Wilder Engel (German Edition)
Mädchen. Und passen Sie auf sich auf, hören Sie!«
Angie nahm ihre rote Prada-Tasche an sich und bedankte sich nochmals bei Maggie.
Damit ist die Entscheidung also gefallen, Allister Fraser aus Aberdeen!, dachte sie. Du hast sie selbst gefällt! Ich werde dich nicht mehr treffen, und das ist wahrscheinlich auch gut so.
Sie winkte Maggie noch einmal zu und ging. Prada-Tasche und Buch hatte sie in dem Bastkorb verstaut, in dem auch ihre wenigen Utensilien ruhten, die sie zum Strandbesuch gebraucht hatte.
Die Blicke des Mannes im Rücken, die ihr hartnäckig folgten, solange Angie noch am Strand entlangwanderte, spürte sie nicht. Erst als sie einen Schwenk machte und zur Promenade hochlief, wo sie schließlich von der ersten Häuserzeile verschluckt wurde, löste der Mann sich aus dem Schatten des riesigen Hibiskusstrauches, der eine Ecke des Sugar-Cafés gegen den offenen Strand hin abgrenzte.
Während Maggie drinnen in der Küche lautstark herumwerkelte, zündete der Mann sich ein Zigarillo an.
»Abreisen willst du also, Engelchen, soso«, murmelte Cameron leise vor sich hin, während er gleichzeitig versuchte, seine Gedanken zu ordnen. »Das wollen wir doch mal sehen! Immerhin ist der wichtigste Teil deines Auftrages noch nicht erfüllt, mein Mädchen.«
18
A uf dem Weg zurück in die Pension Julia fiel Angie dann auf, dass sie tatsächlich ganz vergessen hatte, Schuhe einzukaufen. Der Gedanke entlockte ihr lediglich ein wehmütiges Lächeln.
Immerhin war ihr mittlerweile bereits alles egal, morgen um diese Zeit würde sie längst schon nicht mehr hier sein, wozu sich also Gedanken machen. Bergschuhe würde sie auch keine mehr brauchen, weil diese spontane Idee, Allister zu begleiten, ohnehin unrealistisch gewesen war. Von Anfang an.
Außerdem hatte er durch die klammheimliche Rückgabe ihrer Handtasche gezeigt, was er von einem Wiedersehen hielt: NICHTS nämlich.
Okay, dann sollte es ihr auch recht sein. Es war mit Sicherheit besser so, für sie beide. Vor allem für ihn.
Auch wenn sie den Menschen Allister nicht besonders gut kennen gelernt hatte, eines war Angie dennoch klar geworden: Es handelte sich um einen guten Kerl mit einem großen, weiten Herzen.
Dieses Herz war wohl schon einmal ernsthaft verletzt, vielleicht auch gebrochen worden. Seine raue Schale, die er gerne nach außen hin zeigte, verriet ihr das. Das Letzte, was Allister Fraser aus Aberdeen verdiente, war eine neuerliche Bauchlandung in Sachen Liebe.
Und da sie selbst sich nicht verlieben durfte, sich auch nicht verlieben wollte, war es besser abzureisen, ehe sie ihm möglicherweise ebenfalls wehtun musste.
Ihr Unterbewusstsein signalisierte ihr deutlich, was auch Maggie ihr hatte übermitteln wollen: Allister suchte nach Liebe. Nach wahrer Liebe. Er war reif dafür. Und er hätte ihr, Angie, allzu gerne diese Liebe als Geschenk überreicht.
Nein, es gab nur diesen einen Ausweg: Abreisen!
Morgen früh im Morgengrauen.
Er würde die Episode mit dem Wolken-Engel bald vergessen haben und sein Leben wieder in den Griff bekommen. Ebenso wie die wahre Liebe, die ihm sicher früher oder später begegnen würde.
Leb wohl, Allister Fraser! Wir sind uns ohnehin an jenem Morgen nur rein zufällig begegnet. Das war nicht eingeplant gewesen von der Regie, aber Pannen passieren eben.
Angie schlich sich ein letztes Mal unter Julia Gonzales’ offenem Fenster durch und in ihr Apartment.
Dort kramte sie die Hermes-Reisetasche aus dem Schrank hervor und wollte sich eben daranmachen, ihre Sachen einzupacken.
Halt, Angie, was machst du da?
Das ist doch unsinnig!
Du brauchst diese flotten Klamotten nicht, da, wo du hingehst. Lass sie hier für Mama Ingeborg, oder für Julia Gonzales’ Tochter Maria.
Angie setzte sich aufs Bett und stützte nachdenklich den Kopf in beide Hände.
Es war wohl tatsächlich am besten, genau in demselbenAufzug abzureisen, in dem sie auch angekommen war. In der knappen Jeans und dem noch knapperen Top, Kredit-und Ausweiskarte in der Gesäßtasche. Der Laptop musste natürlich mit zurück, das war wichtig. Das Spezialmodem durfte nicht in die falschen Hände geraten. Es würde eine Sache von zwei Minuten sein, höchstens, den mobilen Computer in der Reisetasche zu verstauen. Das hatte also Zeit bis zum Morgengrauen.
Angie stand auf, holte einen Zettel und einen Kuli herbei und schrieb einen kurzen Abschiedsgruß für Julia darauf. Außerdem kündigte sie nochmals die baldige Ankunft von »Mama Ingeborg« an.
Sie
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