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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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die Luft. »Bin gleich wieder da.« Er drehte sich um und trabte mit wippenden Epauletten los. Als er eine Straßenbiegung erreichte, stellte er sich an den Waldrand und rief etwas. Gleich darauf tauchte jemand auf. Er und Curtis unterhielten sich kurz, dann verschwand der andere wieder zwischen den Bäumen. Curtis sah Prue an, machte eine Kreisbewegung mit der Hand und verdrehte die Augen. Plötzlich teilte sich das dunkelgrüne Unterholz, und Dutzende von bewaffneten Männern und Frauen in bunt zusammengewürfelten Uniformen traten aus dem Schatten in das Licht der Straße. Ein Mann, den Prue als Brendan erkannte, ging voran, und zusammen mit Curtis marschierten sie alle auf das sprachlose Mädchen mit dem Fahrrad zu.
    »Prue, das ist Brendan, der Räuberkönig«, sagte Curtis. »Aber ich glaube, ihr beide kennt euch schon.«

    »Aber ja!«, rief Prue und verbeugte sich etwas verlegen. »Ach, Brendan. Ich bin ja so froh, dass es dir gutgeht.«
    Brendan lächelte. »Was machen die Rippen, Außenweltlerin?«
    »Die sind ganz in Ordnung«, sagte sie errötend. »Viel besser.«
    Prue ließ den Blick über den Räuberhaufen schweifen; es waren weniger, als sie gehofft hatte. Offenbar verriet ihre Miene diese Gedanken, denn Brendan erklärte finster: »Wir haben große Verluste erlitten. Wir sind nicht mehr die starke Truppe, die du erlebt hast, als du bei uns warst. Aber dennoch: Wir sind losgezogen, um uns der Gouverneurswitwe ein für alle Mal in den Weg zu stellen. Wir sind entschlossen, ihr die Niederlage ihres Lebens zu bescheren – und wenn es uns das Leben kostet.« Die Männer und Frauen hinter ihm murmelten zustimmend.
    »Aber hör mal, Brendan«, rief Curtis mit vor Aufregung zitternder Stimme. »Prue hat auch eine Armee!«
    »Was?« Brendan starrte Prue an.
    Prue atmete tief durch und sagte: »Nach unserer letzten Begegnung war ich in Nordwald und habe mit den Mystikern gesprochen. Sie sind bereit, gegen die Gouverneurin zu kämpfen. Sie sind sogar schon unterwegs, bestimmt sind sie bald hier. Ich bin nur vorgefahren, um euch Räuber zu finden, weil wir hofften, ihr würdet euch uns anschließen.«
    Das versetzte die Menge in Aufruhr. »Verstärkung!«, rief einer. »Großartig!«

    Ein anderer wies ihn zurecht: »Diese Bauerntölpel? Willst du mich veräppeln?«
    »Kein Räuber hat je zusammen mit einem Zivilisten gekämpft – das ist undenkbar!«
    Brendan drehte sich um und wedelte mit den Armen, um dem Lärm Einhalt zu gebieten. »Ruhe jetzt, alle zusammen!«, befahl er. Als es wieder still war, wandte er sich erneut an Prue. »Um was für eine Armee geht es?«, fragte er.
    »Vierhundert Leute«, sagte Prue. »Ungefähr. Menschen und Tiere. Hauptsächlich mit Werkzeug bewaffnet.«
    »Na toll«, bemerkte einer der Räuber aus der Menge, wurde aber sofort von seinen Nachbarn zum Schweigen verdonnert.
    Brendan ließ sich diese Neuigkeit durch den Kopf gehen. »Nicht ideal, aber einen Kämpfer muss man an seinem Können messen, nicht an seiner Waffe.« Er strich sich über den struppigen roten Bart und drehte sich zu seinen Mitstreitern um. »Wir werden uns mit den Bauern zusammentun«, verkündete er. Sofort erhob sich lautstarker Protest.
    »Die beklauen wir, aber wir kämpfen doch nicht mit denen!«
    »Mein Großvater würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, dass seine Enkelin neben einem Nordwalder in die Schlacht zieht!«
    »Ruhe jetzt!«, brüllte Brendan. »Ich dulde keinen Widerspruch. In dieser Sache wird nicht abgestimmt, und damit basta.« Als sich die Räuber wieder etwas beruhigt hatten, fuhr er fort: »Unser Eid
und unser Kodex legen ganz klar fest, dass ›alle Pflanzen, Tiere und Menschen gleichberechtigt zu behandeln‹ sind. Und nie waren diese Worte in unserer Geschichte angebrachter als jetzt.« Seine Stimme wurde hart und eisig, als er mit einem tätowierten Finger in Richtung Bäume deutete. »Die Gefahr, die uns droht, betrifft jedes Lebewesen in diesem Wald. Wenn wir uns mit Nordwald verbünden, halten wir unseren Kodex, unseren Schwur , nicht nur hoch, sondern machen ihn noch stärker. Stärker, indem wir ihn leben .« Er blähte die Nasenflügel auf und beäugte die Menge. »Ist das klar?«
    Schweigen.
    »Ich sagte: Ist das klar?«, donnerte er, sodass seine Stimme zwischen den Bäumen widerhallte.
    »Jawohl«, sagte ein Räuber, und noch ein paar fielen ein: »Jawohl, König.« Schließlich stimmte die gesamte Räuberbande in den Chor ein, und Brendan nickte.
    »Also gut,

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