Wilde Rosen: Roman (German Edition)
wollte. Und das Leben auf der Farm macht mich so viel glücklicher.«
Ihr Glück wurde mit jedem Wort, jeder Geste offenbar, aber May fragte sich, welchen Anteil daran die Farm ausmachte und welchen James. Vielleicht brauchten manche Frauen einen Mann, der ihnen half, sich selbst zu erkennen. Sie seufzte unwillkürlich und hoffte, die anderen beiden hätten nichts davon bemerkt.
»Hab’ ich euch erzählt, daß dieses niedliche alte Ehepaar aus Victoria Mansions kommt!« sagte Sally. »Ihr wißt schon, Captain und Mrs. Walker. Ihr Sohn bringt sie her. Ich habe ihnen erzählt, daß sie James und mich praktisch zusammengebracht haben, und sie haben sich so riesig über die Einladung gefreut.«
»Ich hoffe, sie sind zufrieden mit der Putzhilfe, die ich ihnen gesucht habe«, sagte May. »Sie waren fast die einzigen Kunden, bei denen ich ein richtig schlechtes Gewissen hatte, als wir mit dem Putzen aufgehört haben, um Vollzeit für Rupert zu arbeiten.«
»Sie sagen, sie sei eine Perle.«
»Wo ist James?« fragte Harriet. »Haben wir ihn verscheucht?«
»Ach was. Er müßte jeden Moment kommen. Heute abend ist sein Junggesellenabschied. Seine Schwäger holen ihn ab. Hab’ ich euch von der Hochzeit erzählt?«
»Was sonst müssen wir wissen, außer daß wir die Brautjungfern sind«, fragte May trocken.
Sally sah sie mit verengten Augen an. »Es gibt eine Vorführung von Appalachian Clog Dancing. Dave hat das arrangiert und tanzt selber auch mit. Dave ist James’ rechte Hand auf der Farm. Jedenfalls ist das eine riesige Ehre für James, die Tanzgruppe ist immer schon Monate im voraus ausgebucht.«
»Und was genau ist Appalachian Clog Dancing?« erkundigte sich Harriet.
»Es kommt aus Amerika, eine Mischung aus irischem Stepptanz und Holzschuhtanz mit ein bißchen Square Dance. Es ist wirklich super!«
»Hm«, machte May.
»Und anschließend gibt’s einen Scheunenball.«
»Wie bäuerlich. Fast möchte man sagen, pastoral.« May unterdrückte ein Lächeln. »Hast du Piers eingeladen?«
»Nein«, erwiderte Sally lachend. »Ich glaube, ihm würde das keinen besonderen Spaß machen. Aber euch, das verspreche ich. Und es gibt jede Menge kernige junge Burschen in der Tanzgruppe, die sich schon darauf freuen, mit den eleganten Damen aus London zu tanzen.«
»Nun, dann steht ihnen eine Enttäuschung bevor. Ich bin weder elegant noch eine Dame«, grummelte May.
»Kommt Leo, Harriet?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, er ist zu beschäftigt mit der Malerei und dem angenehmen spanischen Leben. Es ist wirklich genau das richtige für ihn, er kommt gut voran.« Harriet lächelte strahlend, um ihren Freundinnen zu zeigen, daß sie wunderbar damit zurechtkam, daß sie wirklich überhaupt nicht an gebrochenem Herzen litt.
May, die den Bluff mühelos durchschaute, wechselte das Thema. »Kommt sonst irgendwer, den wir kennen?«
»Ähm ... na ja ... Matthew!« sagte Sally hastig. »Matthew kommt direkt von der Schule.«
»Oh, klasse. Ich hab’ ihn ewig nicht gesehen. Wo schläft er?«
»Hier im Haus«, sagte Sally. »Er konnte sich mit dem Gedanken an ein Ferienhaus voller Hochzeitskleider nicht anfreunden.«
»Ihr habt ihn doch nicht gezwungen, den Pagen zu mimen? In Knickerbockers oder einem Kilt?« fragte May.
»Nein. Ihm fällt die wichtige Rolle zu, der Braut die Kirchentür aufzuhalten. Das wird er großartig machen«, sagte Matthews Mutter. »Als ich das Wort Page erwähnt habe, hat er gestreikt.«
»Das wundert mich nicht«, brummte May. »Und wer führt dich an den Altar, Sally?«
»Liz’ Mann, Peter. Er war von Anfang an so nett zu mir, und ich finde, es ist blödsinnig, Daddy zu dem Zweck extra aus Saudi-Arabien herzuzitieren, es wär’ so gräßlich für Mummy.«
»Ich freu’ mich darauf, deine Mutter kennenzulernen«, sagte Harriet.
Sally lächelte. »Sie kommt morgen.«
»Und bringt sie irgendwen mit?«
»Du meinst, ihren Freund? Nein, zum Glück nicht. Sie hat zu mir gesagt ›Er ist ein netter Kerl, Liebes, aber nicht gerade der Mann, den du der neuen Familie deiner Tochter vorstellen willst.‹ Sie ist felsenfest überzeugt, daß ich in den Landadel einheirate. Was sie wohl sagt, wenn sie die Farm hier sieht? Oh, da kommt James!«
May beobachtete, wie James und Sally sich nach einer Trennung von nur wenigen Stunden begrüßten, und mußte einen dicken Kloß hinunterschlucken, den nicht nur Rührung, sondern auch eine gute Portion Neid verursacht hatte.
»Darum heiraten die Leute also«,
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