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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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verbracht, durch das Land zu reiten. Ich war auf dem Weg zurück nach Konstantinopel, als ich Serevan entdeckte.«
    ROSS kostete die Suppe. Sie enthielt Joghurt, Reis und Minze und schmeckte köstlich. »War die Festung zu der Zeit noch eine Ruine?«
    »Ja. Die östliche Grenze Persiens ist durch die ständigen Überfälle turkmenischer Banden schrecklich verarmt. Viele der Dorfbewohner wurden in Buchara als Sklaven verkauft, andere hatten sich einen sichereren Ort zum Leben gesucht.«
    Er riß ein Stück von dem Fladenbrot ab und tauchte es in den hummus, eine Gemisch aus Kichererbsen und verschiedenen Gewürzen. »Serevan wirkt, als könnte es ernsthaften Attacken trotzen.«
    »Jetzt ja, aber als ich hierherkam, waren die Mauern eingestürzt und der Hauptbrunnen vergiftet, so daß nur noch wenige Menschen hier lebten.« Juliet nippte an ihrem Glas und blickte abwesend in die Ferne. »Trotzdem habe ich mich in den Ort verliebt. Die Berge und die Wüste haben etwas Elementares, etwas Reines an sich. Saleh lebte hier im Dorf. Er ist Usbeke, ursprünglich aus Buchara.«
    Das fesselte ROSS’ Aufmerksamkeit. Er würde mit Saleh sprechen, bevor er abreiste. Vielleicht konnte ihm der Mann aus Buchara einige nützliche Informationen geben.
    Er fragte sich insgeheim auch, ob der Usbeke möglicherweise Juliets Liebhaber war - er war zwar alt genug, um ihr Vater sein zu können, aber das besagte nichts. Er zwang sich, an ein anderes Thema zu denken. »Und da du Lady Hester Stanhope immer schon bewundert hast, hast du beschlossen, es ihr nachzutun und hier dein eigenes, kleines Königreich aufzubauen?«
    »Ich nehme an, man könnte es so auffassen.« Juliet stand auf und räumte die leeren Schüsseln weg. Dann stellte sie eine Platte mit gebratenem Lamm auf den Tisch, das mit einem Rand aus Reis, gemischt mit Nüssen und Trockenfrüchten, umgeben war. »Ich war es leid, ständig zu reisen und wollte mich irgendwo niederlassen. Geld ist Macht, und meine jährlichen fünfzehnhundert Pfund reichten aus, um neue Brunnen zu bezahlen, die Festung wieder aufzubauen und Vieh und Samen zu kaufen. Als einmal klar war, daß sie hier sicher waren, kamen die Leute grüppchenweise zurück. Inzwischen haben wir eine ganz anständige Gemeinde. Die meisten sind Perser, aber wir haben auch Usbeken und Afghanen, sogar ein paar Turkmenen. Sie sind alle willkommen, solange sie mit ihren Nachbarn in Frieden leben.
    Es ist eine ziemlich feudalistische Regierung mit mir als Herrin des Besitzes.«
    Widerwillig mußte ROSS sich selbst eingestehen, daß sie sein Geld gut eingesetzt hatte. Es wäre ein leichtes gewesen, die Summe in Europa zu ihrem eigenen Vergnügen zu verprassen, doch statt dessen hatte sie in einem zerrissenen Land eine Insel des Friedens und des Wohlstands geschaffen. Und es bedurfte mehr als Geld, um etwas Derartiges zu regieren - die Männer von Serevan würden ihr nicht gehorchen, wenn sie sie nicht zu respektieren gelernt hätten.
    »Wo wir gerade bei Lady Hester Stanhope waren …
    hast du mitbekommen, daß sie gestorben ist? Vor über eineinhalb Jahren.«
    »Nein, das habe ich nicht mitbekommen. Aber vermutlich sollte ich nicht überrascht sein - sie war alles andere als jung, Dennoch
    … sie war so lange eine Legende, daß ihr Tod schwer zu akzeptieren ist.« Juliet wirkte bedrückt. »Als ich auf Zypern war, hatte ich kurz überlegt, nach Syrien zu reisen, um sie endlich einmal kennenzulernen, wollte dann aber warten, bis ich aus Persien zurückkehrte. Nun, ich bin hier geblieben und werde nie wieder die Möglichkeit haben, sie zu treffen.«
    »Vielleicht ist das gerade gut«, sagte ROSS. »Sie war eine faszinierende Person, aber sie kam mit Männern soviel besser zurecht als mit Frauen. Wahrscheinlich wäre sie recht rüde mit einer jungen Frau umgegangen, die ihr so ähnlich war. Auf diese Weise kannst du dir deine Illusionen erhalten.«
    Juliets Augen weiteten sich. »Du hast Lady Hester Stanhope kennengelernt?« Als ROSS nickte, rief sie aus: »Bitte erzähl mir alles über sie.«
    »Nicht heute abend.« ROSS teilte den Rest Wein auf ihre beiden Gläser auf. »Warum die Tuareg-Tracht?«
    Sie lächelte. »Sie verleiht mir eine geheimnisvolle Aura. Das ist nicht das Schlechteste in einem Land, wo die Mythen so mächtig wie die Realität sind - oder vielleicht sogar noch mächtiger.
    Außerdem schützen die Schleier mich vor der Sonne und verbergen die Tatsache, daß ich eine Frau bin. In Serevan weiß es natürlich

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