Wilde Pferde in Gefahr
quietschten, Reifen jaulten, dann hielt der Wagen dicht neben ihr.
Sie riss die Tür auf und sprang auf den Beifahrersitz. »Fahren Sie!«, rief sie dem verdutzten Fahrer zu. »Nun fahren Sie doch endlich! Schnell, ich werde verfolgt! Die Männer da hinten! Sie wollen mich umbringen! Fahren Sie los!«
Der Fahrer sah die Verfolger kommen und trat das Gaspedal durch.
17
»Was sind das für Männer?«, fragte der Mann am Steuer. Er sah wie ein Geschäftsmann aus, tadellos sitzender Anzug mit gelockerter Krawatte, etwas aufdringlichesRasierwasser. »Was soll das heißen … sie wollen Sie umbringen?«
Peggy stand immer noch unter Schock. »Die Mustangjäger …«, blieb sie nahe bei der Wahrheit. »Ich hab gesehen, wie sie ein Fohlen erschossen haben. Sie wollten mir einen Denkzettel verpassen, damit ich es nicht weitersage.«
»Mustangjäger?« Er blickte sie genauer an. »Sind Sie etwa …« Er griff nach der Zeitung auf dem Armaturenbrett und hielt sie hoch. »Sie sind Peggy Corbett, nicht wahr? Die Rodeoreiterin. Über Sie steht ein großer Artikel in der Zeitung. Sie wollen Dixie Malone schlagen, stimmt’s?«
Peggy griff nach der Zeitung und las die Schlagzeile: »Peggy greift nach den Sternen«. Die ernste Lage, in der sie sich befand, hinderte sie daran, zu lächeln. »Die Zeitungsleute übertreiben gern«, sagte sie. »Um an Dixie Malone vorbeizukommen, muss man schon einen sehr guten Tag erwischen. Sie trainiert in Texas unter Profibedingungen.«
»Ich drücke Ihnen jedenfalls die Daumen«, versicherte der Mann, »nicht nur beim Rodeo. In der Zeitung steht, dass Sie Wild Horse Annie beim Kampf gegen die Mustangjäger helfen. Ich bin auch dafür, dass diese Hetzjagd endlich aufhört. Es muss doch möglich sein, ein Schutzgebiet für die Tiere einzurichten.«
»Dafür kämpft Annie schon seit vielen Jahren«, erwiderte sie. »Sie lässt sich nicht aufhalten!«
Sie fuhren eine Weile schweigend dahin. Peggy lauschte dem leisen Brummen des Motors und dem Singen der Räder auf dem Asphalt, kniff die Augen gegen das grelle Licht der Scheinwerfer zusammen, als ihnen ein Bus entgegen kam.
»Die Männer vorhin«, sagte er nach einer Weile, »wollten die ihnen wirklich was tun?«
Sie wollte ihm nicht die ganze Wahrheit verraten. »Ja, aber wahrscheinlich wollten sie mir nur ein wenig Angst einjagen. Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe.«
»Schon gut«, erwiderte er und lächelte stolz. »Meine Frau wird Augen machen, wenn ich ihr erzähle, dass ich einer Freundin von Wild Horse Annie geholfen habe. Sie ist Lehrerin an unserer Highschool und wahnsinnig stolz darauf, einen Brief von ihr bekommen zu haben, auch wenn derselbe Brief an alle Schulen gegangen ist. Sie hat ihre Schüler ein Bild mit Mustangs malen lassen und es zusammen mit einem Brief an unseren Kongressabgeordneten gesandt.«
»Wunderbar«, freute sich Peggy. »Sagen Sie Ihrer Frau und den Kindern einen schönen Gruß, und wir würden uns wahnsinnig über ihre Aktion freuen.«
Wenig später erreichten sie die Abzweigung zur Ranch. Peggy bat den freundlichen Mann anzuhalten und bedankte sich bei ihm. »Alles Gute!«, rief er ihr nach.
Sie wartete, bis der Buick davongefahren war, und machte sich auf den Heimweg. Der Mann hatte ihrangeboten, sie bis zur Ranch zu fahren, aber sie hatte lächelnd abgelehnt und gesagt: »Von hier hab ich nicht mehr weit.« Sie wollte noch ein wenig allein sein, bevor sie Annie und Charlie traf, ihre Gedanken ordnen und sich überlegen, was sie sagen sollte. Die beiden waren sicher böse auf sie, weil sie eigenmächtig gehandelt und sich in große Gefahr gebracht hatte.
Viel Zeit zum Überlegen blieb ihr nicht. Schon an der ersten Biegung kam ihr ein Pick-up entgegen. Sie erkannte gerade noch rechtzeitig, dass es sich um den Wagen der Mustangjäger handelte, und versteckte sich rasch hinter einigen Büschen am Straßenrand. Durch die Zweige und im Mondlicht erkannte sie den Mexikaner hinter dem Steuer. Er wirkte zufrieden. Anscheinend hatte er bekommen, was er wollte. Die dramatischen Bilder, die sie am Nachmittag aufgenommen hatte, waren für immer verloren. Sie fluchte leise. Ihr Ausflug … die Gefahr, in die sie sich begeben hatte … alles umsonst. Aber was war Annie und Charlie schon anderes übrig geblieben?
Sie wartete, bis Santiago weit genug entfernt war, damit er sie nicht zufällig im Rückspiegel erkennen konnte, und verließ dann ihr Versteck. Nachdenklich lief sie weiter. Als sie zur Ranch sah
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