Wildwasserpolka
einzuführen, die angeblich belegen, dass das Holz unter sozialverträglichen Bedingungen und vor allem ökologisch neutral geerntet wurde.«
»Ökologisch neutral geschlagenes Holz aus den Regenwäldern?«
Salzmann nickt. »Ja, sofern es aus bestimmten, sehr begrenzten und dafür ausgewiesenen Arealen stammt. Vor allem geht es dabei jedoch um den Plantagenanbau. Eine Plantage ist kein Tropenwald, so die Logik. Diese Zertifizierungsgeschichten nahmen schnell immer größere Ausmaße an. Du konntest praktisch kein Edelholz mehr verkaufen, noch dazu zu einem guten Preis, wenn es nicht zertifiziert war. Und seit 2013 darf in die EU ausschließlich zertifizierte Ware mit den dazugehörigen Gütesiegeln importiert werden.«
»Verstehe. Und weiter?«
»Was Indonesien betrifft, verbietet inzwischen ein Forstgesetz das Roden von Urwäldern und die Ausfuhr von Tropenhölzern. Doch es gibt Tricks, das Verbot zu umgehen.«
Hätte man sich denken können. »Und die wären?«
»Man beantragt eine Konzession zur Errichtung einer Palmölplantage. Diese Konzessionen werden in der Regel ohne größere Probleme gewährt. Damit umgeht man das Forstgesetz und kann die Waldflächen roden, auf denen anschließend die Plantagen angepflanzt werden sollen.«
»Und dieses Holz ist dann ökologisch unbedenklich?!«
»So ungefähr.«
»Waskovic betreibt also Palmölplantagen?«, frage ich unsicher.
»Nein.« Salzmann schüttelt den Kopf. »Das machen Unternehmen vor Ort. Wir kooperieren mit einer malaysisch-indonesischen Holding mit Sitz in Singapur. Die Holding ist nicht nur im Palmölgeschäft aktiv, sondern zudem in der Papier- und Zellstoffindustrie tätig, und macht auch noch andere Dinge: Sie handelt beispielsweise mit Edelhölzern. Das geschlagene Holz wird rüber nach Malaysia geschmuggelt, wo es kein Exportverbot gibt. Das passiert im großen Stil. In Malaysia wird die Ware dann umdeklariert, und hier treten wir über unsere Tochterfirma Eden Wood auf den Plan. Wir kaufen das Holz vor Ort auf und bemühen uns im Nachhinein um die entsprechenden Zertifizierungen und Gütesiegel.«
»Weil Waskovic ja so ein Vorzeige-Naturschützer ist«, werfe ich ein, doch Salzmann überhört meinen Spott.
»Mit dem Ökogetue von Waskovic Holz ist nicht viel zu holen«, antwortet er lapidar. »Das ist alles rein fürs Image.«
»Und deshalb hat Waskovic anderwärtig vorgesorgt.«
»Genau. Er – das heißt: wir haben uns ein ziemlich tragfähiges Netz aufgebaut, was das Geschäft mit den Zertifikaten betrifft«, fährt er fort. »Wir kennen unsere Pappenheimer, wir wissen, an wen wir uns wenden müssen, und wie die Sache läuft.«
»Die Siegel bastelt ihr euch sozusagen selbst?«
»Nicht wir. Das lassen wir andere machen. Aber die tun es natürlich nur für entsprechende Gegenleistungen.«
»Natürlich. Und das fällt niemandem auf?«
Salzmann schüttelt den Kopf. Das Ganze sei eine Art in sich geschlossenes System, erklärt er. Sei die Ware einmal als ökologisch unbedenklich zertifiziert, könne niemand mehr nachprüfen, ob dies stimme oder nicht. Man sähe es dem Holz schließlich nicht an. So könne es problemlos auf den europäischen Markt gebracht werden, für den die Zertifizierung wiederum Voraussetzung sei.
Tropenhölzer. Gefällte Urwaldriesen. Naturzerstörung. Ich betrachte Salzmann eine Weile, bevor ich ihn frage, ob er nicht manchmal den Anflug eines schlechten Gewissens habe, an diesem schmutzigen Geschäft beteiligt zu sein. Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten, und sie ist definitiv die falsche.
»Wenn nicht wir, machen es eben andere«, meint er lapidar. »Die Europäer wollen beschissen werden, allen voran die Deutschen, die wollen sich ihr gutes Gewissen erkaufen.« Er legt eine kurze Pause ein und fügt selbstgefällig hinzu: »So sieht’s aus. So ist das eben.«
»Salzmann«, sage ich, »bis eben warst du mir eine Spur sympathisch. Aber Leute, die mit einem Schulterzucken sagen: ›Wenn ich es nicht tun würde, würde euch irgendein anderer in die Gaskammer treiben‹, die waren mir schon immer zutiefst zuwider.«
»Blödsinn!«, widerspricht er harsch. »Ich treibe doch niemanden in die Gaskammer! Diese ganzen Zertifizierungsgeschichten sind der reinste Humbug, die sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Da wird gelogen und betrogen an allen Ecken und Enden. Und niemand braucht zu glauben, dass Holz aus Plantagenanbau irgendwie besser wäre als Holz aus dem Urwald. Denn da, wo heute die
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