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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Folge und drückte noch zweimal ab, obwohl es nur noch klickte. Die Schüsse kamen ihm ungewöhnlich laut vor, und sie hallten lange im Canyon nach, bis sie endlich verklungen waren und Joe nur noch seine Ohren klingen hörte.
    Er rollte sich auf den Rücken, schüttelte die Patronenhülsen heraus, lud nach und ließ eine Kammer für den Schlagbolzen leer.
    » Haben Sie ihn getroffen?«, fragte Stewie.
    » Wahrscheinlich nicht. Aber jetzt weiß er wenigstens, dass wir uns zur Wehr setzen werden.«
    » Darauf können Sie Gift nehmen«, knurrte Stewie.
    Sie blieben in dem Loch, das die Wurzeln der umgestürzten Fichte gerissen hatten, noch ein paar Minuten liegen, die ihnen wie eine Stunde erschienen, und warteten auf weitere Schüsse, die aber ausblieben. Joe gingen die Bilder und Empfindungen der letzten beiden Tage durch den Kopf. Er mochte nicht glauben, was er gesehen und durchlitten hatte. Sein Leben war einzig und allein darauf reduziert gewesen, davonzukommen.
    Die ersten Tropfen in den Ästen über ihnen klangen wie Hagel auf einer Plane. Donner krachte. Die Wolken hingen tief und finster über dem Land, und die Gewitterfront verdrängte das letzte Blau. Jede Aussicht auf Rettung aus der Luft war damit vorderhand gestorben.
    Joe streckte sich aus und legte sich die .357er Magnum auf die Brust. Die ersten Tropfen im Gesicht ließen ihn zusammenzucken. Er schloss die Augen.
    Der Regen kam.

35
    » Wissen Sie, Joe, während der dreißig Tage, die ich nach der Explosion durch die Gegend gekrochen bin, habe ich viel gelernt«, sagte Stewie im Gehen. » Der Hunger, das Unwetter, der Schrecken, der über uns hängt – das alles bringt diese Dinge zurück.«
    Sie gingen bei schwachem, aber stetem Regen durch die Nacht. Joe war durchnässt, und wenn er den Kopf neigte, rann ihm Wasser vom Hut. Die schweren Wolken verdunkelten Mond und Sterne, und doch war es hell genug, um etwas zu erkennen. Mal Joe, mal Stewie verlor ab und an auf dem glitschigen Kiefernboden den Halt, und sie stolperten über Äste, die im Dunkel vor ihren Füßen lauerten. Doch sie gönnten sich keine Pause, sondern gingen immer weiter nach Süden. Sie blieben in Griffweite beieinander, um sich im Dunkeln nicht zu verlieren. Fast unmerklich steigen wir den Berg hinab ins Tal des Flusses, dachte Joe. Die Gegend hier war wesentlich leichter zu durchqueren als das Terrain auf der anderen Seite der Schlucht.
    » Fände man das Thema interessant, könnte man natürlich fragen, welche Dinge es zurückbringt«, fuhr Stewie sarkastisch fort, da Joe nicht reagiert hatte. » Nun, ich verrate es Ihnen. Es bringt die Gefühle und Überlegungen zurück, die ich hatte, als ich mich nachts unter einem Baum zusammenrollte oder wenn ich neben einer Straße kroch und hoffte, ein bestimmtes Anwesen zu finden. Wissen Sie, Joe, ich weiß, wo ein gewisser Gentleman – einer der größten Spender für Umweltinitiativen in unserem Land – ein zweites Haus hat. Ich war dort mal zu einer Besprechung gewesen. Es gab dort einen Hubschrauberlandeplatz, damit der Gentleman bei Bedarf rasch nach San Francisco fliegen oder von dort zu seiner Ranch kommen konnte. Wie auch immer – er besitzt Tausende von Hektar Land und einen viele Millionen Dollar teuren, bewachten Palast auf einer alten Ranch. Und ich bin den ganzen Weg dorthin gekrochen.«
    Stewie hatte während ihrer nächtlichen Wanderung eine ganze Reihe von Monologen gehalten. Joe machte das nichts aus, da sie ihn von Hunger und Erschöpfung ablenkten. Er hörte schließlich beim Fahren auf der Landstraße auch gern Wortbeiträge im Radio.
    » Aber wissen Sie, was geschah, als ich sein Land erreichte, Joe?«
    » Was?«
    » Der Mistkerl hatte einen drei Meter hohen Bisonzaun um seine Ranch gezogen und ihn unter Strom gesetzt. Ich machte den Fehler, den Zaun zu berühren, und wäre beinahe verschmort. Einen ganzen Tag lang bin ich um das Gelände gekrochen, ohne einen Weg hinein zu finden.
    Dieser Mann gibt Umweltgruppen wie Eine Welt Hunderttausende Dollar, damit wir die Schweine bekämpfen, die die Erde zerstören, kauft aber eine riesige alte Ranch in den Bergen und lässt rundherum einen Elektrozaun gegen Bisons ziehen, um alle auszusperren«, stieß Stewie zornig hervor.
    » Ist das nicht sein gutes Recht?«, fragte Joe.
    » Es ist sein Recht, aber gut ist daran nichts«, widersprach Stewie wütend. » Es ist so verdammt elitär und scheinheilig: Er baut einen Palast, wo einst ein kleines Ranchhaus stand, sperrt

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