Wikingerfeuer
immer Ihr tut: Ich will nicht, dass die anderen Schwertmänner dabei sterben. Auch ich will Frieden!«
Der Burgherr ging zum Tisch, ergriff den Sarazenendolch und wog ihn nachdenklich in den rauen Händen. Dann trug er ihn zu Rúna und hielt ihn ihr hin. »Ich glaube, dieses schöne Stück gehört Euch, Frau Rúna.«
Sie bedankte sich mit einem verblüfften Nicken.
»Wir zumindest haben schon einmal Frieden geschlossen.« Sein Lächeln war ehrlich. »Kann ich Euch noch etwas geben?«
Bevor sie antworten konnte, warf Rouwen ein: »Gebt Ihr als Erstes ein anderes Kleid, Herr Wulfher.«
»Und einen Bogen«, fügte sie hinzu. »Einen kleineren als den da.«
Erstaunt schüttelte der Burgherr den Kopf, doch bevor er etwas dazu sagen konnte, kehrten die zwei Männer zurück, die er nach dem Mönch geschickt hatte, und verkündeten, Bruder Oxnac weder in seiner Kammer noch in der Kapelle gefunden zu haben.
»So groß ist die Burg nicht, dass er sich vor Euch verstecken könnte«, knurrte Wulfher ärgerlich. »Und flüchten kann er auch nicht. Ich wünschte, er könnte es, und er würde dabei in irgendeinem Moor versinken oder von einem Felsen stürzen.« Er fluchte leise, dann wandte er sich wieder Rúna zu. »Wir finden ihn schon, Frau Rúna. Aber jetzt«, ein gefährliches Blitzen trat in seine Augen, »jetzt müssen wir uns rüsten.«
Es war eine kühle, stille, nicht enden wollende Nacht. Zusammen mit zwei Dutzend anderen Männern stand Rouwen auf dem äußeren Wehrgang, geschützt durch die fast brusthohe Mauer, und beobachtete das dunkle Land. Man hatte ihm Angus’ Kettenhemd wiedergegeben, dazu auch das Schwert und einen neuen schwarzen Umhang. In seinem weißen Templermantel mit dem roten Tatzenkreuz darauf hätte er sich wohler gefühlt, andererseits fragte er sich, ob es nicht geheuchelt wäre, das Zeichen seines Ordens so deutlich zu tragen. Er hatte sein Keuschheitsgelübde gebrochen. Er hatte seinem Vater und seinem verstorbenen Bruder Schande bereitet. Mochte es auch niemand erfahren, der Allmächtige und alle Heiligen wussten es doch …
Es gab so manchen Templer, der es nicht so ernst mit der Keuschheit nahm und trotzdem voller Stolz und Hingabe für den Orden und den Papst kämpfte. Ganz wie der Burgvogt es so schelmisch angedeutet hatte. Rouwen waren diese Heuchler immer zuwider gewesen.
Und jetzt gehöre ich selbst zu denen, dachte er.
Trotzdem bereute er nichts. All diese Überlegungen schmerzten nicht so sehr angesichts des Glücks, das er erfahren hatte. Das an seiner Seite stand. Rúna hatte von einem Burgknecht eine Tunika und lederne Beinkleider bekommen, von einer Magd die Schuhe und vom Burgherrn einen Gürtel, an dem ein Kurzschwert und ihr geliebter Sarazenendolch hingen. Erst hatte man ihr ein schlichtes, aber aus guter, fester Wolle gewebtes Kleid geben wollen. Doch sie hatte darauf bestanden, sich gut bewegen zu können, sollte es zum Kampf kommen. Die Männer waren verblüfft gewesen, als sie so im Hof erschienen war, doch ihr giftiger Blick und wohl auch ein mahnender seinerseits hatten genügt, um jeglichen Spott im Keim zu ersticken.
Er war stolz auf sie, auf seine Wikingerin. Und dass sie jetzt an seiner Seite war und mit ihm wachte. Seine Gedanken glitten zurück zu den letzten Stunden, zurück zu jenem Moment, in dem sie sich vereint hatten. Ihren glühenden Leib auf seinem, ihre Lippen … Eine Flamme hatte er im Arm gehalten, ein brodelndes Feuer. Es hatte ihn verbrannt, ihn getötet und in unbekannten Sphären wiedergeboren …
»Wann kommen diese Heiden endlich? Herr Rouwen? Herr Rouwen!«
Rouwen blinzelte.
Wulfher, der an seiner anderen Seite ausharrte, sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er hatte ihn offensichtlich schon mehrfach angesprochen.
Das durfte doch nicht wahr sein! Er, ein gut ausgebildeter und in vielen Schlachten erprobter Tempelritter träumte auf dem Wehrgang herum! Er straffte und räusperte sich. »Ich weiß auch nicht, wo sie bleiben, Herr Wulfher.«
Falls sie über die Felsen, welche die Burg umgaben, kamen, würden sie es nicht unbemerkt tun können – hinter den Zinnen des Turms lauerten weitere zehn Gewappnete. Ein Heer könnte Burg Daenston wohl erobern. Nicht jedoch ein Dutzend Männer. Mochten sie noch so gefährlich sein.
»Du kennst Yngvarr am besten«, wandte sich Rouwen an Rúna. »Was wird er tun? Wird er mit List angreifen? Oder mit berserkerhafter Wut in den Tod rennen? Und werden die anderen ihm ins Verderben
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