Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
Vom Netzwerk:
opfern?
    »Psst«, zischte Septimus von vorne. »Curtis, was treibst du da?«
    Curtis merkte, dass er mitten auf der Straße angehalten hatte, die Hände in den Taschen, die Finger auf dem kühlen Metall seiner Hausschlüssel. »Septimus«, begann er, »ich weiß nicht, wie ich das sagen soll, aber …« Er stockte. Septimus zog eine Augenbraue hoch und wartete ungeduldig auf das Satzende.
    »Ich glaube, ich …«
    Da ertönte hinter ihm ein Geräusch, und er brach ab. Es war ein metallisches Geräusch, das die friedliche Stille des Waldes störte, und es wurde immer lauter und lauter, ein Scheppern, das offenbar auf ihn zupolterte. Während Septimus den Räubern hinterherjagte, lauschte Curtis reglos.
    Es klang wie ein Fahrrad.

VIERUNDZWANZIG
Wieder vereint
    P RUE!«
    Zuerst hatte es sich angehört wie ein Eulenschrei. Prue war so auf ihr Vorderrad und einen ganz besonders holprigen Straßenabschnitt fixiert gewesen, dass sie das Geräusch als eine von vielen Noten in der endlosen Symphonie der Waldgeräusche abgetan hatte. Doch es ertönte erneut, lauter, näher:
    »PRUUUUUUUUUUUE!«
    Jemand rief ganz eindeutig ihren Namen. Sie blickte auf und entdeckte mitten auf der Straße eine kleine Gestalt in einer schmutzigen
Brigadiersuniform. Sie hatte Curtis’ Haare und Curtis’ Brille, aber Prues Verstand weigerte sich, das anzuerkennen. Als sie jedoch näher kam, war daran nicht mehr zu rütteln: Curtis war nicht zu Hause in St. Johns. Curtis war nicht bei seinen Eltern in Sicherheit. Curtis hatte Wildwald nicht verlassen. Curtis stand genau vor ihr. Und sie würde ihn gleich über den Haufen fahren.
    »CURTIS!«, brüllte Prue, während ihre Finger die Bremsen quetschten und der Hinterreifen schlitterte und schleuderte. Der Anhänger knallte mit Wucht von hinten gegen das Fahrrad und schlug dann laut scheppernd wieder auf dem Boden auf. Curtis hechtete zur Seite und sprang kopfüber ins Gebüsch. Endlich gelang es Prue, das Rad zum Stehen zu bringen. Sie hüpfte vom Sattel, klappte den Ständer aus und rannte zu Curtis.
    »Curtis! Ich glaub das nicht. Ich glaube das einfach nicht!« Curtis kroch aus einem kleinen Himbeerstrauch, dessen dornige Zweige sich hartnäckig an seine Uniform klammerten. Prue streckte ihm ihre Hand entgegen, und er ergriff sie. Jetzt standen sie zusammen neben der Straße und starrten einander verwundert an.
    Dann sprachen beide gleichzeitig. »Ich dachte, du …!« – »Wie bist du …?« Da keiner von beiden richtig zu Wort kam, stießen sie einen gemeinschaftlichen Freudenschrei aus und fielen einander glücklich in die Arme.
    Nach einer Weile trat Prue zurück. »Ich dachte, du wärst nach Hause gegangen! Das hat diese Alexandra behauptet.«

    Curtis schüttelte den Kopf. »Nein, ich war in dem Kojotenbau, als du auch da warst. Ich war eingesperrt!«
    Prue verzog wütend das Gesicht und fluchte. »Diese böse, böse Frau. Es ist unglaublich! Sie hat lauter Lügen erzählt …«
    »Aber du!«, unterbrach Curtis. »Sie hat gesagt, du wärst nach Hause gegangen.«
    »Das bin ich auch«, erklärte Prue. »Aber ich bin gleich wieder zurückgekommen. Oh Curtis, es ist so viel passiert, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben – ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll!«
    Curtis schlug sich aufgeregt mit der Hand auf die Brust. »Bei mir auch! Das glaubst du nicht.«
    Plötzlich fiel Prue ihr Auftrag wieder ein. »Aber ich hab nicht viel Zeit. Ich fahre der Armee von Nordwald voraus, ich muss Hilfe holen.«
    »Die Armee von Nordwald?«, fragte Curtis. »Was ist das?«
    »Keine richtige Armee«, verbesserte Prue sich. »Eher ein paar hundert Bauern mit Mistgabeln. Ich bin unterwegs, um die Wildwaldräuber zu suchen und um Hilfe zu bitten – ich dachte mir, mit ihnen zusammen haben wir vielleicht eine Chance.«
    Curtis lächelte.
    »Was denn?«, fragte Prue verdutzt. »Warum grinst du so?«

    »Du hast sie gefunden«, sagte er.
    »Wie bitte?«
    »Die Räuber. Du hast sie gefunden. Rein zufällig steht vor dir ein Wildwaldräuber, eingeschworen und vereidigt«, erklärte Curtis stolz, die Hände in die Hüften gestemmt.
    »Du?«, fragte sie. »Du bist jetzt ein Räuber?« Sie schlug sich die Hand an die Stirn.
    »Jawoll. Die ganze Räuberbande ist genau hinter …« Er schnellte herum, stellte aber verblüfft fest, dass die Straße leer war. »Gerade waren sie noch da.« Mit einem entschuldigenden Lächeln wandte er sich wieder an Prue. »Moment mal«, sagte er und hielt den Zeigefinger in

Weitere Kostenlose Bücher