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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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Mädchen«, sagte er zu Prue. »Bring mich zu deiner Armee.«

    Prue hatte ihr Fahrrad an die nördlichste Planke der Brücke gefahren und es dort an das Geländer gelehnt. Nun lief sie zwischen den beiden Säulen hin und her und warf immer wieder einen Seitenblick auf den hintersten Punkt der Straße, in der Hoffnung, ein paar Schemen in der dunstigen Ferne zu entdecken – vielleicht die Ohren eines Hasen oder das gewölbte Dach eines Wohnwagens, der die baldige
Ankunft der Armee ankündigen würde. Doch bis jetzt war nichts zu sehen.
    Die Räuber hatten die gesamte Brücke belegt. Bei der Ankunft waren sie noch munter und voller Elan gewesen, doch die Warterei hatte ihnen sichtlich Energie geraubt. Ziellos wanderten sie über die Holzbalken, und Prue war sich der fragenden Blicke in ihrem Rücken nur allzu bewusst. Curtis tigerte genau wie sie selbst auf und ab; jeweils auf halber Strecke trafen sie sich und wechselten einen Blick. Unter ihnen ergoss sich die Schwärze der tiefen Schlucht.
    Brendan stand an das Geländer gelehnt und kaute nachdenklich auf einem Grashalm herum.
    Schließlich ergriff er das Wort. »Prue, wir können uns nicht leisten, noch viel länger zu warten.«
    Prue blieb stehen; sie schaute erneut zurück auf die Lange Straße. Niemand war zu sehen. »Ich weiß auch nicht«, sagte sie nervös. »Ich dachte nicht, dass sie so weit hinter mir wären.«
    »Und du bist dir ganz sicher, dass diese Armee aufgestellt wurde?«, fragte Brendan.
    »Ja, absolut. Ich war dabei, als die Anweisungen gegeben wurden. Die Älteste Mystikerin hat mich geschickt, um dich zu suchen. Und hier sollten wir uns treffen, auf dieser Brücke. Ach, Mist noch mal!« Sie stampfte mit dem Fuß auf und hörte das Echo ihrer Schuhsohle auf der Holzplanke.
    Brendan wandte sich ab und betrachtete die herumstehenden
Räuber. Einige hatten ihre Waffen in der Hand – Pistolen, Gewehre, Messer – und überprüften sie, um die Zeit totzuschlagen. »Wir müssen los«, sagte er, »wenn wir diese Frau aufhalten wollen. Es ist bald so weit.«
    »Brendan«, rief da einer der Räuber und blinzelte in die Ferne. »Da kommen sie! Die Nordwalder!«
    Brendan und Prue rissen gleichzeitig die Köpfe herum; tatsächlich, da tauchten die ersten Gestalten hinter einer weit zurückliegenden Kurve auf. Sie marschierten in lockerer Anordnung, doch was anfangs aussah wie vereinzelte Grüppchen, wuchs immer weiter an, bis die gesamte Breite der Straße mit einem Meer von Geschöpfen angefüllt war. Da waren Hasen und Menschen, Füchse und Bären, und alle trugen die schmutzige und abgewetzte Kleidung von Landarbeitern: Overalls, Latzhosen, karierte Hemden und Flanelljacken. In den Händen und Pfoten hielten sie jedes nur erdenkliche Arbeitsgerät, und ihr Gang strahlte eine zähe Entschlossenheit aus, mit der Prue nicht gerechnet hatte. Hier und dort hatten sich Ochsenkarren und Eselskarren unter die Menge gemischt, deren bunte Anstriche einen auffälligen Kontrast zu den unzähligen Grüntönen des Waldes bildeten. An der Spitze der Marschierenden erkannte Prue den Fuchs Sterling. Sie lächelte breit.
    »Ihr habt es geschafft«, rief sie erleichtert.
    Sterling streckte ihr die Hand zum Gruß hin. »Es war nicht einfach«, sagte er. »Aber da wären wir.«

    Prue deutete auf Curtis. »Sterling, das hier ist mein guter Freund Curtis. Er ist, nun ja, er ist ein Räuber.«
    Curtis verbeugte sich tief. »Guten Tag«, sagte er.
    Sterling musterte ihn argwöhnisch. »Bist du der Anführer?«, fragte er mit einem Seitenblick auf die versammelte Bande.
    »Oh nein, nein.« Curtis trat beiseite. »Das ist Brendan. Der Räuberkönig.«
    Brendan kam näher, die Hände auf den Säbelknauf gelegt. Die Krone aus Efeu und Scheinbeerenranken thronte in seinen lockigen roten Haaren, und er reckte das Kinn. »Hallo Fuchs«, sagte Brendan.
    Sterling riss die Augen auf und warf sich in die Brust. »Hallo Brendan«, sagte er mit kalter, fester Stimme. »Hätte nicht gedacht, dass ich deine elende Visage noch mal sehen muss.«
    Erschrocken schielte Prue zu Curtis. Der zuckte die Achseln.
    Brendan lächelte nur. »Die Umstände sind seltsam, so viel ist sicher. Aber mittlerweile ist das doch alles Schnee von gestern, oder, Füchschen?«
    »Ich hätte gute Lust, dich auf der Stelle zu verhaften«, rief Sterling. »Für alles, was du getan hast.«
    Prue machte einen Schritt nach vorn. »Ihn verhaften? Sind Sie wahnsinnig? Wir sind Verbündete, schon vergessen?« Der Fuchs sah

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