Wilder Engel (German Edition)
Durst, obwohl sie doch gleichzeitig den Champagner fast wie ein Glas Wasser hinunterschüttete.
Dieser Zustand hielt zwei, drei Minuten an, bis es Angela gelang, wieder in die Realität zurückzukehren.
Sie waren davongekommen. Aber nur dank Elkes Kenntnissen.
Sie hatte gewusst, welche Pflanzen und Knollen man essen konnte, wie man Wasser filtern musste, um es genießbar und sauber zu bekommen, welche Pflanzen mit hoher Wahrscheinlichkeit giftig waren und sogar, wie man gefährliche Spinnenbisse behandeln und überleben konnte, falls man noch dazu ein bisschen Glück hatte.
Obwohl es natürlich auch Elke und ihr Forscherdrang gewesen waren, die sie überhaupt erst in die missliche Lage geraten ließen. Sich zu verirren nämlich, mitten im Amazonasgebiet.
Dumm gelaufen, das Ganze.
Elke war so fasziniert gewesen, dass sie nicht mehr genug Vorsicht walten ließ, und Angela hatte von Haus aus und schon immer einen schlechten Orientierungssinn gehabt.
Im Grunde war es natürlich auch ganz einfach, sich in einer solchen Gegend zu verirren. Das war schon ganz anderen Leuten passiert.
Sie klang banal, die Geschichte, aber so ist das Leben eben. Banal, und gerade deswegen häufig auch so gefährlich. Aus der Banalität entwickeln sich gerne und plötzlich Unordnung und Chaos. Und schon hat man den Salat.
Hinterher war man immer schlauer, ganz klar. Und andere Leute hätten natürlich auch ganz genau gewusst, was zu tun gewesen wäre! Solange sie sicher an ihren Schreibtischen saßen in irgendwelchen Büros.
Draußen in der Wildnis aber, im Dschungel, da änderte sich alles. Manchmal schneller, als man schauen und erst recht denken konnte.
Sie hatten überlebt, weil Elke viel Ahnung von der Homöopathie hatte. Und natürlich auch, weil das Glück ihnen zu Hilfe gekommen war, in Gestalt eines Trupps amerikanischer Zoologen, die sich zielgerichtet in die Gegend begeben hatten und offenbar einigermaßen genau wussten, was sie taten und warum.
Elke, die Unverwüstliche, hatte sich entschlossen, mit dem harten Kern des Trupps weiterzuziehen. Während Angela das Angebot angenommen hatte, im Kleinflugzeug, welches einige der Amerikaner zurück in die Zivilisation bringen sollte, das Weite zu suchen.
In Rio de Janeiro holte sie aus dem Banksafe, den sie und Elke zu Beginn gemietet hatten, ihre Kreditkarte und etwas Bargeld ab. Sie fuhr im Taxi zum Flughafen und wartete im Stand-by-Bereich auf eine Möglichkeit, zurück nach Europa zu kommen.
Zum Abschied hatte Elke vorgeschlagen: »Warum gehst du nicht für eine Weile wieder nach Teneriffa, um dich zu erholen und dann weiterzusehen, was du machen willst. Meine Wohnung steht leer, ich bin froh, wenn sich jemand darum kümmert.«
Das erste Flugzeug, das einen freien Sitz nach London hatte, brachte Angela zurück. Nur wenige Stunden nach der Ankunft fand sie einen Platz in der Boeing 747 nach Teneriffa.
Sie bestellte ein weiteres Glas Champagner, was ihr ein etwas mitleidiges Lächeln der Stewardess einbrachte.
»Die ganze Flasche wäre billiger gekommen!«, sagte die junge Frau in der blauweißen adretten Bluse mit Schlupfkragen.
»Dann bringen Sie mir doch einfach die ganze Flasche!« Angela lächelte und zwinkerte der Flugbegleiterin zu. »Jetzt ist es auch schon egal.«
»O ja, ich kenne das!«, lautete die fröhliche Antwort.
Das ältere englische Paar, mit dem Angela sich die Dreier-Sitzreihe teilen musste, blickte sie etwas argwöhnisch von der Seite her an. Immerhin wurde eben das Frühstück für die Passagiere serviert, und es war 4.30 morgens. In etwa anderthalb Stunden würde die Maschine auf Teneriffa landen.
»Champagner am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen«, sagte Angela auf Deutsch und prostete dem Paar fröhlich zu.
Die beiden schauten jetzt erst recht skeptisch drein, bemühten sich aber um ein Lächeln. Verstanden hatten sie natürlich nichts.
»Ich komme direkt aus Rio de Janeiro«, erklärte Angela nun auf Englisch. »Mein Biorhythmus ist völlig durcheinander.«
Jetzt war das Eis gebrochen, die nächsten zehn Minuten, bis endlich die Frühstückstabletts gereicht wurden, durfte sich Angela die gesammelten Reiseabenteuer des Paares anhören.
Was gut war, denn es lenkte sie von den eigenen Grübeleien für ein Weilchen ab.
Dann tauchte irgendwann der Vulkankegel des Teide unter ihnen auf, und der Pilot meldete, dass bereits der Sinkflug eingeleitet sei. Landung in etwa zwanzig Minuten.
Angela lehnte sich zurück, schloss den
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