Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
Vom Netzwerk:
Fedrige, was seine Finger so krampfhaft umklammerten? Vielleicht war das ein Kissen, ein kuscheliges Gänsedaunenkissen, das seine Füllung verlor. Und dieses leichte Wackeln? Das kam ganz bestimmt nicht vom Fliegen. Es kam …
    Vorsichtig blinzelte er.
    Er flog tatsächlich.
    »Attacke!«, johlte Brendan, als sein Flugtier, der lange, geschmeidige Silberreiher, der Maude begleitete, plötzlich in den Sturzflug ging und ganz dicht an Curtis’ Pelzmütze vorbeizischte. Curtis geriet in Panik und krallte die Finger fester in den Hals des Vogels. Sie waren jetzt weit über den Baumwipfeln. Von hier oben sahen die turmhohen Tannen aus wie schneebedeckte Zahnstocher. Er konnte weit in die Ferne blicken, und die tief hinter einem dichten Wolkenschleier hängende Sonne beschien die Reisenden mit dem letzten Licht des Tages.
    »Aua!«, rief Maude. »Nicht so fest am Hals, bitte.«
    »Entschuldige!«, brüllte Curtis zurück. Tränen strömten ihm über das Gesicht, ob vom Wind oder aus Angst, wusste er selbst nicht recht. »Ich bin leider nicht so ganz schwindelfrei!«
    »Warum hast du das nicht vorher gesagt?«, entgegnete der entnervte Reiher.
    »Es schien mir nicht so angebracht!«
    »Es schien dir nicht was?« Der Wind war sehr laut, das machte die Unterhaltung etwas schwierig.
    »Es schien mir nicht …«, setzte Curtis an, wurde aber von Brendans nächstem ausgelassenem JIPPIE unterbrochen. Sein Silberreiher hatte mehrere Vogellängen Vorsprung und gerade einen halsbrecherischen Looping hingelegt. Erneut sausten sie genau über Curtis’ Kopf hinweg, sodass er das Gesicht in Maudes Daunen vergrub. »Ich wünschte, er würde damit aufhören«, sagte Curtis.
    »Entspann dich einfach!«, erwiderte Maude. »Du bist viel zu verkrampft! Das stört meine Fluglage!«
    Aus einem von Dunst eingehüllten Wipfel flog unvermittelt ein Schwarm Singammern auf, weshalb Maude scharf nach rechts schwenken musste. Curtis kreischte.
    »HILFE!«, quiekte er. »Kannst du das bitte lassen?«
    »Du meinst das hier?«, fragte Maude. Wieder drehte sie ab, dieses Mal noch rasanter. Sie streiften jetzt fast die höchsten Spitzen der Bäume, Schnee spritzte hoch auf Curtis’ verzerrtes Gesicht.
    »JA! GENAU DAS!«
    Der Reiherdame wurde das Spiel allmählich zu bunt, deshalb stieg sie auf eine etwas bequemere Reiseflughöhe und begann, zu gleiten. Die Turbulenzen ließen nach, und Curtis konnte seinen Griff um den Vogelhals lockern. »Also, wo geht’s noch mal hin?«, fragte er.
    »In die Große Halle in Nordwald«, antwortete Maude. »Es wurde ein Geheimtreffen einberufen.«
    »Ein Treffen mit wem?«
    Der Vogel seufzte. »Wenn ich das wüsste, wäre es ja wohl nicht so wahnsinnig geheim, oder?«
    »Aber warum wir?«, fragte Curtis verdutzt.
    Jetzt flog der Silberreiher neben ihnen her. »Ja, Wasservogel«, rief Brendan, »warum wurden wir dazu geholt? Was haben Räuber auf einem geheimen Treffen der Nordwalder zu suchen?«
    Maude sah Brendan von der Seite an und zischte verächtlich. »Wie schnell du doch die Lehren aus der Schlacht am Sockel vergessen hast!«, schalt sie. »Bist du etwa kein Wildwald-Freischärler mehr?«
    Diese Bemerkung brachte Brendan auf. »Komm mir bloß nicht mit der Schlacht am Sockel!«, donnerte er. »Ich kann mich nicht erinnern, dich da gesehen zu haben. Dein Vogelblut wurde nicht vergossen.«
    »Beruhige dich, Räuberkönig«, entgegnete Maude. »Es war nicht böse gemeint.« Sie räusperte sich und fuhr fort: »Die Älteste Mystikerin hat Vertreter aus allen vier Ländern zusammengerufen. Da Wildwald streng genommen von niemandem › regiert‹ wird, ging man davon aus, dass ein Abgesandter der Räuber genügen muss.«
    Vor ihnen erhob sich ein zart mit Schnee bedeckter Gipfel aus einer Kette umliegender Hügel, dessen Spitze von Wolken verhüllt war. »Der Kathedralenberg«, erklärte Maude, um die Situation wieder etwas aufzulockern. »Wir sind gleich da.« Ein Sträßchen wand sich gemächlich in Serpentinen durch diese Hügelkette und führte auf der windgeschützten Seite der Berglandschaft hinunter in ein sanftes Tal. Allmählich lichtete sich der Wald unter ihnen, Wiesen und Felder lösten die Bäume ab. Nach einer Zeit sah Curtis die ersten kleinen Häuschen am Rande dieser freien Flächen, aus deren gedrungenen Schornsteinen weißer Rauch aufstieg. Ein Mann und eine Frau traten auf eine Veranda, schirmten die Augen vor der Sonne ab und beobachteten neugierig die beiden Vögel und ihre Passagiere.
    Die

Weitere Kostenlose Bücher