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Wildhexe 1 - Die Feuerprobe

Wildhexe 1 - Die Feuerprobe

Titel: Wildhexe 1 - Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lene Kaaberbol
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meine Schläfen und meinen Hinterkopf, während sich ihr Wildgesang genauso sanft an mich schmiegte wie mein schwarzer Kater. Es half. Vielleicht nicht ganz so gut wie damals bei Tante Isa, aber es half. Ich konnte denken, und ich konnte mich wieder bewegen.
    »Wieso bist du hier?«, fragte ich.
    »Um dir zu helfen«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Was hast du denn gedacht? Dass du es alleine schaffen würdest?«
    »Ja«, sagte ich. »So sind die Regeln, oder etwa nicht?«
    »Chimära hält sich nicht an Regeln. Das erklärt wahrscheinlich auch, weshalb sie immer gewinnt.«
    »Chimära?« Ich schaute mich hektisch um. Neben Kahla lag eine Taschenlampe und warf seltsame Schatten zwischen die Felsen, und um uns herum in der Dunkelheit erspähte ich das Glitzern neugieriger Echsenaugen, aber einen vier Meter großen Nicht-Engel konnte ich nirgends entdecken.
    »Nur die Ruhe. Sie steht oben und wartet zusammen mit den anderen.«
    »Dann verstehe ich nicht, was sie mit dem Ganzen hier zu tun haben soll …«
    Kahla schnaubte. »Denkst du vielleicht, es war purer Zufall, dass ein Schwarm Fledermäuse ganz plötzlich Lust bekommen hat, dich anzugreifen, als du gerade im Begriff warst, die dritte Prüfung zu bestehen?«
    Fledermäuse. Stimmt. Deshalb war ich abgestürzt.
    »Aber …«
    »Clara. Fledermäuse sind scheu. Sie würden nie einen Menschen attackieren – es sei denn, sie werden dazu gezwungen …«
    Ich griff nach der Taschenlampe und ließ den Lichtkegel über die Höhlendecke schweifen. Da hingen sie, die Fledermäuse – kopfüber, in pelzigen Trauben, die Flügel um den Körper gefaltet. Jetzt bewegten sie sich nur noch ganz leicht, hier und da ein Wackeln, ein weiches Rascheln mit einem einzelnen Flügel. Ich fand trotzdem, dass sie ziemlich unheimlich aussahen, aber ich musste zugeben, dass nichts in ihrem Verhalten darauf hindeutete, dass sie uns angreifen wollten. Vielleicht hatte ich einfach nur zu viele Vampirfilme gesehen.
    Ich schauderte.
    »Woher weißt du, dass es so gewesen ist?«, fragte ich.
    »Weil ich dir gefolgt bin. Sobald die Erwachsenen von diesem Loch weggegangen waren, durch das sie dich runtergelassen haben, bin ich dir an dem Seil hinterhergeklettert.«
    »Warum? Ich dachte … also, ich dachte, du könntest mich nicht leiden?«
    Kahla senkte den Kopf.
    »Konnte ich ja auch nicht. Das heißt … das ist nicht so leicht zu erklären. Es … es ist so wichtig, dass ich eine gute Wildhexe werde. Viel wichtiger, als du dir überhaupt vorstellen kannst. Und Isa soll mir all das beibringen, was ich von meinem Vater nicht lernen kann, weil er ein Mann ist. Deshalb gehen wir zu ihr, tagein, tagaus, obwohl es so ein weiter Weg ist und obwohl es so schrecklich kalt ist, dass ich jeden Tag fast erfriere. Weil es wichtig ist.« Sie schaute mich kurz an. Ihre dunklen Augen glänzten, als würde sie weinen. »Und dann bist du aufgetaucht. Du konntest nichts. Isa musste dir alles erklären, von Grund auf, und trotzdem hast du es nicht hinbekommen. Du hast nur geschummelt und dich durch das meiste durchgeraten. Oder du bist sauer geworden, weil etwas nicht sofort geklappt hat. Auf einmal musste ich ständig auf eine Anfängerin warten und noch dazu auf eine Anfängerin, die es nicht mal versuchen wollte. Und das, obwohl ich schon mein ganzes Leben trainiert hatte. Du kannst dir nicht vorstellen, wie wütend ich war.«
    Es war nicht gerade angenehm, das alles zu hören. Dabei hatte sie ja recht damit, dass ich anfangs gereizt und lustlos war und bei einigen Aufgaben getrickst hatte, weil ich es einfach nicht hinbekam.
    »Warum ist das eigentlich so wichtig für dich?«, fragte ich. »Ich meine, eine gute Wildhexe zu werden?«
    Wieder wollte sie mich nicht ansehen.
    »Ich muss genauso gut werden, wie meine Mutter war«, sagte sie leise. »Das ist absolut notwendig.«
    »Deine Mutter?«
    Sie hob abrupt den Kopf.
    »Hör auf so viel zu fragen«, knurrte sie.
    »Du warst von Anfang an sauer auf mich«, sagte ich.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ja. Zumindest war ich sauer, dass du aufgetaucht bist. Ich kannte dich ja nicht.«
    »Dann verstehe ich nicht, weshalb du mir plötzlich helfen willst.«
    Sie schnaubte.
    »Das wollte ich ja eigentlich gar nicht. Ich bin dir nachgegangen, um zu sehen, ob du schummelst.«
    So ergab es schon mehr Sinn. Das sah ihr schon eher ähnlich.
    »Ich habe nicht geschummelt.«
    »Nein«, sagte sie. »Aber Chimära. Also war es doch wohl ganz gut, dass ich auch hier

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