierplatzes durch die Kehle hinabzuspülen.
Dragon zögerte nur kurz. »Wie du vermutlich schon erfahren hast, habe ich eine junge Frau mitgebracht, um die sich Krysta gerade kümmert - Lady Rycca of Wolscroft.«
Erstaunt hob Hawk die Brauen. »Deine Verlobte?«
»Meine widerspenstige Verlobte. Vor ein paar Tagen traf ich sie, nachdem sie in Männerkleidung aus dem Haus ihres Vaters geflohen war, statt hierher zu kommen und mich zu heiraten.«
Hawk räusperte sich und leerte sein Horn, denn er fand, diese Neuigkeit würde noch etwas mehr Ale erfordern. »Sie lief dir vor einigen Tagen über den Weg - und du bringst sie erst heute in meine Festung?«
»Wer sie ist, wusste ich nicht. Da sie sich weigerte, ihren Namen zu nennen...« Sarkastisch verzog Dragon die Lippen. »... verschwieg ich auch meinen. War doch sehr klug, nicht wahr?«
»Warum gewinne ich den nachhaltigen Eindruck, du würdest das Gegenteil meinen?«
»Ohne zu wissen, wer ich bin...« Eine Zeit lang starrte Dragon ins Leere, bevor er hinzufügte: »Ohne zu wissen, wer ich bin, schlief sie mit mir.«
Obwohl Hawk nicht sonderlich überrascht war, stieß er einen leisen Pfiff aus. »Nun, du hattest schon immer großen Erfolg bei den Frauen, darum musst du dich gar nicht bemühen. Natürlich fiel es dir leicht, eine verwirrte junge Unschuld zu verführen. Gewiss, sie hätte sich wehren müssen. Und du hättest nicht...«
»So war es nicht«, unterbrach Dragon seinen Freund, die Wangen hochrot. »Sie hat mich verführt.«
»Was?« Hawk konnte seine Entrüstung nicht verbergen. »Aber - als ich Wolscroft besuchte und sie sah, nahm ich an, sie wäre - unberührt.«
»Das war sie auch.« Dragon trank sein Horn leer, füllte es noch einmal und gab seinem Freund zu verstehen, mehr habe er zu diesem Thema nicht zu sagen.
Nach einer längeren Pause fragte Hawk: »Ist sie tatsächlich weggelaufen?«
»Ja, in Männerkleidung, ganz allein. Wahrscheinlich wollte sie sich nach Hawkforte durchschlagen und an Bord eines Schiffs gehen.«
»Allein?« Ungläubig schüttelte Hawk den Kopf. »Ein tollkühnes Wagnis!«
»Auch ich hielt sie für mutig. Aber ich täuschte mich - sie hat Angst vor mir, weil sie mich nicht kennt und zweifellos die schlimmsten Schauergeschichten über die Wikinger gehört hat. Nun, diese Gefühle muss sie überwinden, sonst wird der Friede zwischen unseren Völkern bedroht.« Wehmütig seufzte Dragon. Dass er die »tapfere Kriegerin« falsch eingeschätzt hatte, bedrückte ihn. »Sie dachte nur an ihr eigenes Wohl«, fügte er bedauernd hinzu.
Was er damit ausdrücken wollte, verstand Hawk nur zu gut. Jahrelang hatten sie für eine bessere Zukunft gekämpft. Nun galt es, den Frieden zu sichern. Diesem Ziel musste man sich bedingungslos unterordnen, ohne Rücksicht auf persönliche Wünsche, Bedürfnisse oder sogar Ängste. Hawk hatte ebenfalls aus diesen politischen Gründen einer Heirat zugestimmt, den Widerstand seiner Instinkte missachtet - und das Glück seines Lebens gefunden. Manchmal ging das Schicksal
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