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Wildrosengeheimnisse

Wildrosengeheimnisse

Titel: Wildrosengeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Rath
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Frieda,
    wenn Du diesen Brief erhältst, bist Du längst wieder zu Hause im Norden.
    Doch ich kann an nichts anderes mehr denken als an Dich.
    Mir kommt es vor, als habe die Sonne aufgehört zu scheinen, seitdem Du fort bist.
    Denn Du bist MEINE Sonne und hast mein Leben erhellt.
    Als Du hier warst, sah ich die Welt mit anderen Augen. Der See, die Berge, die Obstbäume …,
    alles war so schön, nur weil Du an meiner Seite warst.
    Nun erscheint mir ohne Dich mein ganzes Leben sinnlos. Ich arbeite, esse, schlafe …, doch ich ›lebe‹ nicht.
    Immer wieder denke ich an Dein süßes Grübchen, wenn Du lächelst. An Deine Augen, wie sie mich ansehen. An Deine zarte Hand, die das Haar nach hinten streicht (eine Geste, die Du immer machst, wenn Du verlegen bist).
    Erst wenn Du wieder bei mir bist oder mir wenigstens versprichst wiederzukommen, kann ich erneut glücklich sein.
    Darf ich hoffen?
    Bitte, liebe Frieda, … ich weiß, wie schwer es Dir fallen muss, Deine Heimat aufzugeben und alles, was Dir vertraut ist. Aber ich verspreche, ich werde tun, was in meinen Kräften liegt, um Dich glücklich zu machen. Hab Vertrauen … und komme zurück an den Bodensee, sobald es geht.
    Ich werde Dir beweisen, wie ernst es mir ist.
    Ich sehne mich so sehr nach Dir,
    in Liebe
    Dein Hermann‹

    Fast kommt es mir vor, als würde ich etwas Verbotenes tun. Diese Briefe gehören nur den beiden und sind Zeugnis einer großen Liebe. Einer Liebe, für die Frieda alles riskierte und ihre Heimat aufgab. Heutzutage ist es gang und gäbe, in andere Städte, gar Länder oder Kontinente zu ziehen, doch zur damaligen Zeit, kurz nach dem Krieg, war es absolut unüblich und für eine junge Frau auf jeden Fall ein Wagnis. Ich bekomme eine Gänsehaut, weil ich an die junge Frieda denken muss, die voller Hoffnung, aber auch Zweifel im Süden Deutschlands ankam, um den Mann ihrer Liebe zu heiraten. Doch ihr Mut und ihr Vertrauen wurden belohnt mit einem glücklichen Leben an der Seite ihres Auserwählten.
    Auf einmal spüre ich einen kalten Lufthauch und habe das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Das ist nur der kalte Nebel, der durch all die offenen Fenster zieht, schimpfe ich mit mir selbst. Trotzdem binde ich schnell die Briefe wieder zusammen und lege sie an ihren Platz in die Schublade zurück. Ich weiß nicht, ob dieses Frösteln an dem kalten und dunklen Haus liegt oder ob es mein inneres Gefühl ist, weil ich Frieda so sehr vermisse und mich im Moment einsam fühle. Deshalb schließe ich alle Fenster, staube alles ordentlich ab und kehre zur ›Butterblume‹ zurück. Trotz des Fröstelns fühle ich mich innerlich gestärkt. Dieser Brief, er sagt so viel aus über das Gefühl, das Frieda und Hermann verband. Vermutlich sollte auch ich mehr Vertrauen haben. Vertrauen zu Christian und darauf, dass seine Gefühle für mich echt sind und er nicht nur mit mir spielt.
    Ich frage mich, warum heutzutage niemand mehr solche Briefe schreibt. Im Zeitalter der SMS und E-Mails ist das offenbar total verloren gegangen. Wie schade. Was würde ich darum geben, einmal so schöne Zeilen zu bekommen.
    Doch da fällt mir wieder meine Mutter ein, die auch Hunderte von Briefen schrieb und erhielt von ihrem amerikanischen Brieffreund Steve. Briefe, in denen immer mehr von Liebe die Rede war. Trotz ihrer spärlichen Englischkenntnisse machte sie sich auf den Weg nach Amerika – und jetzt will sie sogar heiraten. Auch dieser Weg erforderte Mut und wurde mit Liebe belohnt.
    Als ich in dem eiskalten Wind auf die ›Butterblume‹ zulaufe, sehe ich, dass die Eingangstür weit offen steht.
    Komisch, ich bin mir sicher, dass ich sie beim Hinausgehen fest hinter mir zugezogen habe.
    Oder doch nicht? Schließlich war ich sehr in Gedanken. Vielleicht habe ich sie doch nicht richtig zugemacht und der Wind hat sie wieder aufgestoßen. Ja, so muss es sein.
    Das Klingeln des Telefons empfängt mich und es ist ausgerechnet meine Mutter, die weitere Details ihrer Hochzeit mit mir besprechen will.
    »Hallo, Mami, das ist Gedankenübertragung. Gerade habe ich an dich gedacht«, freue ich mich, ein bisschen verwundert, dass sie nach amerikanischer Ortszeit schon wieder auf und offenbar bereits reichlich munter ist.
    »Ja? Siehst du, und schon rufe ich an. Liebes, es gibt da ein paar unheimlich wichtige Sachen bezüglich der Hochzeit zu besprechen. Wir möchten soo gern in der Schlosskapelle auf der Insel Mainau heiraten. Kannst du das für uns organisieren? Das ist doch

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