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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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kleinen Gruppe Menschen zugerannt. Sie hatten Blumensträuße in den Händen. Und Luftballons. Sie musste verhindern, dass er noch einmal schoss. Sie musste ihn anhalten. Bleiben Sie stehen. Da hatte er sich umgedreht. Und die Waffe auf sie gerichtet.
    Lassen Sie die Waffe fallen. Er hatte geschossen. Sie fühlte die Wucht des Schlags, als die Kugel sie traf. Fühlte den brennenden Schmerz und die verzweifelte Gewissheit, dass er weiterlaufen und noch einmal schießen würde.
    Marie saß keuchend auf der Bank, zu der Paul sie geführt hatte. Die Erinnerung an die Geschehnisse in Paris war mit einer derart ungeheuren Wucht zurückgekehrt, dass sie glaubte, ersticken zu müssen.
    Â»Es tut mir leid.« Wie durch eine dicke Lage Watte hörte sie die Stimme des Mannes, der neben ihr saß. »Soll ich Sie zu einem Arzt bringen?«
    Der Notarzt wird gleich da sein. Halten Sie durch. Sie müssen durchhalten. Marie erkannte die Stimme wieder. Sie hatte auf dem Boden gelegen, hatte gespürt, wie ihre Uniform nass wurde. Dieser Mann hatte sich das Hemd vom Leib gerissen und auf ihre Wunde gedrückt. Und er hatte auf sie eingeredet. Dass alles gut würde. Dass Hilfe schon unterwegs sei. Und dabei hatte er eine abgrundtiefe Angst in seinen Augen gehabt.
    Â»Es ist alles in Ordnung. Es geht mir gut«, hörte sie sich sagen. Und dabei war gar nichts in Ordnung. Der Moment der Wahrheit war auch der Moment, in dem Marie Lamare die Lüge erkannte.

Drittes Buch –
RÜCKKEHR

1
    Als Michel die Kiste mit den Fischen vom Boot seines Freundes Pierre auf die Ladefläche seines kleinen Pickups wuchtete, hörte er Maries Stimme. Sie klang anders als sonst. Lebendiger. Entschlossener. Und voller Wut.
    Â»Marie, sieh dir das an, die Doraden sind …«
    Â»Ich fahre zurück nach Paris. Mein Chef wird sich schon wundern, wieso ich mich so lange nicht gemeldet habe.«
    Sie wusste alles.
    Â»Marie, hör mir zu. Ich kann dir alles erklären.«
    Doch Marie hatte sich schon wieder umgedreht und lief auf den langen Steg davon, an dem die Fischerboote festgemacht hatten. Michel rannte atemlos hinter ihr her. Die Gedanken in seinem Kopf spielten verrückt. Was war nur passiert? Wieso erinnerte sie sich plötzlich an alles?
    Â»Marie, warte. Lass uns reden. Ich will nicht, dass du einfach so weggehst.«
    Verzweifelt versuchte er, sie aufzuhalten. So durfte es nicht enden. Er musste ihr doch erklären, wieso er ihr nichts gesagt hatte. Dass er sie nur hatte beschützen wollen.
    Marie rannte die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Sie wollte nichts hören. Nicht von diesem Mann. Der ihr vorgemacht hatte, dass er ihr Vater war. Ja, natürlich, Michel Dumont war ihr Vater. Das stimmte. Aber sonst stimmte überhaupt nichts. Mit einem Schlag lag ihr ganzes Leben wieder glasklar vor ihr. Ihr Leben, das ohne Michel Dumont stattgefunden hatte. Wie kam dieser Mann dazu, sie derart anzulügen? Sie warf ein paar der neuen Sachen, die sie sich mit Michels Geld gekauft hatte, in eine kleine Reisetasche. Hastig, ohne nachzudenken. Nur schnell weg von hier. Sie musste nach Paris. Musste wissen, was mit Jean war. Musste Thomas anrufen. Mein Gott, Thomas – er würde doch umkommen vor Sorge. Was dachte er, was mit ihr passiert wäre? Bestimmt hatte er von dem Vorfall erfahren. Und sie dann nicht mehr gefunden. Weil ihr Vater – der Mann, der vorgab ihr Vater zu sein – sie entführt hatte. Aus ihrem Leben hinein in etwas, das sich als komplette Lüge herausgestellt hatte.
    Michel fühlte sich hilflos, als er Maries wütende Aktion beobachtete.
    Â»Lauf nicht weg, Kind. Es hatte alles einen Grund, dass ich dir nichts erzählt habe. Ich wollte einfach nur, dass …«
    Maries dunkle Augen waren schwarz vor Zorn.
    Â»Du wolltest mir mein Leben wegnehmen. Du hast mich angelogen. Du hast mir vorgemacht, dass wir ein gutes Verhältnis haben. Wie kann ein Mensch so was tun?«
    Sie drängte sich an ihm vorbei durch die Tür.
    Â»Bitte, bleib hier. Oder sag mir, wann du wiederkommst. Du kannst doch nicht einfach …«
    Â»Doch, das kann ich. Genau da weitermachen, wo ich vor der Schießerei aufgehört habe. Ich gehe zurück in mein Leben. In dem du keinen Platz hast.«
    Sie wollte nur weg. Schnell weg aus dieser Lüge, die nicht ihr Leben war.
    Michel konnte ihr nur noch schnell ein paar Geldscheine in die Hand

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