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Wildhexe 1 - Die Feuerprobe

Wildhexe 1 - Die Feuerprobe

Titel: Wildhexe 1 - Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lene Kaaberbol
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war – oder?«
    Ich seufzte.
    »Schon«, sagte ich. »Das war es wohl.«
    »Und jetzt wirst du diese Strickleiter hochklettern und ihnen zeigen, dass du eine echte Wildhexe bist. Chimära hat einen Dämpfer verdient. Einverstanden?«
    »Was ist mit dir?«
    »Ich gehe zum Eingang zurück und klettere dort wieder hoch. Es ist sicher besser, wenn sie nicht merken, dass ich dir geholfen habe. Auch wenn Chimära zuerst betrogen hat.«
    Ich tat, was Kahla gesagt hatte. Ich konnte hören, wie sie über die Felsen zurück in die Dunkelheit kletterte, während ich selbst meinen übel zugerichteten Körper streckte und zur Strickleiter humpelte. Kahla. Es war ein bisschen wie mit dem Kater. Ich war mir zwar nicht sicher, ob wir jetzt unbedingt beste Freundinnen waren, aber sie hatte mir geholfen, als ich Hilfe brauchte, und ich wusste, dass ich ihr einen Gefallen schuldete. Das war vielleicht auch eine Art Freundschaft.
    Als ich mich die letzte Sprosse der Strickleiter nach oben gekämpft hatte, standen alle Erwachsenen da und warteten – Freunde, Feinde und Rabenmütter. Tante Isa lächelte, und ich konnte sehen, dass ihre braunen Augen ein bisschen stärker leuchteten als sonst. Chimäras Augen dagegen funkelten boshafter denn je. Und irgendetwas an ihrem Gesichtsausdruck gab mir die Gewissheit, dass Kahla recht gehabt hatte – sie hatte versucht, mich mithilfe der Fledermäuse aufzuhalten. Aber es ist ihr nicht gelungen, dachte ich. Dafür hatte Kahla gesorgt.
    »Clara Ask ist durch das Feuer der Erde gegangen«, sagte Thuja so laut, dass alle es hören konnten.
    Jetzt war nur noch die letzte Prüfung übrig – Frau Pomeranze hatte sie das Herz des Feuers genannt.

21  DAS HERZ DES FEUERS

    Es ist lange her, dass wir Zeuge wurden, wie eine Wildhexe durch die vierte und letzte Prüfung gegangen ist«, sagte Thuja. »Es ist die gefährlichste für Clara, aber sie ist auch für uns nicht ohne Risiko. Deshalb frage ich nun beide Parteien, ob sie noch immer zu ihrem Wort in dieser Sache stehen. Clara, gibt es etwas an deiner Aussage, das du ändern möchtest?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Alles, was ich gesagt habe, ist wahr«, sagte ich. Meine Stimme klang ein klein wenig heiser, aber davon abgesehen laut und deutlich und ganz ruhig. War das wirklich ich? Ich erkannte mich beinahe selbst nicht wieder.
    Thuja wandte sich an Chimära, die neben mir im Baumkreis des Rabenkessels stand. Sie war so nah, dass ich nur meine Hand hätte austrecken müssen, um ihren Flügel zu berühren. Ich tat es nicht.
    »Chimära, Clara hält an ihrer Anklage fest. Was hast du dazu zu sagen?«
    »Dass sie lügt.« Auch Chimäras Stimme wackelte nicht, aber trotzdem hatte sich etwas verändert. Sie wirkte nicht mehr ganz so überlegen wie am Anfang, als sie mich noch für eine Ameise hielt, die man einfach zerquetschen konnte.
    »Du weißt, dass sich Claras Anklage als wahr erwiesen hat, wenn sie unbeschadet durch das Herz des Feuers geht?«
    »So lautet schließlich euer Urteil.«
    »Hör zu, Chimära«, sagte Valla plötzlich. »Sie hat die ersten drei Prüfungen geschafft. Keiner von uns geht jetzt noch ernsthaft davon aus, dass sie nicht die Wahrheit sagt.«
    Unglaublich. War das derselbe Valla, der anfangs so genervt von mir gewesen war? Offensichtlich hatte er seine Meinung geändert. Oder er wollte die Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen. Inzwischen musste es fast Mitternacht sein – oder sogar noch später. Und er war schließlich der, dem es am wenigsten gefallen hatte, den ganzen Weg zum Medusensee und der Echsengrotte zu laufen.
    »Willst du mir mein Recht vorenthalten, Valla Rabe?«
    Er brummte. »Nein. Aber deine Strafe könnte milder ausfallen, wenn du uns nicht alle in Gefahr bringen würdest, indem du auf der Prüfung beharrst. Können wir es nicht hierbei belassen?«
    »Hast du etwa Angst, Valla?« Der Hohn in Chimäras Stimme war messerscharf. »Dann gib mir das Mädchen und verkriech dich zu Hause in deinem Bett. Wenn ich sie jetzt bekomme, bin ich bereit, sie schon nach einem Jahr wieder laufenzulassen.«
    Ein Jahr! Zwölf Monate. Dreihundertfünfundsechzig Tage. Achttausendsiebenhundertsechzig Stunden. Nein danke. Unter gar keinen Umständen.
    »Es sieht aus, als müssten wir weitermachen«, sagte Thuja. »Nun denn. So sei es.«
    Ich bekam die Anweisung, mich genau in die Mitte des Kreises zu stellen, den die Bäume bildeten. Alle anderen – auch Chimära – mussten sich an den äußersten Rand

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