Willenlos
Herrn Hornbach befreundet seien.«
»Das ist nach wie vor richtig«, Ulf Gerster bat sie herein.
»Entschuldigen Sie bitte mein Outfit, ich komme gerade aus der Dusche.«
Überall standen Umzugskartons. An den Wänden deuteten helle Flecken auf fehlende Bilder. Ulf Gerster bat sie in die Küche. Auch hier standen Kartons auf dem Fußboden.
»Sie ziehen um?«
»Nein«, die Stimme gedrückt, »meine Frau und ich haben uns vor zwei Monaten getrennt, morgen früh holt sie ihre restlichen Sachen ab.«
»Das tut mir leid.«
»Ging mir auch so. Aber mittlerweile habe ich es akzeptiert. Ich wollte mir ein Essen zubereiten. Darf ich Sie einladen?«
Auf der Arbeitsplatte hinter ihm lagen Salate, Gurken, Paprika, Schafskäse und ein Teller mit in Streifen geschnittenem Putenfleisch. Karin hatte erst einen Joghurt am Morgen gegessen und einen Apfel zwischendurch.
»Nein, danke.«
Sie dachte an Robin. Karin wollte heute gemeinsam mit ihrem Sohn zu Mittag essen. Auf sich allein gestellt würde Robin zur nächsten Imbissbude fahren. Ihre Tochter Carmen wollte direkt nach der Arbeit ihren Freund besuchen und würde erfahrungsgemäß erst am späten Abend zurück sein.
»Mögen Sie Brot dazu?«
Charmantes Lächeln und der Duft von frischem Gemüse brachten das Hungergefühl zurück.
»Wenn Sie mögen, öffne ich uns noch einen tollen französischen Rotwein.«
»Ich bin im Dienst«, Karin wollte empört klingen, der Versuch ging in einem Lachen unter. Gerster ignorierte ihre Absage, ging einfach darüber hinweg. Was bildete dieser Casanova sich ein?
»Oh, Entschuldigung, daran habe ich nicht mehr gedacht. Okay, lassen wir die Zwiebeln besser weg. Haben Sie Lust, mir zu helfen? Dabei kann ich auch Ihre Fragen beantworten. Schießen Sie los.«
Noch ehe sie darüber nachdenken konnte, stand Karin vor der Spüle und wusch den Salat.
»Sie dulden wohl keinen Widerspruch?«
»Von einer reizenden Dame wie Ihnen höchst ungern.«
Der flirtet mit mir, Karin konnte es nicht glauben. Verwundert stellte sie fest, dass es ihr angenehm war. Carmen hatte sie vor drei Wochen gefragt, warum sie keine neue Beziehung eingehe. Wenn das so einfach wäre, hatte sie geantwortet. Ihre Ehe war bereits daran gescheitert, dass sie keine Zeit füreinander hatten. Sie kam oft am späten Nachmittag von der Dienststelle, musste sich um Haushalt und Kinder kümmern. An den Wochenenden war sie meist kaputt, brachte nicht mehr genügend Energie auf auszugehen. Robin sagte ihr neulich in seiner direkten Art: »Mutti, du bist vom Markt, finde dich einfach damit ab.« Es tat weh, sie hatte den Schmerz für sich behalten.
Gerster zog ein langes Messer aus einem Holzblock auf der Fensterbank und schnitt die Paprika. Er beugte sich dafür leicht vornüber. Karin roch den süßlichen Duft seines Rasierwassers. Nur ein kleiner Hauch, wie vom Flügelschlag eines Schmetterlings. Sie spürte leichte Unsicherheit. Du bist dienstlich hier, reiß dich zusammen, Karin Seitz.
»Wann haben Sie zuletzt mit Udo Hornbach gesprochen?«
Mit flinken Bewegungen schnitt Gerster eine Gurke in feine Scheiben. Es hörte sich wie ein Specht an, der unbeirrt den Schnabel vor den Baumstamm donnerte.
»Vor ungefähr zwei Wochen … Ja, es war eine Woche, bevor er verhaftet worden war. Ich habe mir seinen Kombi geliehen, wollte Vanessa, unserer Tochter, beim Umzug helfen. Da fällt mir ein, ich habe noch den Ersatzschlüssel. Könnten sie ihn für Udo mitnehmen?«
»Den braucht er jetzt nicht. Warum besuchen Sie Ihren Freund nicht, er würde sich bestimmt freuen?«
Ulf Gerster verharrte, stützte die Handballen auf die Arbeitsplatte.
»Daran habe ich auch schon gedacht. Aber ich weiß nicht«, er sprach leise, undeutlich, »wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll. Ich war noch nie in einer solchen Situation.«
Karin füllte die Salatblätter in eine helle Porzellanschüssel. Ihr fiel auf, dass Gerster nicht danach fragte, wie es um seinen Freund stehe. Wusste er es von Manuela Hornbach? Hatte er ihn bereits abgeschrieben und Angst, dass Hornbach es seinem Gesicht ablesen konnte? Gerster zündete den Gasherd an und gab einen Schuss Olivenöl in die Pfanne. Anschließend schnitt er ein Baguette in Scheiben und beträufelte diese von beiden Seiten mit einem Öl, das wohltuend nach frischen Kräutern roch.
»Hat Udo Hornbach ihnen gegenüber jemals den Namen Klaus Dahlmann erwähnt?«
»Es ist der Name des Opfers, nicht wahr?«
Karin nickte stumm.
»Nein. Ich glaube, er
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