Wildrosengeheimnisse
schwer von Amerika aus, du weißt schon. Und anschließend würden wir gern mit dem Schiff eine schöne Tour auf dem Bodensee unternehmen. Es gibt doch so kleine Schiffsbetriebe, kannst du die mal anrufen? Gefeiert wird natürlich anschließend in der ›Butterblume‹. Hast du dir dazu schon etwas überlegt?«
Klar, Mama, ich habe ja sonst nichts weiter zu tun, denke ich im Stillen.
Doch sie redet sofort munter weiter: »Wir werden nicht so viele sein, höööööööchstens 30 bis 40 Personen, Steves Tochter kommt auch mit und ihre Familie … Apropos: Wie machen wir das mit der Unterbringung? Wir freuen uns alle schon so sehr auf euch und darauf, in deinem Café zu feiern. Wir dachten an ein kalt-warmes Buffet, da kann sich jeder nehmen, was er mag. Vielleicht deutsch/amerikanische Spezialitäten? Und Musik muss natürlich auch sein, aber am besten live und keine Schallplatten. Was meinst du? Kind, du sagst ja gar nichts.«
»Du lässt mich auch nicht zu Wort kommen«, lache ich zurück, während ich mir lauter Stichworte nebenbei notiere.
»Mach dir keine Sorgen, Mama. Ich kümmere mich um alles und werde mein Bestes tun, damit eure Hochzeit für euch beide ein unvergesslicher Tag wird. Das Einzige, um das du dich kümmern musst, sind die Flüge hierher und … dein Kleid natürlich.«
Im Stillen hoffe ich, dass meine Mutter nicht die Absicht hat, in Weiß zu heiraten, aber wer sie kennt, weiß, dass es ganz sicher kein normales Hochzeitskleid werden wird.
»Ach, Liebes, ich danke dir so. Weißt du, ich bin schon schrecklich aufgeregt.«
Das kann ich mir nun wirklich vorstellen. Wer heiratet denn schon mit 70? Eher hätte ich mir noch vorgestellt, auf der Hochzeit meiner Tochter zu tanzen, ganz zu schweigen von meiner eigenen.
»Wann soll die Party denn starten?«, frage ich so nebenbei.
»Wir dachten an den 19. Mai, wenn alles klappt. Aber wir kommen selbstverständlich vorher nach Germany, damit du nicht allein alle Vorbereitungen am Hals hast.«
Aha, nach Germany. Ihre Englischkenntnisse scheinen sich auf jeden Fall schon mal verbessert zu haben.
»So um Ostern herum. Kannst du uns eine schöne Ferienwohnung organisieren? Irgendwo am See bitte.«
Mir kommt auf einmal eine ganz andere Idee. Ich weiß, wo die beiden wohnen werden.
Und ich weiß auch, wer mir dabei helfen wird, ebenso wie bei den ganzen Hochzeitsvorbereitungen. Inzwischen bin auch ich aufgeregt und kann es nicht erwarten, das Gespräch zu beenden, um meine Freundin Emily anzurufen.
Emily ist Leons kleine Schwester und so ganz anders als ihr großer Bruder, mit dem ich immerhin drei Jahre zusammen war.
Habe ich sie noch im letzten Jahr als verwöhntes Nesthäkchen auf dem Weingut der Familie erlebt, so hat sie sich im letzten Jahr zu einer echten Freundin entwickelt, ohne die ich es nie geschafft hätte, die ›Butterblume‹ derart schön zu gestalten. Emily ist der kreativste Mensch, den ich kenne, und kann aus den einfachsten Dingen die tollsten Dekorationen zaubern. Prompt ist sie auch hellauf begeistert, als ich sie für die Hochzeit meiner Mutter um Hilfe bitte.
Sie hat natürlich sofort eine Idee, die mit Maiglöckchen und dem Farbthema Grün-Weiß zu tun hat, und verspricht, bald alles bei einem Cappuccino genau mit mir zu besprechen.
Auch die Idee, Friedas altes Haus für meine Mutter und ihren Bräutigam wohnlich herzurichten, begeistert sie.
»Allerdings muss ich erst mal meine eigene Wohnung einrichten«, erzählt sie freudestrahlend.
»Stell dir vor, Thomas und ich ziehen zusammen. Wir haben eine zauberhafte Altbauwohnung mitten in Konstanz gefunden und sind schon beim Renovieren.«
Emily klingt so unglaublich glücklich.
Das freut mich für die beiden. Sie passen perfekt zusammen, die energiegeladene und kreative Emily und der ruhige, musizierende Lehrer Thomas.
Obwohl sie so verschieden wirken, verbindet sie ihre künstlerische Leidenschaft.
Nachdem Emily derart von ihrer neuen Wohnung geschwärmt hat, verabreden wir uns für die nächste Woche dort, um alles Weitere zu klären. »Es ist alles aber noch ein wenig unperfekt, also versprich dir mal lieber nicht zu viel«, meint Emily zum Abschied.
Ich vermute mal, dass das, was ich erwarte, noch weit übertroffen werden wird.
»Also bis nächste Woche. Schottenstraße 103, ich freu mich«, ruft sie atemlos in den Hörer.
In Gedanken sehe ich sie vor mir, wie sie, mit einem Farbeimer und einem Pinsel bewaffnet oder mit einem Riesenstoffberg an ihrer
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