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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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so beschränkt, daß er gar nicht merkte, wie wenig begehrenswert Rachel als Frau war.
    Das stimmte nicht, denn er war längst nicht so einfältig, wie die meisten Leuten dachten. Daß er Rachel Wilder nicht verurteilte, war nicht nur seiner großzügigen, toleranten Natur zu verdanken, sondern der Tatsache, daß er sie schlicht und einfach liebte, seit er sie das erste Mal gesehen hatte – in aller Stille, ehrlich und mit seinem ganzen großen Herzen. Seine Liebe zu ihr war für ihn so selbstverständlich wie die Luft, die er atmete, und er fragte nie danach, wieso er sich ausgerechnet jemanden ausgesucht hatte, dessen Natur seiner so fremd war wie die eines Rehs der eines Büffels.
    Rachel erwiderte seine Liebe nicht, das wußte er. Und deshalb würde sie ihn auch nie heiraten, und das brachte ihn zur Verzweiflung. Er hätte sie zu jeder Bedingung genommen, wäre unsagbar geehrt gewesen, daß sie bereit war, seine Frau zu werden. Aber so sehr sie seine Güte und Liebenswürdigkeit schätzte, so teuer und lieb er ihr als Freund war, konnte Rachel keinen Mann heiraten, den sie nicht liebte. Ihr junger Körper schmerzte nicht vor Begierde, wenn Ox ihre Hand in die seine nahm. Ihr Herz flatterte nicht wie die Schwingen eines gefangenen Vogels an seiner Brust. Ihr Verstand und ihre Seele schrien nicht nach der seinen, als wäre ihre Welt ohne ihn dunkel und leer.
    Das waren Rachels Träume von Liebe, geboren aus den Gedichten und Romanen, die sie als Kind gelesen hatte und immer noch las; Liebe, dieses Gefühl, das wie die Funken zwischen den Hörnern der Rinder im Präriesturm sprühte. Die Liebe ihrer Eltern füreinander war so stark gewesen, daß sie, als sie erkannten, daß sie dem Tornado, der ihr Schicksal war, nicht entrinnen konnten, eng umschlungen gestorben waren und jeder versucht hatte, den anderen mit seinem Körper vor dem Wirbelsturm zu schützen. Rachel hatte noch nie für einen Mann so heftige Gefühle verspürt, und einem Ehemann wollte sie nicht weniger geben, und auch sie als seine Frau wollte sich nicht mit weniger zufriedengeben. Und weil solche Liebe ihr nicht beschieden war, legte sie ihre Träume sorgfältig beiseite und versuchte, so freundlich wie möglich Gustave Oxenbergs Avancen abzuwehren, leider vergeblich.
    Das also war ihr Leben gewesen, bis India starb – India, die Burns, Shakespeare, Byron und Tennyson auswendig kannte und die vor sehr langer Zeit den Schlüssel zu ihren eigenen Träumen umgedreht und weggeworfen hatte. Jetzt aber, nach dem Eintritt der mutterlosen Beecham-Kinder in Rachels Leben, war die versteckte Hoffnungstruhe in ihrem Herzen heimlich aufgeschlossen worden, der Staub und die Spinnweben sanft weggeblasen und die Lavendelsäckchen zwischen ihren Träumen behutsam ausgeschüttelt worden. Entgegen ihren eigenen strengsten Regeln hatte sie es sich gestattet, wieder Hoffnung zu schöpfen, zumindest auf einen Teil all dessen, was sie längst aufgegeben hatte.
    Und jetzt sollte ihr all das von diesem Revolvermann, der da vor ihr stand, weggenommen werden, von diesem Mann mit den seltsam unergründlichen mitternachtsblauen Augen, die ihr winziges, verletzliches Herz gnadenlos zerquetschten. Rachel hatte noch nie jemanden so gehaßt wie Slade Maverick in diesem Augenblick. Sie verachtete ihn von der Spitze seines flachkrempigen Sombreros bis zu den Sohlen seiner schwarzen Stiefel. Was wußte er schon von Träumen, von Liebe, er, der hart wie Stahl und zäh wie getrocknetes Rindfleisch war? Wenn er überhaupt ein Herz hatte- was Rachel bezweifelte – war es wohl aus Feuerstein. Am liebsten hätte sie ihn einfach über den Haufen geschossen.
    Statt dessen richtete sie sich auf und senkte ihre Waffe. Dann sagte sie höflich, aber kühl: »Darf ich Sie ins Haus bitten, Mr. Maverick? Jonathan? Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Aber bei deinem Schwager wäre ich vorsichtig. Aus irgendeinem Grund scheint er dich genauso widerlich zu finden wie ich.« Sie warf einen angewiderten Blick auf Beecham.
    Er war immer noch gezeichnet von seinem Kampf im Silver Slipper, und daraus und aus seinem Verhalten schloß sie ganz richtig, daß er bereits eine Lektion von seinem Schwager bekommen hatte. Zumindest das konnte man Slade Maverick hoch anrechnen, wenn auch sonst nichts, denn sie konnte immer noch nicht glauben, daß die Beecham-Kinder bei ihm besser aufgehoben sein sollten als bei Jonathan. Was sollte denn ein Revolverschwinger von Kindern verstehen?
    Die Männer folgten

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