Wildwasserpolka
nicht allzu lang«, empfehle ich ihm und klopfe mir ein paarmal mit der PB in die offene Hand. »Ich bin kein geduldiger Mensch, wissen Sie.«
Leider gibt er sich nicht sonderlich beeindruckt. »Was ist mit Vanessa passiert?«, will er wissen.
»Sie ist in Ordnung.«
»Das reicht mir nicht.«
Ich halte ihm Vanessas Handy unter die Nase. Auf dem Display sieht man, wie sie außer Atem, aber putzmunter, auf irgendetwas deutet. Es ist der Bus, mit dem ich gerade davonfahre. Ich habe sie mit ihrem eigenen Handy durch die Scheibe fotografiert. Neben ihr steht die Krawallhose, nicht sonderlich gut getroffen, doch deutlich erkennbar.
»Achten Sie auf das Aufnahmedatum«, sage ich zu Salzmann. »Ist erst ein paar Stunden her. Reicht das fürs Erste?«
Er nickt.
»Dann schießen Sie los!«
»Es gibt da ein Ferienhaus, eher eine Hütte, sie gehört einer Freundin der Familie«, berichtet er. »Früher bin ich manchmal am Wochenende mit meiner Frau hingefahren, wir hatten die Schlüssel. Ich habe sie nie zurückgegeben, nachdem …« Er hält inne, scheint seine Worte abzuwägen, setzt schließlich neu an. »In den letzten Jahren war ich nicht mehr dort, und es wusste auch niemand mehr, dass es diese Hütte gab – oder besser gesagt, dass es sie gibt. Sie steht ja noch.«
Okay, das klingt einigermaßen plausibel. Mein Knöchel schmerzt höllisch, ebenso mein Steißbein und der Nacken. Ich ziehe mir einen der Korbstühle heran und setze mich, nicht direkt an den Tisch, sondern ein Stück davor. Die Waffe ruht griffbereit in meinem Schoß.
»Ich habe Sie hierher bestellt, weil ich Informationen brauche«, erkläre ich. »Wenn ich die bekomme, kriegen Sie, was Sie wollen, und können gehen. Verstanden?«
Er nickt.
»Was waren das für Geschäfte, die Sie und Müller für Waskovic getätigt haben?«
»Woher weiß ich, dass Sie Wort halten?«
Nun ist es an mir, ihn eine Weile prüfend zu mustern.
»Sie gehen mir auf die Nerven mit Ihren ständigen Gegenfragen«, sage ich streng. »Ich glaube, Sie haben nicht verstanden, dass ich am längeren Hebel sitze. Sie haben hier keine Forderungen zu stellen.«
»Zeigen Sie mir erst, was Sie haben«, fordert er mich ungerührt auf, und langsam werde ich richtig sauer.
»Ich bin Ihnen nichts schuldig, klar? Ich kann Sie erschießen, wenn Sie nicht antworten. Ich kann der Polizei einen heißen Tipp geben, die ist ja wohl auch nicht Ihr Freund, sonst hätten Sie sie längst um Hilfe gebeten. Oder ich rufe Waskovic an, ganz, wie es mir beliebt – und ich habe den Eindruck, die letzte Option wäre die unangenehmste für Sie.«
Er blickt auf seine Hände, dann an mir vorbei ins Leere. »Die Materie ist ziemlich kompliziert«, beginnt er. »Ich versuche mal, das Ganze so einfach wie möglich darzustellen.«
»Ich bitte darum.«
»Die Waskovic Holz GmbH betreibt einen Holzgroßhandel, wie Sie wahrscheinlich wissen. Sie kauft Ware vor Ort bei den Waldbesitzern auf, vorrangig aus dem Bergischen Land und dem Westerwald. Es wird gesammelt und in größeren Mengen weiterveräußert – und das ist es im Wesentlichen auch schon. Dann gibt es noch eine zweite Gesellschaft, die hill & valley GmbH, deren Belegschaft größtenteils identisch mit der von Waskovic Holz ist. hill & valley handelt allerdings nicht mit heimischen Hölzern, sondern mit Edelholz aus Übersee. Es wird dort aufgekauft, importiert und auf den europäischen Markt gebracht, vorrangiger Kunde ist die Möbelindustrie. Die Ware stammt größtenteils aus Malaysia – offiziell. Inoffiziell wird sie nahezu ausschließlich aus Indonesien bezogen.«
»Offiziell – inoffiziell, was soll das heißen?«, hake ich nach.
»Indonesien ist einer der weltweit größten Tropenholzlieferanten«, erklärt Salzmann. »Es war beispielsweise der größte Teakholzexporteur, bis es in den 90ern in Verruf geriet, als bekannt wurde, dass dafür rigoroser Raubbau betrieben wurde. Massive Boykottaufrufe hatten zur Folge, dass der Markt für Teakholz in Deutschland so gut wie tot war. Das änderte sich allerdings vor einigen Jahren wieder. Nicht allein für Teak. Auch anderes hochwertiges Tropenholz kam wieder in Mode, vor allem für Gartenmöbel, Terrassenbeläge und so weiter. Was Härte, Unempfindlichkeit und Langlebigkeit betrifft, können die heimischen Hölzer da einfach nicht mithalten – zumindest sofern sie nicht entsprechend präpariert sind. Der Markt boomte also, nicht zuletzt, seit man auf die Idee gekommen war, Zertifizierungen
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