Wildnis: Thriller - Band 2 der Trilogie
gelingen, Anna zu befreien? Hatten sie daran überhaupt ein Interesse? „Wo befindet sich Oliver? Wie wollt ihr ihn ausschalten, ohne Anna zu gefährden?“
„ Logann schreibt, dass Oliver sich mit Anna in ein abgelegenes Häuschen etwas außerhalb von Anchorage zurückgezogen hat“, antwortete Albert nüchtern. „Dort hat er sich auch mit den anderen Frauen vergnügt, die danach tot aufgefunden wurden.“
Jan stockte der Atem und mit Mühe presste er heraus: „Wie lange sind sie schon dort?“
„ Das hat Logann nicht geschrieben.“
„ Wie viel Uhr ist es? Wie weit ist der Ort entfernt, an dem wir mit den Motorschlitten unterwegs waren?“
„ Es ist jetzt 19:30 Uhr. Oliver hatte zwei Stunden Fahrzeit bis zu seinem Häuschen. Du hast die beiden gegen 12:30 Uhr abgesetzt. Im günstigsten Fall, aus Olivers Sicht, sind sie vor fünf Stunden angekommen. Allerdings musste Oliver den Transport unvorhergesehen organisieren und zugleich vermeiden, von der Polizei aufgegriffen zu werden. Annas Gesicht ist bekannt. Eine heikle Lage. Ich gehe davon aus, dass sie gerade erst eingetroffen sind. Vielleicht vor einer Stunde oder einer halben. Entweder war Logann daran beteiligt, Oliver und Anna in Sicherheit zu bringen, und hatte bis eben keine Möglichkeit, sich bei mir zu melden, oder Oliver hat ihn erst nach der Ankunft im Häuschen kontaktiert.“ Albert blickte wie ein Offizier auf einen Untergebenen. „Du wirst jetzt mit Hernandez ein Phantombild von Oliver erstellen. In zwanzig Minuten können wir zuschlagen. Wir behalten dich beim Einsatz in der Nähe. Es kann sein, dass wir dich brauchen. Vielleicht haben wir eine Frage, vielleicht musst du mit Anna oder dem FBI kommunizieren oder Oliver identifizieren.“
„ Versprich mir erst, dass du uns freilassen wirst.“
Albert hielt den Blickkontakt. „Ich verspreche es dir.“
„ Ihr müsst alles tun, damit Anna nichts zustößt!“ Jan hätte sich am liebsten zugleich Albert zu Füßen geworfen und ihn am Kragen geschüttelt. „Wenn euch Oliver entkommt, tötet ihr ihn ein paar Tage später. Oder das FBI erwischt ihn. Aber wenn Anna stirbt ...“
„ Du kannst dich auf mich verlassen.“ Albert lehnte sich nach vorne über den Stock und stand auf. „Und auf die Killer. Dieses Mal habe ich die Besten eingeflogen.“
Jan blickte Albert nach, wie er langsam davonhumpelte. Ein Mensch, der alles beherrschen wollte und sich nun wackelig voranquälte.
Würde sich Albert wirklich einen Mitwisser wie ihn leisten? Der seine Vergangenheit in groben Zügen kannte, der ihn gesehen und sich in seinem Domizil aufgehalten hatte? Gebäude wie dieses waren selten. Falls Olivers Behauptungen von den Drogengeldern und dem Politkomplott stimmten, müsste Albert alles aufgeben und Alaska verlassen, wenn er Jan gehen ließe.
Hernandez öffnete die Seitentür. Jan fuhr hoch. Um einen gefassten Eindruck bemüht, ging er in den Nebenraum. Auf einem Schreibtisch standen ein großer Bildschirm und zwei aufgeklappte Laptops, auf den Regalen lagen Papierstapel, an den Wänden hingen Fotografien von Stufenpyramiden im Urwald – ein erleichterndes Durcheinander verglichen mit der sterilen Perfektion, die Jan bislang zu Gesicht bekommen hatte.
Hernandez erklärte ihm knapp, dass sie fünfzehn Minuten hatten, um ein Phantombild von Oliver zu erstellen. Die Aufgabe beruhigte Jans Nerven ein wenig. Er verspürte eine grimmige Befriedigung, wie schnell und treffend er Olivers Gesicht auf dem Bildschirm entstehen ließ.
Als sie fertig waren, wies Hernandez ihn an, sich auf einen Stuhl an der Rückwand zu setzen und still zu sein, dann holte er Albert. Sie nahmen am Schreibtisch Platz. Albert sagte über einen der Laptops gebeugt: „Ich habe euch ein aktuelles Phantombild geschickt.“
„ Ist angekommen“, antwortete eine Stimme aus zwei Lautsprechern, die links und rechts der Fenster angebracht waren. „Ich bin jetzt mit Lucky auf Position.“
„ Die südlichen Nachbarn sind zu Hause und haben einen Husky. Auf der Nordseite geht niemand ans Telefon.“
„ Habt ihr etwas über das Haus herausgefunden?“
„ Ein Holzbau aus den Siebzigern, Oliver hat es vor zwei Jahren gekauft.“
„ Wenn er daraus nicht einen Tresor gemacht hat, werden wir es wie der Blitz zerlegen und abfackeln ... Ich höre gerade, die Whitesmiths sind im Gebüsch hinterm Grundstück. Wir sind so weit.“
Zerlegen? Abfackeln? Was hatten sie vor?
„ Wenn er den Whitesmiths nicht in die Arme läuft, bleibt
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