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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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wirklich an. Claire hatte recht, man wusste nie, was kommen würde, und für den Fall der Fälle musste alles geregelt sein. Als er sich zu ihr umdrehte und sie direkt ansah, lag in seinen Augen eine Bangigkeit, die sie schon lange nicht mehr bei ihm gesehen hatte.
    Â»Muss sie sich denn Sorgen machen?«
    Â»Natürlich nicht.« Ihre Antwort kam ein bisschen zu hastig. Sie versuchte das mit einem leisen Lachen zu kaschieren. »Sie hat den besten Mann der Welt, der sich um sie kümmert.«
    Â»Aber manchmal reicht alles Kümmern nicht. Denkst du das nicht auch?«
    Sie konnte ihn nicht ansehen, tippte ein paar Daten in den Computer. Und wünschte sich, er würde endlich gehen. Aber Leon ließ nicht locker.
    Â»Du würdest es mir sagen, wenn wir uns Sorgen machen müssten, oder? Wenn du eine von deinen Ahnungen hättest?«
    Â»Aber Leon.« Sie zwang sich, ihm in die Augen zu sehen. »Du hast noch nie etwas auf meine Ahnungen gegeben, wenn ich dich daran erinnern darf. Es ist für dich Hokuspokus.«
    Sie schaltete den Computer aus. Plötzlich war es dunkel in ihrem Büro. Nur der Vollmond warf sein graues Licht herein.
    Â»Hängt es mit dem Auftauchen von Marie zusammen?«, fragte Leon leise in die Dunkelheit. »Ist sie der Bote der unausweichlichen Veränderungen?«
    Sie wollte ihm nicht antworten. Sie würde lügen müssen, wenn sie ihm keine Angst machen wollte. Und sie hatte ihn nur ein einziges Mal angelogen. Damals, als er sie gefragt hatte, wie ihr Urlaub in den Staaten gewesen sei. Da hatte sie geantwortet, dass es ganz großartig gewesen sei und sie die drei Monate sehr genossen hätte. Die Wahrheit war, dass es die furchtbarste Zeit ihres Lebens gewesen war. Dass sie gar nicht in den Staaten gewesen war. Dass sie sich bei einer Cousine weit entfernt in den Pyrenäen versteckt und dort ein Kind zur Welt gebracht hatte. Sie hatte keine andere Wahl gehabt, als ihn anzulügen, weil sie nicht wollte, dass alles durcheinanderkommen würde. Sein Leben. Ihr Leben. Und das Leben der kleinen Familie, mit der er damals noch glücklich gewesen war. Jetzt war er wieder mit einer Frau glücklich und mit seinem Sohn. Sollte sie ihm sagen, dass sie spürte, dass das alles bald zu Ende sein würde?
    Â»Lass uns nach Hause gehen, Leon.« Sie nahm die schicke kleine Chanel-Tasche, die er ihr zum letzten Geburtstag geschenkt hatte und die so gar nicht zu ihr passte. Sie wusste schon lange, dass Claire alle Geschenke für sie aussuchte. Mit denen sie in der Regel Célines Geschmack nicht traf. Aber was spielte das für eine Rolle? Leon liebte diese Frau an seiner Seite. Er war glücklich mit ihr. Céline wünschte ihm von ganzem Herzen, dass das noch lange so bleiben würde.
    Als sie Leons Auto nachsah, das hinter einem Gebäude verschwand, fasste sie einen Entschluss. Sie würde mit Michel reden. Sie würde versuchen, ihn davon zu überzeugen, dass es das Beste wäre, wenn Marie wieder in ihr eigenes Leben in Paris zurückginge. Ohne dass er ihr die Wahrheit gesagt hatte. Man konnte das Schicksal nicht ändern, dessen war sie sich sicher. Aber vielleicht konnte man manche Ereignisse ein wenig beeinflussen. Versuchen wollte sie es jedenfalls. Vielleicht würden sie alle noch ein wenig Aufschub bekommen, bevor die Katastrophe endgültig über sie hereinbrach. Vielleicht waren es ja nur die Vorboten des großen Sturms, den Xavier kommen sah.
    Wie so oft ging Céline in dieser mondhellen Nacht den Weg am Strand entlang auf ihr kleines, in eine Düne geducktes Haus zu. Als Mädchen hatte sie gern dem leisen Plätschern der nächtlichen Wellen gelauscht, wenn sie wieder einmal vor den endlosen Streitereien ihrer Eltern von zu Hause geflüchtet war. Sie hatte sich in eine Sandmulde gekuschelt, in der sie, vor dem Wind geschützt, ihren Gedanken nachhängen konnte. Und hatte von den Geschichten geträumt, die das Meer ihr erzählte. Erst waren es Geschichten gewesen von fantastischen Reisen in die weite Welt, von einem Prinzen aus dem Morgenland, der sie auf seiner luxuriösen Yacht mitnehmen würde in ein Leben voller Reichtum und Liebe. Dann, als sie älter wurde, hatte sie davon geträumt, als Forscherin den Dschungel zu erkunden oder die fernen Inseln unter dem Wind. Und schließlich hatte sie weinend in den Dünen gesessen und das Kind, das in ihrem Bauch heranwuchs,

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