Will & Will
ist, wie die anderen mich wohl anschauen und was sie von mir denken? obwohl ich daran sowieso nichts ändern kann? versteh mich nicht falsch – ich mag meinen körper. aber ich bin nicht so ein vollidiot zu glauben, dass alle anderen ihn auch mögen.
aber was mich nervt – was mich wirklich fertigmacht –, ist, dass die meisten leute nur das bei mir sehen. nur meinen körper. schon als ich klein war, ging das so. hey, tiny, spiel mit uns football! hey, tiny, wie viele hamburger hast du heute gegessen? hey, tiny, findest du deinen pimmel da unten eigentlich überhaupt noch? hey, tiny, du musst in unsere basketball-mannschaft, ob du willst oder nicht. aber starr uns in der umkleide nicht dauernd so an! klingt das für dich so, als hätte ich es immer leicht?
ich will etwas sagen, aber er hebt abwehrend die hand.
tiny: weißt du was? ich bin total damit einverstanden, dass ich so riesig bin. und ich war schwul, bevor ich wusste, was sex ist. so bin ich eben und das ist echt in ordnung, ich will nicht dünn oder schön oder hetero oder brillant sein. nein, was ich wirklich will – und nie bekomme –, ist wertschätzung . hast du eine ahnung, wie es sich anfühlt, wenn man sich die ganze zeit anstrengt, dass alle glücklich sind, und keiner würdigt das? ich reiß mir den arsch auf, damit aus dem anderen will grayson und jane ein paar wird – und was ist? ich krieg dafür keine anerkennung, sondern nur ärger. ich schreibe ein ganzes musical, das von der liebe handelt, und die hauptfigur darin – außer mir natürlich – ist phil wrayson, der in seinem leben ein paar dinge auf die reihe kriegen muss, aber alles in allem ein netter, wunderbarer junge ist. und kapiert will das? nein. er flippt aus. ich tu alles, was ich kann, um für dich ein guter freund zu sein – keine anerkennung, nur ärger. ich will dieses musical aufführen, ich will, dass daraus etwas entsteht, ich will, dass alle spüren,
dass sie auch ein lied in sich tragen – keine anerkennung, nur ärger. dieses musical ist ein geschenk, will. mein geschenk an die welt. es handelt nicht von mir. es handelt davon, was ich mitzuteilen habe. das ist ein unterschied – für mich ist er ganz deutlich, aber ich glaube, ich bin der einzige, der diesen unterschied sieht. du glaubst, dass ich es leicht habe, will? dann schlüpf doch mal in meine großen schuhe! jeden morgen, wenn ich aufwache, muss ich mir von neuem sagen, ja, ich werde etwas zustandebringen. ich werde etwas gutes zustandebringen. denn allein darum geht es – etwas gutes zu tun. nicht für mich selbst, du weinerlicher schwachkopf von einem jammerseligen bastard, den ich zufälligerweise wirklich, wirklich mag. sondern für meine freunde. für andere.
ich: aber warum ausgerechnet ich? ich meine, was findest du denn an mir?
tiny: du hast ein herz, will. manchmal lässt du einen das sogar spüren. das ist es, was ich an dir finde. und ich finde, du brauchst mich.
ich schüttle den kopf.
ich: hast du’s immer noch nicht begriffen? ich brauche niemanden.
tiny: das heißt nur, dass du mich umso mehr brauchst.
es ist für mich so sonnenklar.
ich: du hast dich nicht in mich verliebt. was dich anmacht, ist mein hunger nach liebe.
tiny: wer hat was von verliebt gesagt? ich hab ›wirklich, wirklich mögen‹ gesagt.
dann sagt er nichts mehr. kleine pause. dann
tiny: das passiert immer. auf irgendeine weise passiert das immer.
ich: tut mir leid.
tiny: das hör ich dann auch immer, dieses ›tut mir leid‹.
ich: ich kann einfach nicht.
tiny: du kannst, aber du willst nicht. du willst einfach nicht.
mir kommt es vor, als müsste ich gar nicht mit ihm schluss machen, weil er das trennungsgespräch in seinem kopf bereits geführt hat. eigentlich müsste ich erleichtert sein, dass ich gar nichts sagen muss. stattdessen geht es mir erst recht schlecht.
ich: es liegt nicht an dir. ich kann einfach nichts empfinden.
tiny: wirklich? empfindest du gerade wirklich nichts? überhaupt nichts?
ich würde ihm gern erklären: niemand hat mir beigebracht, wie ich mich in solchen situationen fühlen soll. wenn man das festhalten nicht gelernt hat, sollte loslassen dann nicht schmerzfrei sein?
tiny: ich werd jetzt gehen.
und ich bleibe. ich bleibe auf der schaukel sitzen, als er fortgeht.
ich bleibe reglos sitzen, als er in sein auto einsteigt. ich bleibe stumm sitzen, als ich höre, wie er den motor anlässt und wegfährt. ich
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