Wildwood
schaukeln!«, brüllte Brendan. »Schneller!« Curtis spürte eine Kugel an seiner Wange vorbeisausen und legte sich noch mehr ins Zeug.
Da ertönte eine Frauenstimme durch den aus den Gewehrläufen aufsteigenden Qualm. »AUFHÖREN!«, befahl sie. Unvermittelt brach das Schießen ab. Abrupt blieb Curtis stehen und postierte sich breitbeinig in der Mitte des Käfigs, um ihn abzubremsen. Endlich lichtete sich der Rauch etwas, und Curtis konnte Alexandra ausmachen, die auf die Käfige zuging. Ihr Gesicht war gerötet.
»Ihr unverschämten Kinder!« Sie wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht herum, um den Qualm zu vertreiben. »Unverschämte, freche Grobiane!«
Der Kojote Dmitri erhob Einspruch: »Ich hab doch gar nichts gemacht.«
»Klappe!«, schnappte die Gouverneurin.
»Wo ist Prue?«, rief Curtis noch etwas atemlos von der anstrengenden Schaukelei. Der Rauch kratzte ihm im Hals und brannte in den Augen. »Was haben Sie mit ihr gemacht?«
»Ich hab sie nach Hause geschickt«, sagte die Gouverneurin.
»Sie ist fort. Zurück in der Außenwelt. Also könnt ihr jetzt alle mit dem Krawall aufhören, wenn ihr so freundlich wärt.« Sie sah Curtis direkt an und meinte: »Sie ist in keiner guten Verfassung, weißt du. Sie hat viel durchgemacht.«
»Sie haben Prue angelogen! Sie ahnt nichts von Ihrem Plan!«
»Sie ist ein kluges Mädchen, diese Prue McKeel«, erwiderte Alexandra gelassen. »Sie weiß, wann sie einer Situation nicht gewachsen ist. Im Gegensatz zu anderen mir bekannten Außenweltlern.«
An dieser Stelle schritt Brendan ein. »Lass die Kinder in Ruhe, Hexe«, ertönte seine barsche Stimme. »Was für eine Frau sucht sich denn Kinder als Feinde?«
»Und was für ein König lässt sein Volk bei der kleinsten Herausforderung im Stich, hmm?«, fragte Alexandra zurück. »Deine Landsleute sollten wissen, dass du abgefangen wurdest, als du versucht hast, dich in den Wald zu verkriechen, fernab von eurem kostbaren Versteck. Beim ersten Anzeichen eines Feindes haust du ab, um deine eigene Haut zu retten.«
Brendan lachte. »Erzähl nur, was du willst, Witwe. Deine Worte klingen hohl.«
Curtis hatte sich unterdessen vor Verzweiflung auf den Käfigboden geworfen und starrte trübselig ins Leere. »Ich fasse es einfach nicht«, murmelte er. Er fühlte sich völlig verlassen.
Brendan warf ihm einen mitfühlenden Blick zu, ehe er Alexandra
anbrüllte: »Was hast du mit dem Bruder des Mädchens gemacht? Mit dem kleinen Kind?«
»Das ist in Sicherheit«, sagte die Gouverneurin. »Es wird gut gepflegt.«
»Sie will Mac dem Efeu opfern!«, rief Curtis. »An der Tagundnachtgleiche.«
Die Hände um die Gitterstäbe geklammert, stand Brendan in seinem Käfig und starrte auf die Gouverneurin hinab. »Ach, Witwe«, sagte er leise. »Sag, dass das nicht stimmt. Nicht der Efeu.«
Alexandra lächelte zu ihm hinauf, sie strahlte beinahe vor Stolz. »Oh doch, Räuberkönig. Wir haben eine Abmachung getroffen, der Efeu und ich. Die Pflanze verlangt nach Menschenblut. Ich verlange nach Herrschaft. Eine Hand wäscht die andere. Hört sich doch nach einer vernünftigen Partnerschaft an, oder?«
»Du bist wahnsinnig, Hexe«, sagte Brendan. »Der Efeu wird nicht aufhören, bis alles ausgelöscht ist.«
»Genau das ist der Sinn der Sache«, entgegnete Alexandra. Ruhig beschrieb sie mit der Hand eine waagrechte Linie durch die Luft, eine Verneinung, ein Schlussstrich. »Alles. Weg.«
»Wir werden dich aufhalten«, sagte Brendan zunehmend aufgewühlt. »Wir haben noch genug Leute, wir können dich immer noch in die Knie zwingen.«
»Eher unwahrscheinlich«, entgegnete Alexandra. »Wo ihr ›König‹ doch eingekerkert ist. Da ich allerdings davon ausgehe, dass der Rest
deines Gesindels meiner Armee weiterhin zusetzen wird, muss ich darauf bestehen, dass du mir den Standort eures kleinen Verstecks nennst. Und zwar unverzüglich.«
Brendan spuckte auf den Boden. Der Tropfen landete nur wenige Schritte von einem Kojotensoldaten entfernt, der das Gesicht verzog und zur Seite trat. »Nur über meine Leiche«, sagte der König.
Alexandra lächelte. »Das lässt sich einrichten.« Damit drehte sie sich zu ihren Soldaten um und donnerte: »Bringt den König in die Verhörkammer. Holt aus ihm raus, wo das Versteck liegt. Egal mit welchen Mitteln.« Sie wandte sich zum Gehen, verharrte dann aber im Eingang und sah lächelnd über die Schulter zurück. »Mach’s gut, Curtis. Ich rechne nicht damit, dich noch einmal wiederzusehen.
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