Wilde Pferde in Gefahr
Agenturen haben deine Fotos an alle großen Zeitungen geschickt. New York, Chicago, Los Angeles, Phoenix, Sacramento … nicht nur nach Nevada.«
»Selbst die Zeitungen an der Ostküste haben die Fotos abgedruckt.« Charlie kam gar nicht mehr mit dem Staunen nach. »Wisst ihr, was die New York Times und die Chicago Tribune für Auflagen haben?«
Der Stapel Zeitungen und Zeitschriften, den dieAgentur mit der Post geschickt hatte, war so hoch, dass Charlie ihn kaum auf dem Schoß halten konnte. »Hier, das Sierra Magazine : »Geschichte wird auf unterschiedliche Weise geschrieben. Es ist schon ungewöhnlich, dass eine friedliebende Frau aus Nevada die Welt auf den verklingenden Hufschlag der Mustangherden aufmerksam gemacht hat. Aus dem verzweifelten Wiehern der Pferde machte sie einen Fanfarenstoß des Protestes.« Und seht euch das an: »Zeitungen aus Australien, Indonesien, Schottland. Das hier muss japanisch sein. Überall auf der Welt setzen sie sich für unsere Mustangs ein. Annie, du hast es fast geschafft. Jetzt muss das Gesetz kommen.«
»Wenn es kommt, habt ihr einen großen Anteil daran«, gab Annie das Kompliment zurück. »Welcher Mann setzt sich schon so für das Anliegen seiner Frau ein? Und du, Peggy … ohne deine Fotos wären wir noch lange nicht so weit.« Sie blickte eine Weile nach vorn, als würden die Häuser von Reno, die wie schattenhaft in die Sonne ragten, eine einzigartige Anziehungskraft auf sie ausüben. »Aber wir sind noch nicht am Ziel. Solange der Kongress den Gesetzesvorschlag von Congressman Baring nicht akzeptiert, haben wir nicht gewonnen.«
»Wenn die Abgeordneten diese Berichte lesen, können sie gar nicht mehr anders«, war Charlie optimistisch. »Du wirst sehen, jetzt wird alles gut. Vergiss die Kinder nicht. Die Highschool, in der du heute Morgensprichst, ist nur eine von vielen. Du hast doch die Briefe gesehen. Fast alle Kinder dieses Landes stehen hinter dir und fast alle haben an den Kongress geschrieben. Erinnerst du dich noch an den Brief des kranken Jungen? Ich kenne ihn auswendig: ›Gegen meine Krankheit gibt es keine Medizin, ich muss sterben. Aber die Mustangs könnten alle leben, wenn die bösen Männer sie nicht einfangen und töten würden.‹ Wusstest du, dass er seinen Brief auch an Präsident Eisenhower geschickt hat? Wenn der nicht sein Herz erweicht …«
Vor der Highschool im Westen der Stadt stiegen sie aus. Annie hatte Peggy eingeladen, zu ihrem Vortrag mitzukommen und selbst ein paar Worte zu sagen. Peggy konnte zwar mit Kindern umgehen, wie sie auf der Ranch bewiesen hatte, doch es war etwas anderes, vor einer ganzen Schule zu sprechen. Trotz ihrer Nervosität hatte sie zugesagt. Wenn es half, das Gesetz voranzutreiben, war sie zu vielem bereit. Nach Annies Rede würden sie mit Gordon Harris zu Mittag essen, er hatte sie alle in ein Steakhaus eingeladen.
In der Highschool warteten die Schüler bereits. Die Cafeteria war bis auf den letzten Platz gefüllt, als der Direktor sie vorstellte: »… und deshalb ist es mir ein großes Vergnügen, euch heute Morgen die Frau anzukündigen, die sich wie keine andere dem Schutz unserer wilden Mustangs verschrieben hat: Wild Horse Annie!«
»Und ich möchte«, kündigte Annie nach ihren einführenden Worten an, »dass meine Mitarbeiterin undgute Freundin Peggy Corbett einige Worte zu euch sagt. Einige von euch kennen Peggy vielleicht schon. Sie ist ein großer Rodeo-Star. Beim letzten Rodeo in Reno hat sie den zweiten Platz im Barrel Racing belegt.«
Peggy war etwas unwohl zumute, als sie vor die vielen Schüler trat, ließ sich aber nichts anmerken. Sie deutete aus dem Fenster. »Seht ihr die Fairgrounds? Wie ihr sicher wisst, findet dort jedes Jahr unser großes Rodeo statt. Ich war vier Zehntelsekunden langsamer als die Siegerin und hatte mir geschworen, sie beim nächsten Rodeo in Carson City zu schlagen. Aber so weit kam ich gar nicht. In den Painted Rocks musste ich zusehen, wie Mustangjäger eine Herde Wildpferde mit einem Flugzeug jagten und mit Lassos einfingen, an die man schwere Autoreifen gebunden hatte. Sie schossen sogar auf die armen Tiere. Sie sagten mir, dass sie die Pferde zum Schlachthof bringen würden, damit man Hunde- und Katzenfutter aus ihnen macht.« Sie sah einige ungläubige Gesichter. »Ihr glaubt mir nicht? Annie wird euch gleich einige Fotos zeigen, die leider beweisen, dass es wahr ist. Ich habe damals beschlossen, die Siegerin von Reno auch beim Rodeo in Carson City gewinnen
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