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Wilhelm Storitz' Geheimnis

Wilhelm Storitz' Geheimnis

Titel: Wilhelm Storitz' Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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dem Gebiete der physikalischen Wissenschaften, die ihm die Möglichkeit des Fortschrittes, der rascheren Entwicklung verdanken.«
    Der Verfasser des Artikels übertrieb nicht. Otto Storitz erfreute sich in Gelehrtenkreisen mit vollstem Recht seines Rufes als Mann von hochbedeutendem Wissen. Was mir aber zu denken gab, war folgender Passus:
    »Es ist eine bekannte Tatsache, daß Otto Storitz bei seinen Lebzeiten von gewissen, mit einem Hang zum Übernatürlichen begabten Geistern für eine Art Zauberer gehalten worden ist. Hätte er ein oder zwei Jahrhunderte früher das Licht der Welt erblickt, so wäre der Fall nicht ausgeschlossen gewesen, daß er verhaftet, verurteilt und öffentlich verbrannt worden wäre. Wir bemerken ferner, daß jetzt noch, nach seinem Tode, viele zum Aberglauben neigende Leute ihn mehr denn je für einen Hexenmeister und Beschwörungskünstler halten und ihm übernatürliche Kräfte zuschreiben. Zu ihrer Beruhigung dient nur der Umstand, daß er seine gefährlichen Geheimnisse mit ins Grab genommen hat. Der Versuch, dieser Sorte von Leuten die Augen öffnen zu wollen, dürfte vergebliche Mühe sein; für sie wird Otto Storitz immer ein Kabbalist, ein Magier, wenn nicht ein vom Teufel Besessener sein.«
    Meinetwegen kann man ihn dafür halten – dachte ich – maßgebend für mich ist nur, daß Dr. Roderich den Sohn abgewiesen hat. Alles Übrige läßt mich kalt.
    Und nun die Schlußworte des Zeitungsartikels: »Wie jedes Jahr gelegentlich der Feier seines Todestages, dürfte auch diesmal der zum Grabe Otto Storitz’ pilgernde Menschenstrom ein bedeutender sein, abgesehen von den wahren Freunden des dahingeschiedenen Gelehrten, die sein Andenken treu bewahrt haben. Auch können wir unbesorgt annehmen, daß die im höchsten Grade abergläubische Bevölkerung von Spremberg sich auf irgend ein Wunder gefaßt macht und die Gelegenheit nicht versäumen will, dabei Zeuge zu sein. Wie man sich in der Stadt erzählt, soll der Kirchhof der Schauplatz der unwahrscheinlichsten, außergewöhnlichsten Naturerscheinungen sein. Und es würde niemanden übermäßig in Erstaunen setzen, wenn – inmitten allgemeinen Entsetzens – der das Grab verschließende Stein sich plötzlich heben und der phantastische Gelehrte in all seiner Glorie auferstehen würde.
    »Viele sind sogar der Meinung, Otto Storitz sei gar nicht gestorben, man hätte am Tage der Beisetzung das Begräbnis nur simuliert.
    »Unsere Zeit ist zu kostbar, um sie mit der Widerlegung solch unsinniger Gerüchte zu verschwenden. Aber, wie jedermann weiß, Aberglauben und Logik sind zwei diametral entgegengesetzte Begriffe und es wird wohl noch so manches Jahr dauern, ehe der gesunde Menschenverstand über diese lächerlichen Legenden triumphiert haben wird.«
    Dieser Artikel regte mich zu pessimistischen Betrachtungen an. Nicht daß ich an Otto Storitz Tode und wirklichem Begräbnis auch nur einen Moment gezweifelt hätte; nichts war gewisser als das! Auch war es nicht der Mühe wert, sich bei dem Gedanken aufzuhalten, sein Grab werde sich am 25. Mai öffnen und er – ein moderner Lazarus – werde vor den Augen der verblüfften Menge erscheinen. Aber – wenn der Tod des Vaters auch unanfechtbar war und blieb, so war es ebenso unzweifelhaft, daß er einen lebenden, und zwar einen nicht tatenlos lebenden Sohn hatte, welcher von der Familie Roderich abgewiesen, beleidigt worden war. War da nicht die Sorge am Platze, er könne Markus feindlich gesinnt sein, ihm Schwierigkeiten bereiten, seiner Vermählung Hindernisse in den Weg stellen?…
    »Unsinn! sagte ich mir, während ich die Zeitung fortwarf, welch unvernünftige Gedanken! Wilhelm Storitz hat um Myras Hand angehalten… gut; man hat sie ihm verweigert… noch besser!… Was weiter? Niemand hat diesen Storitz wiedergesehen und nachdem mir Markus von der ganzen Geschichte nie ein Sterbenswort mitgeteilt hat, sehe ich nicht ein, warum ich dieser Angelegenheit auch nur die geringste Aufmerksamkeit schenken soll.«
     

    Meine Aufmerksamkeit wurde durch die in die Augen fallende Überschrift gefesselt. (S. 22.)
     
    Ich ließ mir Papier, Feder und Tinte bringen und schrieb meinem Bruder, daß ich Pest am nächsten Morgen zu verlassen gedächte und meine Ankunft in Ragz – ich war höchstens fünfundsiebzig Meilen davon entfernt – am Nachmittage des 11. Mai zu erwarten sei. Ich berichtete ihm, daß bisher meine Reise durch keine unliebsamen Zwischenfälle verzögert worden war und gab der

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