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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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und reichte ihm, getrieben von ihrer eigenen guten Erziehung, zögernd die Hand.
    Slade war überrascht von dieser Geste und seltsam berührt. Er zog langsam seinen Lederhandschuh aus und nahm ihre Hand in die seine. Die körperliche Berührung war nur kurz, aber Rachel spürte sie am ganzen Körper. Seine Hand war so warm, so stark. Ihre war darin ganz verloren. Doch sein Griff war eigenartig sanft, als hätte er Angst, ihr die Knochen zu brechen, wenn er zu fest drückte. Das hatte sie nicht erwartet. Als er losließ, zog sie ihre Hand schnell weg.
    Die Kinder waren verschwunden, aber sie hörte, wie Jonathan sie in den Wagen lud. Das Haus war jetzt seltsam still, als hielte es die Luft an und wartete. Aber worauf, wußte Rachel nicht zu sagen. Dann, endlich, ging Slade zur Tür, und das Klirren seiner Sporen durchbrach die Stille.
    Jetzt sah Rachel, daß Jonathan sein Pferd und die Milchkuh an den Wagen gebunden hatte. Eve saß mit Tobias, dem Baby, neben ihrem Vater auf dem Kutschbock. Susannah, Andrew und Naomi kauerten, um sich vor dem Wind zu schützen, auf der Pritsche unter der Plane. Keiner sagte ein Wort, als Slade sich in den Sattel schwang und seinem Pferd die Sporen gab.
    Der Wagen entfernte sich, und die Kinder starrten mit traurigen und anklagenden Augen zurück zu Rachel, die alleine auf der Schwelle stand und ihnen nachsah. Sie zwang sich, zu lächeln und zu winken. Aber keines der Kinder erwiderte das Lächeln oder das Winken. Rachel konnte es ihnen nicht verdenken. Sie fühlte sich wie ein Verräter.
    Durch den Schleier ihrer Tränen schaute sie ihnen nach, bis die kleine Truppe nur noch ein Fleck auf der Ebene war. Dann ging sie mit einem tiefen Seufzer zurück ins Haus. Es dämmerte bereits, und sie hatte noch Arbeit zu erledigen.
    Doch als sie im Haus war, tat sie gar nichts. Sie setzte sich in ihren Schaukelstuhl, ohne zu schaukeln, und starrte mit leerem Blick auf die alte, leere Kiste, die Tobias als Wiege gedient hatte. Unbewußt rieb sie sich die Hand, die sie Slade Maverick gereicht hatte. Jetzt war sie kalt, das seltsame Kribbeln war verschwunden. Eigentlich hätte sie froh darüber sein sollen, dachte sie.
    Nach langer Zeit erhob sie sich fröstelnd und schürte das Feuer im Herd, dann streckte sie ihre Hände den Flammen entgegen. Plötzlich bemerkte sie, daß die Wärme der Flammen kein Vergleich war mit der Wärme, die von Slade Mavericks schwieliger Hand ausgegangen war.

II. BUCH
E IN TAPFERER UND EHRLICHER G EIST

8. KAPITEL
Die Prärie, Kansas, 1875
    Rachel wünschte, Gus, wie sie Gustave Oxenberg nannte, hätte sich nicht ausgerechnet diesen Abend ausgesucht, um ihr den Hof zu machen, denn sie hatte einfach nicht die Kraft, mit ihm höfliche Konversation zu betreiben, was immer sehr anstrengend war. Und noch schlimmer war die Tatsache, daß er eine Ziege mit Kitz mitgebracht hatte. Er hatte gehört, Ziegenmilch sei besser für Babies als Kuhmilch. Er war außer sich, als er erfuhr, daß die Kinder mit Ausnahme von Gideon, Caleb und Philip jetzt alle bei ihrem Onkel, einem Revolvermann, waren. Offensichtlich wußte er auch nicht, was er mit der Ziege und dem Kitz tun sollte; er selbst konnte die meckernden Tiere nicht gebrauchen und hatte sie deshalb Rachel mitgebracht.
    Sie wünschte zwar, der Schwede würde endlich aufhören, ihr den Hof zu machen, aber es rührte sie doch, daß er an den kleinen Tobias gedacht hatte. Also sagte sie Gus freundlich, er solle die beiden Tiere in die Scheune bringen, und sie würde dafür sorgen, daß Poke sie mitnahm, wenn er die Jungs nach dem Abendessen nach Hause fuhr. Schließlich sah sie keine andere Möglichkeit, als ihren hartnäckigen Verehrer, wenn auch widerwillig, zum Abendessen einzuladen.
    Es war eine sehr trübsinnige Mahlzeit. Gus, der ohnehin große Schwierigkeiten hatte zu reden, aß wie ein Pferd. Er fand ohnehin, daß Tischgespräche reine Zeitverschwendung waren, wenn man doch essen mußte, und die übrigen waren so niedergeschlagen von dem Gedanken, daß die Beecham-Jungs sie jetzt auch noch verlassen mußten, daß sie kaum etwas sagten. Auch war die Abwesenheit der anderen Kinder deutlich spürbar, und Rachel war heilfroh, als das Mahl beendet war.
    Die Buben sprangen sofort auf und begannen abzuräumen, eine Arbeit, die sonst ihre Schwestern erledigten, und die die Jungs jetzt so langsam wie möglich machten, um den unvermeidlichen Abschied hinauszuzögern. Rachel wußte, daß sie das eigentlich nicht hätte dulden dürfen,

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