Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wildwasserpolka

Wildwasserpolka

Titel: Wildwasserpolka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Kuepper
Vom Netzwerk:
Schmetterlingssender in eine funktionierende Überwachungsmaschinerie für Menschen umzustricken. Aber wir waren nicht bei Ernie, der nach wie vor pumperlg’sund durch die Weltgeschichte gondelt, sondern bei Wasserwellen-Tom, der mausetot und fischig kalt in einem schlammschwarzen Teich … Stopp!
    »Kemper war also mit seinem Lohn zufrieden«, repetiere ich. »Ihr beiden allerdings nicht.«
    Salzmann nickt geduldig.
    »Und?«
    »Und?«, wiederholt er, völlig ohne Biss. »Ist das eigentlich Ihre echte Haarfarbe?«
    Dieses Mal ist es an mir, irritiert dreinzublicken. »Ich wüsste nicht, was Sie das angeht«, wehre ich ab.
    »Es sieht jedenfalls furchtbar aus. Dann noch diese Frisur … Steht Ihnen überhaupt nicht.«
    »Vielen Dank, bei Komplimenten werde ich immer schwach. Könnten wir jetzt bitte wieder zum Thema kommen?«
    »Ganz einfach«, meint Salzmann, während sein Blick noch immer an meinem Scheitel hängt. »Uns passte die Sache nicht, aber Waskovic ist eben Waskovic, der lässt nicht mit sich diskutieren. Deshalb haben wir es anders gemacht.«
    Ich strecke mein schmerzendes Bein aus, massiere mir leicht die Schulter und sehe ihn erwartungsvoll an. Er scheint jedoch der Meinung zu sein, alles gesagt zu haben.
    »Ich bitte um Details«, sage ich. »Vorher lasse ich Sie hier nicht raus.«
    Er bläst unwillig die Backen auf. »Die Deals mit der indonesischen Holding hat Waskovic selbst verantwortet«, erzählt er dann. »Die Dinge, die in Malaysia zu regeln waren, vor Ort in Port Klang, hat meist Müller abgewickelt. Thomas Müller. Die Sache mit den Zertifizierungen, meine ich.«
    Ich nicke.
    »Vor ungefähr einem Jahr hat Müller Waskovic weisgemacht, dass es einen neuen, zusätzlichen Mittelsmann gäbe, der nicht zu umgehen sei und seine Forderungen stelle. Das war unser Entschinoh .«
    »Euer was?«
    »Unser Entschinoh«, brummt Salzmann, dann deutlicher, langsamer: »Encik Noh. Das bedeutet so viel wie: ›Herr Noh‹ oder besser ›Mr. Noh‹ – die Geschäfte werden ja auf Englisch abgewickelt. Es war einfach ein malaysischer Name – allerdings ein erfundener.«
    Mr. Noh. Mir fällt es wie Schuppen von den Augen. Das belauschte Gespräch im Hotelzimmer! Mr. Noh – Dr. No.
    ›Ich habe jetzt genug von unserem Dr. No‹, hat Waskovic gesagt. Und mir wird klar: Der James-Bond-Titel, den er zitiert hat, ist keineswegs eine ironische Verballhornung für jemanden gewesen, der sich einer Sache verweigert oder sie abgeschmettert hat, wie ich angenommen habe. Und ebenso wenig hat Waskovic damit einen der beiden Herren gemeint, die ausgeschaltet werden sollten. In Wahrheit hat das Wortspiel eine völlig andere Bedeutung gehabt: Es ist der spöttisch abgewandelte Name einer dritten Person gewesen, allerdings einer, die gar nicht real existierte. Und genau das hat Waskovic zum Ausdruck bringen wollen. Endlich verstehe ich. Waskovic ist dem Betrug auf die Spur gekommen. Er wusste, dass es diesen Mann gar nicht gab und die Zahlungen folglich in Müllers eigene Tasche gewandert sein mussten. Das war der Grund, weshalb er sterben musste. Endlich wird ein Schuh aus der Sache, und ich spüre eine gewisse Erleichterung über diese Erkenntnis. Offen bleibt jedoch, was genau Salzmann mit der Geschichte zu tun hat. Er muss schließlich nicht zwangsläufig von Müllers Tricksereien gewusst haben. Ich frage ihn danach.
    Salzmann blickt auf seine Hände, die wieder brav auf der Tischplatte ruhen. »Doch, ich muss davon gewusst haben«, antwortet er bedächtig und sieht mich an. »Ich habe nämlich mehrfach mit Mr. Noh telefoniert, und einmal habe ich ihn sogar getroffen.«
    Das ist nun wirklich dumm: Mit jemandem zu telefonieren, den es gar nicht gibt. Und ihn dann auch noch zu treffen. »Klingt interessant«, sage ich. »Wie haben Sie das angestellt?«
    Salzmann überhört meinen Spott. »Hin und wieder kam es vor, dass ich mit rüber nach Malaysia geflogen bin«, erklärt er. »Einmal habe ich Waskovic gegenüber behauptet, es habe Unklarheiten wegen der Frachtpapiere gegeben, was Rückfragen bei diesem Mr. Noh notwendig gemacht hätte. Ich wollte damit Müllers Glaubwürdigkeit stärken. Es sollte nicht so aussehen, als sei dieser Encik Noh ein Phantom, dem nur Müller je begegnet war.«
    »Verstehe.« Ich lasse mir die neuen Informationen eine Weile durch den Kopf gehen. »Was ich allerdings noch nicht verstehe, ist, warum Eden Wood für die gefälschten Zertifikate gezahlt haben soll«, sage ich dann. »Ich meine:

Weitere Kostenlose Bücher