Wildwood
Ahnung.« Langsam und lautlos lehnte sie ihr Rad an den Hang. Sie tippte die Frau vor sich an, eine Räuberin in einer schmutzigen blauen Uniform mit einem dicken zusammengerollten Seil auf dem Rücken. »Was ist denn?«
Die Frau zuckte die Achseln und blieb tief in die Schwertfarne gekauert, die über den schmalen Weg hingen. Kurz darauf verbreitete sich im Flüsterton eine Nachricht durch die Kolonne nach hinten. Die Räuberin drehte sich zu Prue um.
»Kojoten«, murmelte sie. »Auf dem Kamm gegenüber.«
Prue spähte auf die andere Seite der Schlucht. Die üppige Vegetation wucherte über die Böschung bis hinunter zu einem trockenen Bachbett, wo die beiden Hänge sich in einem spitzen V trafen.
»Wo?«, fragte sie gedämpft. »Ich sehe keine.«
Auch Curtis konnte nichts entdecken. Doch dann kündigte das Knacken eines zerbrochenen Asts im Unterholz den Anmarsch ihres Feindes an. Im Nu spie das Dickicht einen Trupp von etwa dreißig Kojotensoldaten aus, deren Köpfe nur knapp die gewaltigen Wedel des Frauenhaarfarns überragten. Der Weg war beschwerlich; mühsam kämpften sie sich an der Hügelflanke voran.
Prue hob den Kopf und blickte über die lange Reihe der auf dem Boden kauernden Räuber und Bauern vor sich, um zu sehen, ob jemand etwas unternahm. Sie sah Brendans Schopf auftauchen; er gab einigen seiner Kameraden an der Spitze der Kolonne Handzeichen. Prue konnte die Signale zwar nicht deuten, doch die Räuber verstanden sofort. Geduckt lief der König nach hinten und blieb bei der Räuberin vor Prue stehen. Er machte eine Kreisbewegung mit dem Zeigefinger und deutete dann über die Schlucht. Die Frau nickte und zog sich das Seil von der Schulter.
»Was ist der Plan?«, zischte Curtis. »Können wir helfen?«
Brendan schüttelte den Kopf. »Verhaltet euch still. Wir brauchen nur Enterhaken und Bogenschützen.«
»Ich hab eine Schleuder«, sagte Curtis.
Brendan sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. »Schon mal eine benutzt?«, fragte er.
»Nein«, antwortete Curtis nicht ganz wahrheitsgemäß.
»Wie gesagt: nur Enterhaken und Bogenschützen«, wiederholte Brendan. »Ihr bleibt hier.«
Minuten vergingen. Die Kojoten auf der anderen Seite der Schlucht setzten ihren Weg behutsam fort, ohne sich der im Farndickicht gegenüber lauernden Gefahr bewusst zu sein. Die Räuber warteten auf Brendans Zeichen.
Plötzlich drehte der Wind und wehte den Hang hinab über die versteckte Armee. Einer der Kojoten, dessen klimpernde Orden auf der Brust ihn als ranghohen Soldaten auswiesen, reckte die Schnauze und schnupperte. Seine Augen weiteten sich, als er die Gefahr witterte.
»Feinde!«, rief er und riss ein Schwert hoch. »Drüben auf dem Kamm!«
Im selben Moment gab Brendan auch schon das Angriffssignal, worauf sich etwa zwanzig Räuber an unterschiedlichen Stellen der Kolonne erhoben. Die Hälfte von ihnen hielt Seile mit Enterhaken in der Hand, die anderen spannten die Sehnen langer Eibenbogen und zielten sorgfältig auf den gegenüberliegenden Kamm.
»Schützen, FEUER!«, rief Brendan, und die Luft über der Schlucht surrte vor Pfeilen, die ihr Ziel zum größten Teil nicht verfehlten.
Dutzende von Farnbüscheln wurden von den leblos die Böschung hinabstürzenden Kojoten niedergemäht. Mit einem Schlag war der Kojotentrupp mindestens halbiert, und die übrigen brachen in panisches Kläffen aus. »Haltet die Stellung!«, bellte der Hauptmann immer noch mit gezogenem Schwert. »Füsiliere! Feuer frei!« Verzweifelt machten sich die Soldaten an ihren langen Steinschlossgewehren zu schaffen und stopften Pulver und Kugeln in die Läufe. Gleichzeitig jedoch gaben die Räuber eine weitere Salve ab, und noch ehe ein einziger Schuss ertönen konnte, prasselte erneut ein Pfeilhagel auf die wenigen armen Kojoten hernieder, die nicht in Deckung gegangen waren. Der Hauptmann stand immer noch aufrecht und starrte seine Gegner auf der anderen Seite trotzig an.
»Rückzug!«, schrie er. »Verstärkung anfordern!«
Diesen Moment nutzte Brendan, um den Befehl für die Enterhaken zu geben. Sogleich schwirrten die Seile kreuz und quer über den Abgrund und strafften sich, als die Haken in den überhängenden Baumkronen Halt fanden. Die Frau vor Prue überprüfte rasch die Belastbarkeit ihres Stricks, dann sprang sie hoch in die Luft und segelte mit der spielerischen Leichtigkeit einer Akrobatin über die Schlucht. Prue beobachtete, wie sie auf der anderen Seite landete, ihren Säbel zog und flink drei Kojoten
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