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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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sie ihm immer einen Kuss auf die Stirn gegeben hatte, wenn sie ihn ins Bett brachte, als er ein kleiner Junge war, tat er das nun auch.
    Â»Träum was Schönes.« Er legte die Kaschmirdecke über sie. Was für ein blöder Spruch. Als könne man seine Träume beeinflussen. Und als könne sie in dieser Situation einen schönen Traum haben. Die Worte waren ihm automatisch über die Lippen gekommen, so wie sie ihr damals immer automatisch über die Lippen gekommen waren. Ein Ritual, das sich in diesem Moment umkehrte. Und das heute so wenig zu bedeuten hatte wie damals. Das Wichtige war, dass sie die Kleine war, die Schwache. Verzagte. Sollte sie sich ruhig so fühlen, wie er sich immer gefühlt hatte.
    Â»Ich gehe in die Firma und rede mit den Leuten. Sie sind sicher außer sich vor Sorge. Ich muss ihnen erklären, dass alles so weitergeht wie bisher.«
    Â»Dein Vater wird stolz auf dich sein, wenn er zurückkommt.« Es war nur ein verschwommenes, kaum verständliches Murmeln. Aber es traf Caspar wie ein Keulenschlag. Das war das Wichtigste. Auch jetzt, da alle sicher waren, dass Leon tot war, war es für seine Frau immer noch von größter Bedeutung, dass er auf seinen Sohn stolz sein konnte. Leise schloss er die Tür hinter sich. Wie still es im Schloss war. Und wie düster. Düsterer noch als zu normalen Zeiten. Die Mädchen hatten alle Vorhänge zugezogen. In den unzähligen Leuchtern brannten Kerzen. Es war ein Totenhaus geworden. Das Leben schien erloschen. Doch in Caspar loderte eine helle Flamme. Er war lebendig. Er hatte sein Leben noch vor sich. Eine tiefe Zufriedenheit bemächtigte sich seiner. Und das Gefühl einer überwältigenden Dankbarkeit. Danke, Papa. Danke, dass du dich aus meinem Leben davongemacht hast. Du bist tot. Und ich werde endlich so leben, wie ich es immer gewollt habe.
2
    Â»Céline, Michel, Leon. Drei Menschen, die sich seit ihrer Jungend kannten. Und jetzt ist Céline tot, Leon verschollen und der dritte, Michel, sitzt im Gefängnis.« Marie konnte nicht aufhören zu grübeln. Das Einzige, was sie sicher wusste, war, dass ihr Vater Céline nicht getötet hatte. Wusste sie es wirklich? Oder wollte sie es nur glauben? Aber wenn Michel es nicht gewesen war? Den Gedanken, dass Leon seine engste Mitarbeiterin getötet haben könnte, hatte sie doch verworfen. Aber jetzt war Leon verschwunden. Vermutlich tot. Konnte es sein, dass er doch der Fahrer des Autos gewesen war, das Céline getötet hatte? Wenn einer gewusst haben könnte, dass Michel das Auto von Monique noch besaß, dann doch Leon. Und sicher hatte er auch gewusst, wie er an den Schlüssel kommen konnte. Was, wenn Leons Verschwinden gar nicht auf einem Unfall beruhte? Was, wenn er sich das Leben genommen hatte? Aus Schuldgefühlen?
    Â»Vielleicht hat Leon sich umgebracht.« Paul, der gerade die Spaghetti in den Topf gab, drehte sich zu Marie um. Meinte sie das ernst?
    Â»Was sollte er für einen Grund haben? Dem Mann geht es glänzend.«
    Â»Und wenn er … wenn er es war, der deine Mutter …«
    Ach, es klang so absurd. Sie wusste es doch selbst, dass das eine vollkommen verrückte Überlegung war.
    Â»Und dann hat er es deinem Vater in die Schuhe geschoben? Und als der dann gestanden hat, bringt er sich um?«
    Nein. Das war alles nicht logisch. Paul wandte sich wieder seinem Tomatensugo zu. Er blubberte schon eine Stunde auf dem Herd, und sein intensiver fruchtiger Duft verbreitete sich in dem kleinen Haus. Er konnte sich auch keinen Reim machen auf dieses neuerliche Unglück, das die Menschen in Concarneau und vor allem Marie verunsicherte.
    Â»Ich komme einfach nicht davon los, dass es da etwas geben muss, das wir alle nicht wissen. Etwas, das Céline, Michel und Leon verbindet.« Marie starrte in den Computer, den sie hochgefahren hatte. Die Seite der Firma Menec baute sich auf. Fotos der imposanten Fischfangflotte, der Fabrik, des Verwaltungsgebäudes. Alles beeindruckend modern. Die Zahlen, die man dazu lesen konnte, sprachen nur von Erfolg.
    Â»Drei Monate nachdem die Helena untergegangen ist, hat Leon meinem Vater das Café du Port geschenkt. Mit dem er zum Sternekoch geworden ist. Ein Jahr nach dem Untergang der Helena legte Leon den Grundstein für seine Fischfabrik. Nur ein Jahr später. Das musst du dir mal vorstellen.«
    Â»Er wird sicher eine Menge Geld von der Versicherung

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