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Wildhexe 1 - Die Feuerprobe

Wildhexe 1 - Die Feuerprobe

Titel: Wildhexe 1 - Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lene Kaaberbol
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des Rabenkessels zurückziehen. Ob Kahla sich wohl auch irgendwo dort draußen versteckte und beobachtete, wie es lief? Ich war mir sicher – auch wenn ich sie nicht sehen konnte.
    Die sieben Rabenmütter hatten sich zwischen den Bäumen aufgestellt und so einen Zirkel gebildet.
    Sie begannen zu singen.
    Dieses Mal war es nicht nur ein leises Summen. Sie sangen noch immer ohne Worte, aber so kräftig, dass ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Es war, als würden Bäume, Erde und Luft anfangen zu vibrieren, lauter und lauter tönte ihr Gesang, bis es fast nicht mehr zu ertragen war.
    Der Schnee schmolz. Nicht langsam, nach und nach, sondern im Laufe weniger Augenblicke, wie ein Stück Butter, das in einer heißen Bratpfanne zergeht. Unter meinen Füßen bebte die Erde, dann bildete sich ein Riss. Von jeder Rabenmutter aus lief ein Feuerstrahl über den Boden auf mich zu. Die Flammen bildeten einen Ring um mich herum, eine lodernde Mauer, die mir so heiß und hungrig entgegenschlug, dass ich die Augen schließen musste. Ich spürte, wie meine Wimpern und Augenbrauen verschmorten und zu Asche wurden.
    Ich stand im Herzen eines Feuersterns. Und ich war nicht alleine.
    Da war etwas in den Flammen. Ich sah es nicht, denn ich wagte die Augen nicht zu öffnen. Aber mit dem Wildsinn konnte ich es spüren. Das Feuer war lebendig. Es war nicht nur etwas , es war jemand .
    Wer bist du?
    Nicht ich stellte diese Frage, sondern das Feuer. Das dröhnende, alles verzehrende Feuer, das mich in einem einzigen Atemzug verschlingen, mich zerstören und zu Asche verbrennen konnte.
    Es fragte nicht nur nach meinem Namen. Es wollte wissen, was ich war.
    »Wildhexe«, flüsterte ich und versuchte, nicht so viel brennend heiße Luft einzuatmen. »Ich bin eine Wildhexe.«
    Und was ist das?
    Für einen Moment überkam mich wieder Panik. Wie sollte ich das erklären? Gab es überhaupt eine richtige Antwort? Oder eine falsche?
    Was war eine Wildhexe? Was war ich eigentlich?
    »Jemand, der die Tiere liebt. Jemand, der die ganze Wilde Welt mag.«
    Das war nicht verkehrt, das konnte ich spüren. Aber das Herz des Feuers wartete noch immer. Es schien noch mehr hören zu wollen. Ich erinnerte mich plötzlich an etwas, das Tante Isa einmal gesagt hatte, und ich musste an den glücklichen Gesang der Feuerechsen denken.
    »Jemand, der niemals nimmt, ohne zu geben«, sagte ich.
    Die Flammen zogen sich spürbar zurück. Nicht dass es jetzt kühl geworden wäre, aber wenigstens fühlte es sich nicht mehr wie tausend Sonnenbrände auf einmal an. Aber die Antwort genügte noch immer nicht. Irgendetwas fehlte.
    Der Kater. Kater war auch ein Teil davon, ein Teil von mir.
    »Jemand, der nicht flieht, ohne gekämpft zu haben!«
    Du hast gekämpft, kleine Wildhexe. Aber hast du es alleine getan?
    Oh nein.
    Angst erfasste mein Herz und drückte zu. Ich bekam keine Luft mehr, und die Flammen rückten wieder näher. Es kam mir so vor, als wäre meine Haut nur Sekunden davon entfernt, Blasen zu werfen wie eine Speckschwarte unter dem Grill, und ich wusste sehr wohl, warum.
    Ich hatte es nicht alleine gemacht. Kahla hatte mir geholfen. Zwar nur weil Chimära betrogen hatte, aber trotzdem.
    Lüg, dachte ich. Sag, dass du alleine gewesen bist. Es hat sie ja niemand gesehen …
    Aber ich konnte nicht. Ich konnte das Feuer nicht belügen. Sollte es mich holen oder es lassen, ich musste die Wahrheit sagen.
    »Nein«, flüsterte ich heiser. »Eine Freundin … hat mir geholfen.«
    Gleich wirst du lichterloh in Flammen aufgehen, dachte ich. Weil du betrogen hast. Das Feuer wird dich packen und zu Asche verbrennen.
    Aber das tat es nicht. Stattdessen wiederholte es seine Frage, und ich glaubte ein leises Lachen in seinem Tonfall zu hören.
    Wer bist du, kleine Wildhexe?
    Und da verstand ich. Das war der Grund, warum wir hier waren. Was all das hier beweisen sollte.
    »Jemand, der die Wahrheit spricht«, sagte ich. »Jemand, der die Wahrheit spricht – oder schweigt.«
    Jetzt gab es keinen Zweifel mehr. Die Flammen lachten, sie tanzten um mich herum, zärtlich und wild zugleich, aber ohne mir etwas anzutun. Das Dröhnen hatte sich in Gesang verwandelt, rot und golden in der Dunkelheit der Nacht. Und als ich es endlich wagte, die Augen zu öffnen, sah ich ihn. Den Feuervogel.
    Mit Flammengefieder und Flammenflügeln, mit Hals und Schwanz und Schnabel aus Feuer, mit Augen wie flüssiges Gold. In einem Schauer aus Funken, der auf mich herunterregnete wie

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