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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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roch nach Moschus.
    Als sie die Tiere auf den Zweigen junger Schösslinge brieten, merkte Joe, dass er zitterte. Er konnte sich nicht erinnern, je so hungrig gewesen zu sein. Am schlimmsten war das Warten, bis die Hühner gar waren.
    » Sind sie jetzt durch?«, fragte Stewie mehrfach. » Mann, riecht das gut.«
    Schließlich stach Joe sein Messer in eine Hühnerbrust. Der Saft war klar und tropfte zischend ins Feuer.
    » Gut«, sagte er. Das Wasser war ihm so sehr im Munde zusammengelaufen, dass er kaum sprechen konnte. Er gab Stewie den Ast, und der griff hungrig danach.
    Die Hühnerbrüste waren zart und hell und schmeckten schwach nach Pinienkernen. Joe aß ein Huhn mit den Händen, teilte das verbliebene Tier in der Mitte und gab Stewie eine Hälfte. Im Licht der Flammen sah er Stewies Lippen, Finger und Kinn vor Fett glänzen. Joe lehnte sich zurück und aß seine Keule auf.
    » Das«, erklärte Stewie mit Nachdruck und stets lauter werdend, » ist das Beste, was ich je gegessen habe!«
    Joe Pickett und Stewie Woods saßen sich auf der feuchten Erde am Feuer gegenüber und grinsten sich wie Schuljungen an, die gerade den tollsten Streich in der Geschichte der fünften Klasse verübt hatten.
    Joe sah auf seine Uhr: halb vier.
    » Gehen wir«, sagte er und rappelte sich auf. » Wir können uns keine Pause mehr leisten.«
    » Und wenn wir wieder auf solche Vögel stoßen?«, fragte Stewie heiter.
    » Hätte ich damals gewusst, was ich jetzt weiß, hätte ich Eine Welt völlig anders aufgezogen«, sagte Stewie gerade. » Ich hab die Organisation auf übliche Weise gebildet – mit mir als Vorsitzendem, mit einem Vorstand, mit Satzungen, Rundschreiben, dem ganzen Zeug. Es hieß, ich müsste das so machen, um erfolgreich Spenden zu sammeln, und wir haben wirklich viel Geld eingenommen. Aber es war falsch, mich vom Vorstand beschwatzen zu lassen, die Zentrale nach Washington zu verlegen. Alle wissen, dass ich in militantem Umweltschutz und Öffentlichkeitsarbeit einsame Spitze war. Doch die Spendenwerber begannen das Ruder zu übernehmen. Das war der Anfang vom Ende, und schließlich wurde ich ausgebootet.
    Dass wir Krisen brauchen, um Spenden aufzutreiben, stört mich an Eine Welt und den meisten Umweltgruppen. Es muss immer wieder neue Dämonen, neue Bösewichter geben, um Bewusstsein zu wecken. Deshalb können wir nie guter Dinge sein. Selbst wenn wir gewinnen – und das kommt mitunter vor –, sind wir nie glücklich darüber. Ich bin von Natur aus heiter; darum ist mir die Arbeit für die Organisation immer schwerer gefallen.
    Und wenn wir gewinnen, haben wir nichts mehr zu tun. Schlagzeilen gelten nur für den Tag und sind danach Schnee von gestern. Deshalb brauchen wir ständig neue Aufmacher. Das hat man rasch über, und es ist schwer, nicht zynisch zu werden, wenn man lernt, sein Anliegen als professionelles Spendeneinwerben zu begreifen.
    Müsste ich die Organisation noch mal schaffen – und womöglich tue ich das –, würde ich sie anders aufbauen: wie die Erd- oder die Tierbefreiungsbewegung – unhierarchisch. Diese Gruppen arbeiten kostengünstig und brauchen all den Spendenmist nicht. Und wirksam sind sie auch. Was glauben Sie wohl, woher Unabomber Ted Kaczynski seine Liste von Umweltsündern hatte? Die Zukunft unserer Bewegung liegt in kleinen, beweglichen, schwer aufzuspürenden Gruppen wie den Bolt Weevils in Minnesota, den Menehune auf Hawaii, den Seeds of Resistance in Wisconsin oder Genetix Alert. Wären wir so strukturiert gewesen, hätten uns die Mistkerle vom Viehzüchtertrust viel schwerer aufspüren können.
    Wie denken Sie darüber?«, fragte Stewie.
    » Worüber?«, fragte Joe, obwohl er alles gehört hatte.
    In tiefster Nacht erklärte Stewie, einen Großteil seines Lebens vergeudet zu haben. Er wurde missmutig und machte seine Selbstsucht für den Tod seiner Frau und das Sterben Britneys und all der anderen verantwortlich.
    » Als ich durch diese Berge kroch, hatte ich einen Gedanken, der mich noch immer verfolgt«, sagte er nur mehr flüsternd. » Ich habe mich gefragt, ob ich nicht Besseres bewirkt hätte, wenn ich all meine Zeit und Kraft darauf gerichtet hätte, Spenden zu sammeln, damit Land zu erwerben, darauf Bäume zu pflanzen und den ganzen Mist einem Spießerverein wie der Nature Conservancy zu überschreiben. Dann hätte ich im Leben wenigstens etwas vorzuweisen gehabt. Was ich jetzt habe, ist das hier …« – er wies auf den Himmel und die Baumkronen, meinte damit aber:

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