Wildes Begehren
besonders ausgeprägt, schon seit seiner Geburt stellte er alle anderen in den Schatten. Sobald er den Raum betrat, fiel er sofort auf. Statt Conner zu verstecken, zogen alle Nutzen aus seinem Talent. Denn er konnte gelangweilt, amüsiert und gleichgültig aussehen, und das alles zur gleichen Zeit.
Elijah regte sich zum ersten Mal, was die allgemeine Aufmerksamkeit
auf ihn lenkte. Er war früher im Drogengeschäft gewesen und kannte alle Beteiligten vom Hörensagen. Auch er war ein gefährlicher Typ mit charismatischer Ausstrahlung. »Vielleicht könnte ich den Job übernehmen. Ich habe den richtigen Lebenslauf. Mein Name würde dieser Imelda Cortez bestimmt etwas sagen, wenn ich ihn verraten würde. Doch damit bekäme Santos’ Ruf einen Knacks.« Er warf einen schnellen Blick zu Felipe und Leonardo hinüber. »Es tut mir leid; ihr wisst, dass ich die Wahrheit sage. Imelda wird Erkundigungen über uns einziehen, und mein Name ist weltweit jeder Polizeidienststelle bekannt. Aber vielleicht macht meine Anwesenheit es für sie auch noch interessanter uns einzuladen. Ich könnte den Verführer spielen.«
Rio musterte seinen Schwager. Elijah hatte von Vater und Onkel ein Drogenimperium geerbt. Als Elijahs Vater versucht hatte, sich aus den illegalen Geschäften zurückzuziehen, hatte der Onkel seinen Bruder getötet und dessen Kinder, Elijah und Rachael, nach seinen Vorstellungen großgezogen. Elijahs ganzes Leben war eine Gratwanderung zwischen Leben und Tod gewesen. Er war noch nicht bereit für eine Schlüsselposition bei einer Mission. Zweifellos würden sein Aussehen und seine faszinierende Persönlichkeit auf Imelda anziehend wirken, doch noch fehlte ihm jener Charme, der Conner angeboren schien. Die vier Narben auf Conners Wange erhöhten diesen Reiz nur noch.
Rio gestattete es sich, Conner zu mustern. Er selbst hatte ihn dafür ausgewählt, Isabeau Chandler zu umgarnen. Und schließlich war er es gewesen, der ihren Vater umgebracht hatte. Conner hatte noch versucht, Chandler zu retten, doch der hatte eine Waffe gezogen, um den Leiter des Terroristencamps zu schützen. Er hatte Rio keine Wahl gelassen. Conner
stand dabei in der Schusslinie und redete noch auf den Mann ein, doch Isabeaus Vater weigerte sich, seine Chance zu nutzen. Also hatte Rio abgedrückt und so zwar Conners Leben gerettet, doch die Seele seines Freundes schien unrettbar verloren.
Isabeau war völlig schockiert gewesen. Nie würde er vergessen, was für ein Gesicht sie gemacht hatte, als sie begriff, dass Conner sie benutzt hatte, um Zutritt zum Camp zu bekommen. Jedes Mal, wenn Rio daran dachte, schauderte es ihn, und nun bat er Conner, das Gleiche noch einmal zu tun. Imelda war zwar keine Unschuld wie Isabeau, trotzdem blieb es ein lausiger Job, egal, wie man es betrachtete.
Conner zuckte die Achseln. »Danke für das Angebot, Elijah, aber es bringt nichts, wenn wir uns beide die Finger schmutzig machen. Du hast noch eine Chance. Meine habe ich längst vertan. Als Frauenheld kannst du deiner Gefährtin nicht imponieren. Das klappt einfach nicht.«
»Ich habe mir schon oft genug die Finger schmutzig gemacht«, bemerkte Elijah. »Es gibt einiges, worauf ich nicht sonderlich stolz bin.«
»Das geht uns allen so«, erwiderte Conner, »aber das habe ich nicht gemeint. Dies ist etwas anderes, obwohl Imelda zum Abschaum der Menschheit gehört. Wenn du sie verführst und mit ihr schläfst, wirst du deiner Gefährtin, solltest du sie irgendwann finden, nicht in die Augen sehen können.«
Rio öffnete den Mund, doch er konnte nichts dagegen sagen. Mit einer so schweren Sünde auf dem Gewissen hätte er nie zu Rachael zurückkehren können, dennoch bat er Conner schon wieder, sich diese Last aufzubürden. Was er tat, war nicht richtig, doch ohne Einladung gab es keinen Weg in Imeldas Festung.
»Du hast das schon einmal gemacht«, betonte Elijah. »Es ist nicht fair, dich wieder in diese Situation zu bringen.«
»Ich weiß bereits, wer zu mir gehört. Isabeau Chandler ist meine Gefährtin«, entgegnete Conner. »Aber nach dem, was ich ihr angetan habe, wird sie mir keine zweite Chance geben. Und eine andere Frau will ich nicht, denn dann würde ich ihr die Chance nehmen, selbst glücklich zu werden. Ich weiß nur zu gut, wie so etwas ausgeht.« Conner klang verbittert und er gab sich alle Mühe, seinen Ton zu ändern. Lässig zuckte er die Achseln. »Ich habe nichts mehr zu verlieren, Elijah, du dagegen alles. Ich mache das jetzt noch ein
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