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Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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und kam auf ihn zu. Ein Schritt, zwei; er hob schon den Arm, um ihr die Hand zu bieten. Da stieß ihr Fuß gegen eine winzige Bank – ein Büßerbänkchen. Mit einem scharfen Misston, der unnatürlich laut klang, schlitterte es über den Steinboden.
    Verdammt! Er sprang hoch. Rúna hastete an seine Seite. Draußen wurde ein Riegel zurückgeschoben und der Schlüssel mit einem lauten Knarren im Schloss gedreht. Die Tür schwang auf, und der Schein einer erhobenen Fackel erhellte die karge Kammer.
    »Mädchen, du müsstest doch gefesselt im Bett liegen«, brummte der Wächter. »Wie kannst du also so einen Lärm machen … Teufel auch!« Er schrie bei Rouwens Anblick sofort nach Unterstützung, die sich mit raschen Schritten schon im nächsten Moment ankündigte. Ein weiterer Wachposten drängte sich herein, das Schwert halb aus der Scheide gezogen.
    »Bei allen Heiligen! Der Templer!«
    Wulfher von Edinburgh stand vor einer Wand voller kleiner Fliesen, die er, die Hände auf dem Rücken verschränkt, versunken betrachtete. Er drehte sich nicht um, als Rúna und Rouwen hereingeführt wurden. Es musste sich um das von Angus erwähnte römische Mosaik handeln. Eine Jagdszene, wie er es gesagt hatte: Halbnackte, doch bewaffnete Männer umringten fremdartige Tiere. Rúna erkannte zwei Löwen, doch das schwarz-weiß gestreifte Pferd und das gefleckte Tier mit dem ellenlangen Hals erschienen ihr eher wie Fabelwesen. Schließlich trat Wulfher zu einem wuchtigen Bohlentisch, auf dem im Schein eines fünfstrahligen Kerzenständers ein riesiger Foliant ruhte. Dahinter lag ihr Sarazenendolch.
    »Was soll ich von all dem halten?«, fragte er und blickte den Wachmann am Fenster auffordernd an, der einen riesigen Bogen in der Hand hielt, dann den jungen Diener, der ängstlich unterhalb des Fensters auf einer Truhe kauerte. Auch die beiden Burgknechte, die Rúna und Rouwen hierher geführt hatten. Aber keiner gab ihm eine Antwort.
    Schließlich sah er Rouwen an.
    »Bitte sagt mir, dass Ihr nicht meine Gastfreundschaft missbraucht habt.« Er klang müde. »Dass Ihr nicht mit meinen Feinden unter einer Decke steckt.«
    »Weder das eine noch das andere.« Rouwen wollte weiterreden, doch der Burgherr achtete gar nicht darauf.
    »Weshalb seid Ihr in die Kammer eingedrungen, in der sie gefangen gehalten wurde?« Fahrig wischte er sich durch sein abstehendes rotes Haar. »Seid Ihr überhaupt ein Templer?«
    »Das bin ich.«
    »Ihr wolltet die Frau befreien! Aber wie konntet Ihr glauben, dass das gelingt?«
    »Ich wollte keineswegs …«
    »Hinunter in den inneren Hof, ja, das kann ich mir noch vorstellen! Doch niemals wäret Ihr zu diesem Heidenpack gelangt, zu dem Ihr sie ja dann wohl bringen wolltet? Warum? Warum seid Ihr, ein Tempelritter, ein Handlanger dieser Leute? Das begreife ich nicht!« Er stütze die Hände auf die Tischplatte und senkte den Kopf, den er gramvoll schüttelte.
    Rúna dachte, dass er niemals etwas begreifen würde, wenn er nicht imstande war, zuzuhören. Unruhig trat sie von einem Fuß auf den anderen. Das winzige Messer war wieder in der Tasche ihres Kleides verborgen. Ihre Finger tasteten von außen sanft über den Griff, während sie mit der Linken den lästigen Riss in ihrem Kleid zusammenhielt. Auch Rouwen hatte sein Kampfmesser noch. Die Wachen hatten es nicht gewagt, es ihm abzunehmen. Aber er war auch klug genug gewesen, sie nicht damit zu bedrohen. Stattdessen hatte er den herbeieilenden Wachen gesagt, dass er den Burgherren zu sehen wünsche. Und tatsächlich hatten die beiden Wächter und drei weitere herbeigerufene Knechte höflich, doch aufs Äußerste wachsam, eine Eskorte gebildet, die Rouwen und sie zum Burgherrn brachte.
    Dieser hatte wohl auch noch kein Auge zugetan, als man ihn von dem Zwischenfall unterrichtet hatte. Die scharfen Schatten, die das Kerzenlicht warf, ließen sein erschöpftes Gesicht noch älter und ausgezehrter wirken, aber er war vollständig gekleidet und schien nicht gerade erst aus dem Schlaf gerissen worden zu sein. Vielmehr sah er ruhelos aus. Verzweifelt. Er war ein Mann, der nicht mehr ein noch aus wusste.
    »Herr Wulfher«, versuchte Rouwen zu ihm durchzudringen. »Ich soll Euch von Lady Athelna ausrichten, dass sie Euch liebt.«
    Wulfhers Kopf ruckte hoch. Schmerz spiegelte sich auf seinen Zügen, dann Weichheit, und er lächelte. »Wie kann es sein, dass Ihr Athelna getroffen habt? Ich dachte, Ihr kämt aus dem Heiligen Land?«
    »Mit einem kleinen Umweg, sozusagen

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