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Wildhexe - Die Feuerprobe

Titel: Wildhexe - Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Stelle, an der das Handy wenigstens ein bisschen Empfang hatte. Streng genommen hätte ich Isa vorher um Erlaubnis fragen müssen, aber ich wollte ganz einfach nicht, dass sie hören konnte, worüber ich mich mit Oscar unterhielt. Außerdem war ich fast noch innerhalb des Wildhags. Da konnte ja wohl kaum etwas passieren.
    »Machst du Urlaub, oder was?«
    »Na ja. Doch. So was Ähnliches.« Die seltsamsten Ferien meines Lebens. »Haben sie dich aus dem Krankenhaus entlassen?«
    »Vorgestern schon. Mein Schädel brummt zwar immer noch manchmal, vor allem wenn ich versuche, AutoCrash zu spielen, aber sie haben gesagt, das vergeht irgendwann.«
    »Oh, das ist gut.«
    Ich hätte ihm so gerne gesagt, wie sehr er mir fehlte, aber ich ließ es lieber bleiben. Schließlich kann man zu einem Jungen, mit dem man nicht zusammen ist, ja schlecht Ich vermisse dich sagen. Oder?
    Ich hörte Geräusche im Hintergrund. Den Summer einer Gegensprechanlage, Stimmen, Schritte im Treppenhaus. Oscars Hund Luffe bellte auf diese fröhlich-aufgeregte Labrador-Art, die bedeutete, dass Besuch kam. Ich konnte hören, wie Oscars Mutter mit jemandem sprach.
    »Magnus und Chrisser sind gekommen«, sagte Oscar. »Wir wollen Popcorn machen und DVD schauen. Ich ruf dich später wieder an, okay?«
    Ich konnte hören, dass er schon im Begriff war, wieder aufzulegen.
    »Nein, warte«, sagte ich. »Das geht nicht. Ich muss dich anrufen.«
    »Warum das denn?«
    »Weil ich hier keinen Empfang habe. Es sei denn, ich turne auf diesen Hügel hoch, auf dem ich gerade sitze.«
    »Wo wohnt deine Tante eigentlich? In Weitwegistan?«
    »Das kommt ungefähr hin.«
    »Na ja, dann schicke ich dir eben eine SMS . Bis dann, ja?«
    Und dann war er weg. Und ich saß da und war überflüssigerweise total eifersüchtig auf Chrisser und Magnus, die sich jetzt in diesem Moment mit dem Sofakissen auf den Fußboden fläzen, mit Popcorn vollstopfen und mit Oscar Schrottfilme anschauen konnten.
    »Weitwegistan«, murmelte ich düster. »Das trifft es sogar haargenau.«
    Ich stapfte den Hügel hinunter. Inzwischen war Kahla nach Hause gegangen. Ihr Vater hatte sie abgeholt, genau wie an den anderen drei Tagen, seit ich hier war. Jeden Morgen lieferte er sie unten am Gatter ab, und jeden Nachmittag holte er sie wieder. Nicht mit dem Auto, sondern zu Fuß, sie konnten also nicht besonders weit weg wohnen.
    Tante Isa hatte die Lampe angezündet. Sie saß noch immer an dem großen Tisch am Fenster, und ich konnte sehen, dass sie zeichnete. Eine dicke Stockente watschelte auf dem Tisch herum und diente offenbar als Modell des Tages. Entenkarten verkauften sich gut, hatte Tante Isa erzählt, und selbst eine Wildhexe musste von Zeit zu Zeit gewöhnliches Geld verdienen.
    Ich ging nicht rein. Tante Isa glaubte, ich wäre rausgegangen, um mich um Stjerne zu kümmern, also musste ich das auch tun.
    Abgesehen von Tumpe hatte ich Stjerne von allen Tieren, die bei Tante Isa lebten, am liebsten. Sie war eine kleine, zähe Stute mit Senkrücken, nicht besonders reinrassig oder edel, aber gutmütig und stark, mit vier kräftigen Beinen und einer Stehmähne, die darauf schließen ließ, dass irgendwo auch ein bisschen Fjordpferd in ihr steckte.
    Sie war auf der Weide und graste im Windschatten der hohen Bäume am Fuß des Hügels, aber als ich sie rief, hob sie den Kopf, stieß ein fröhliches Hallo-Wiehern aus und kam ans Gatter getrabt. Bauch und Brust waren erdverkrustet, und ihr goldbraunes Winterfell war ganz zottelig vom Regen.
    »Komm, Pferdchen. Ich trockne dich ab«, sagte ich, und sie folgte mir bereitwillig in den Stall. Ich band sie an einem der Ringe in der Wand an, rieb sie einigermaßen trocken und striegelte dann den schlimmsten Dreck aus ihrem Fell. Eine der Ziegen kam vorbei, um sie zu begrüßen, und Stjerne beugte sich zu ihr nach unten und schnaubte. Nachdem es hier keine anderen Pferde gab, hatte Stjerne die Ziegen als eine Art Herde angenommen, hatte Tante Isa erzählt. Sie leisteten einander Gesellschaft und verstanden sich gut, obwohl sie so verschieden waren. Das war jedenfalls mehr, als man von Kahla und mir behaupten konnte. Ich hatte keine Ahnung, warum sie die ganze Zeit so sauer und wütend auf mich war. Wäre sie nur ein bisschen netter gewesen, wäre es so viel lustiger, in Weitwegistan zu leben, und nicht halb so einsam.
    Es half ein wenig, sich um ein Pferd zu kümmern. Bis vor einem Jahr war ich in der alten Reithalle am Rådhuspark geritten, aber dann kam der

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